Berichtsheft: Ballast oder Rüstzeug?

Zur landwirtschaftlichen Ausbildung gehört auch das Berichtsheft. Wie sich der Ausbildungsnachweis, so der offizielle Name, besser führen lässt, war Thema der diesjährigen Ausbildertagung.

Das Berichtsheft kann ein Nachschlagewerk sein, mit dem der Azubi vor der Prüfung noch mal auf die vergangenen Monate und Jahre zurückblicken kann. Müssen aber ständig ganze Monate nachgetragen werden oder entdeckt man nur unlesbare Stichpunkte, entwickelt sich der Ausbildungsnachweis, wie er formal heißt, ganz schnell zum Ballast. Denn nur ein vom Ausbilder unterschriebenes Berichtsheft lässt einen an der Prüfung teilnehmen.

Wie man es schafft, dass das Berichtsheft nicht als notwendiges Übel wahrgenommen wird, war Thema bei der 18. Ausbildertagung des Rings der Landjugend und der Landwirtschaftskammer. Sie fand am Mittwoch erstmals digital statt.

Praktiker erzählen

Milchviehhalter Heiner Junge­blodt aus Dorsten im Kreis Recklinghausen lässt seine Azubis keine Tages-, sondern Wochenberichte schreiben. Dabei steht immer ein Thema im Fokus – sei es die Fütterung oder das Tränken der Kälber. „Bei den Tagesberichten gibt es einfach zu viele Wiederholungen“, sagt der 48-Jährige. Das führe zu keinem Lernerfolg. Manchmal stellt der Landwirt extra Fragen, an denen sich die Azubis entlanghangeln können, und verweist auf die aid-Hefte des Bundeslandwirtschaftsministeriums als Informationsquelle.

Bei Frederik Steinmann, Schweinehalter aus Bottrop-Kirchhellen, müssen die Azubis den Wochenbericht am Computer tippen. „Manche Azubis können heute nur noch am Smartphone und Tablet wischen. Das Tippen am Computer brauchen sie aber später im geschäftlichen Schriftverkehr“, ist der 31-Jährige überzeugt.

Außerdem ist das Heft so lesbarer und beide Seiten können einfacher ­korrigieren. Frederik Steinmann bietet seinen Azubis eigene Word-Dateien mit Kopf- und Fußzeile. Später lässt sich alles ausdrucken und es entsteht ein gebundenes Nachschlagewerk für die Prüfung und darüber hinaus.

Seine Auszubildende Dana Hill findet das gut. Im ersten Lehrjahr musste sie noch alles per Hand schreiben. „Digital lassen sich auch Fotos ergänzen und ich schaue genauer hin, als wenn ich per Hand schreibe“, sagt sie und gesteht aber: „Manchmal ist es zeitintensiver.“

Zeit ist oft das große Manko. Ausbildungsberater Burkhard Wulff forderte, dass die Ausbilder den Azubis oft mehr Zeit fürs Schreiben, aber auch zum späteren gemeinsamen Besprechen einräumen müssen.

Carl-Mauritz von Laer aus Kirchlengern im Kreis Herford verfährt schon länger so. Er lässt seine Azubis schon seit zehn Jahren die Wochenberichte auf dem Computer tippen. Außerhalb der Arbeitsspitzen des Ackerbaubetriebes nimmt er sich Zeit, das Geschriebene mit den Azubis zu besprechen. Dann werden an einem Nachmittag mehrere Wochenberichte beleuchtet.
Er kann aber die Kollegen verstehen, denen im Alltag die nötige Zeit fehlt. Daher wären eine engere Absprache mit der Berufsschule ein möglicher Weg.

Note für das Berichtsheft

Einig waren sich die Praktiker, dass eine Benotung gut wäre. „Das brächte eine gewisse Qualität ins Heft“, ist Heiner Jungeblodt überzeugt. „Als Prüfer habe ich schon Hefte gesehen, bei denen ich mich gefragt habe, wie man das als Ausbilder unterschreiben kann.“ Eine Benotung sei rechtlich aber nicht möglich, betont Dr. Wilhelm Sie­bel­mann von der Landwirtschaftskammer. In der Zusatzvereinbarung zum Ausbildungsvertrag könnte man aber Vergleichbares ergänzen und ein Betriebszeugnis für seinen Azubi schreiben.

Ob per Hand geschrieben oder getippt, darüber scheiden sich die Geister. Katharina Leyschulte vom Ring der Landjugend empfiehlt das Schreiben per Hand. Das verbessere die Rechtschreibung. Ausbildungsberaterin Dr. Cathleen Wenz bevorzugt die Handschrift frei nach dem Motto: Von der Hand in den Verstand. „Mein Auftrag als Ausbilder ist es, Fachwissen zu vermitteln und nicht die Rechtschreibung zu lehren“, widersprach Frederik Steinmann.

Ganzheitlicher Ausbildungsnachweis

Einen Blick aus einem anderem Berufsfeld bot Markus Brunnbauer. Der Bereichsleiter Ausbildung der IHK Bodensee stellte den ganzheitlichen Ausbildungsnachweis vor. Dieses Konzept basiert vor allem darauf, dass neben der reinen Dokumentation der Tätigkeit immer auch ein Verweis zum Ausbildungsrahmenplan gezogen werden muss.

So würden sich Ausbilder und Azubi ständig mit den Inhalten des Ausbildungsrahmenplanes auseinandersetzen. Es ließe sich so nachweisen, ob überhaupt die Lernziele der Ausbildung umgesetzt werden. Um das zu vereinfachen, nutzen 50 Pilotbetriebe aus seinem Kammerbezirk ein Online-Berichtsheft. Es lässt sich direkt mit dem Ausbildungsrahmenplan verknüpfen und bietet zusätzlich eine Auswertung an.

Carl-Mauritz von Laer wirbt aber dafür, das System einfach zu halten. Unumstritten ist bei den Referenten, dass das Berichtsheft ein wertvolles Rüstzeug für die Ausbildung sein kann. Entscheidend sei das Wie.

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