Wolfsangeln, Wolfsnetze und Fangprämien

Wolf und Mensch: Mehr als nur ein Märchen

Wolf und Mensch haben eine Geschichte: Was historische Quellen aus Nordwestdeutschland über "Meister Isegrim" und die Jagd auf den Wolf berichten. Vorab sei gesagt: Rotkäppchen kommt nicht vor.

Der Wolf zählt zur natürlichen Tierwelt Mitteleuropas. Bis zu seiner fast vollständigen Ausrottung im 19. Jahrhundert war er das am weitesten verbreitete Raubtier hierzulande – und das am meisten von den Menschen gefürchtete. Dazu trugen vor allem seine Anpassungsfähigkeit und seine Jagderfolge bei, die nicht zuletzt auf der Rudelbildung des Raubtiers beruht.

Wie nur wenige andere heimischen Tiere hat der Wolf die Wahrnehmung und die Phantasie der Menschen geprägt. Das zeigt die reiche Überlieferung von Märchen, Fabeln und literarischen Werken. Als „Meister Isegrim“ steht der Wolf darin für Klugheit, List und Bedrohung. Die Formel vom „gefährlichen Wolf“ ist aber nicht einfach als Märchenerzählung früherer Generationen abzutun. Vielmehr spiegeln sich darin auch Erfahrungen, wie sie in vielen Quellen belegt sind.

Angriff auf Mensch und Tier

Für Westfalen gibt es dazu bislang keine systematisch zusammengetragenen Daten, wohl aber für den Niederrhein. Dort hat der Krefelder Historiker und Verleger Stefan Kronsbein das Verhältnis zwischen Wolf und Mensch erforscht. Für den Landstrich der heutigen Kreise Kleve, Viersen und Heinsberg hat er dazu mehr als 230 Quellenbelege aus vier Jahrhunderten zusammengetragen.

Darunter sind auch Angriffen auf Menschen dokumentiert. Demnach lassen sich zwischen 1680 und 1830 in der genannten Region 28 Wolfsangriffe auf Menschen mit 20 Toten nachweisen.

Um ein Vielfaches mehr kam es zu Überfällen der Wölfe auf Schafe, Pferde, Kühe und andere Nutztiere. Auch vor Hunden scheuten Wölfe nicht zurück. „Sie haben 18 bis 19 Hunde, denen Bauren des Nachts von den Häusern weggenommen und aufgefressen“, heißt es etwa 1747 aus Reichswald. Und weiter: Die Wölfe hätten „auch in den Weyden vielen Schaden an das Rindt-Vieh und Pferde gethan, an das Wildpräth aber hat man noch keinen Schaden vermerken können“. Dieser Hinweis ist umso bemerkenswerter, als der Wolf ja aus den Wäldern kam und dort – nach allem, was bekannt ist – kein Mangel an Wild und damit an Futter für Wölfe herrschte.

Die Wolfsjagd mit der Angel

Die ältesten Hinweise zur Wolfsjagd in Westfalen stammen aus dem Mittelalter. Archäologen haben vor Jahren bei Grabungen auf der Falkenburg bei Detmold eiserne Wolfsangeln gefunden, geschmiedet im 13. Jahrhundert. Die flachen Doppelhaken sind etwa so lang, wie eine Wochenblatt-Seite breit ist, und an beiden Enden mit zwei spitzen Zacken versehen.

Mit solchen Eisen wurden Wölfe bejagt. Das Wort von der "Angel" ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen: Es wurden Fleischköder auf die Eisen gespießt, die an einem Seil befestigt und in Bäume gehängt wurden. Die Wölfe schnappten nach dem Köder, rissen sich dabei die Schnauze oder den Kiefer auf und verendeten elendig an der Angel.

Das Zeichen der Wolfsangel auf einem historischen Grenzstein im Deister. (Bildquelle: A. Hindemith / Wikimedia)

Die Wolfsangel als Herrschaftszeichen

Wolfsjagden waren in früheren Jahrhunderten Herrschaftsjagden und galten damit auch als Zeichen politischer Macht. Aus diesem Grund wurde die Wolfsangel häufig auch als Herrschafts- und Grenzzeichen für Territorien verwendet: in Wappen beispielsweise oder auf Grenzsteinen. Bis heute findet sich das Symbol der Wolfsangel in den Wappen der Kommunen Erwitte, Gladbeck, Hemer, Kirchhellen oder Kirchhundem sowie seit alters her auch im Wappen der westfälischen Adelsfamilie von Galen.

"Wolfsgarn": Das Netz im Rathaus

Bis etwa 1800 waren Wolfsjagden vornehmlich die Angelegenheit adliger oder klösterlicher Grundherren. Neben ihren Förstern oder Jägern wurden oft auch die eigenbehörigen Bauern eingespannt. Sie hatten etwa tiefe Fallgruben auszuheben, hierzulande „Wolfskuhlen“ genannt.

Mancherorts mussten die Bauern auch „Wolfsgarn“ bereithalten. Das waren besondere Netze, aus kräftigen Hanfseilen geflochten. Ein Wolf oder ein Wolfsrudel wurde in eine Engstelle getrieben, an der die Netzfallen vorbereitet waren. Hatte sich ein Wolf verfangen, wurde das Netz eng gezogen und das Tier mit Äxten erschlagen oder von einem Schützen erlegt. Im Rathauses von Hünxe (Kreis Wesel) ist bis heute ein Wolfsnetz ausgestellt. Es soll etwa 400 Jahre alt sein.

An Wolfsjagden nahmen oftmals viele Leute teil. Bernd Tenbergen vom Naturkundemuseum in Münster berichtet, dass sich im Sauerland um 1625 bis zu 800 Personen an Wolfsjagden beteiligten. 1810 ist für Heinsberg und Brüggen am Niederrhein eine noch größere Jagdgesellschaft dokumentiert: Die französisch-napoleonischen Herrschaft soll dort mehr als 4500 (!) Personen zur „Louveterie“ (Wolfsbekämpfung) zusammengetrommelt haben.

Preußens Prämien für tote Wölfe

Kaum waren 1815 die preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen gegründet, da setzte auch die Landesregierung in Berlin alles daran, um hierzulande den Wolf zurückzudrängen. 1817 lobte Finanzminister von Bülow Abschussprämien aus und forderte, „alle übrigen Maasregeln zur Vertilgung der genannten Raubthiere zu ergreifen, welche nach den Local-Verhältnissen Anwendung finden können“.

Der letzte Wolf Westfalens wurde am 17. März 1839 bei Schüllar im Wittgensteiner Land erlegt, wie Bernd Tenbergen recherchiert hat. Damit rückt der Wissenschaftler die bis heute verbreitete Überlieferung gerade, wonach der letzte Wolf Westfalens 1835 bei Herbern im Münsterland erlegt worden sein soll. Dieses Datum ist durch den Pfarrer und Biologen Hermann Landois bekannt geworden. Er hat in seinem vielgelesenen Buch über die Tierwelt Westfalens von der Wolfsjagd in Herbern berichtet, bei der es offenbar auch um Ehre und Ansehen ging.

Der letzte Wolf: Ein Kampf um die Jagdehre

Bei einer Treibjagd am 17. Januar 1835, so Landois, sei es dem Herberner Gastwirt Hennemann gelungen, den Wolf zu erlegen. Das Tier hatte zuvor Schafe gerissen und Kälber und Fohlen angegriffen. Als Jäger des Landadligen von Merfeldt sich brüsteten, sie hätten das Tier erlegt, habe der Gastwirt eine amtliche Untersuchung angestrengt. Sie ergab, wie Landois berichtet, folgendes Bild:

„Nach dem Urteile des richtenden Schiedsmannes hatten die Jäger in dem Augenblicke, wo der tödlich verwundete Wolf in ihrem Jagdbezirk zusammenbrach, noch blinde Schüsse abgefeuert, als wenn er durch sie erlegt worden sei. Hennemann brachte seine Beute nach Herbern und schenkte dann den Kadaver an das Zoologische Museum in Münster.“

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