Tief durch den Boden

Tiefenlockern: Mehr Schaden als Nutzen?

Vielerorts ist das Tiefenlockern nach Getreide oder vor Mais Standard. Oft ist das aber nicht notwendig, oder gar schädlich.

Der Boden war im Sommer lange feucht, das Getreide musste trotzdem vom Halm. Vielen Flächen war und ist die schwierige Ernte 2023 anzusehen. Die logische Konsequenz: Vielerorts quälten Schlepper sich mit Tiefenlockerern über die Flächen, um mögliche Flurschäden zu beseitigen. Doch in einigen ­Fällen hat das die Situation eher verschlechtert als verbessert.

Verdichtungen lösen

Fahrgassen regelmäßig lockern?

von Julian Osthues

Fahrgassen werden im Laufe des Jahres häufig überfahren und entsprechend verdichtet ist der Boden nach der Ernte. Häufig greifen Landwirte dann zum Tiefenlockerer. Aber lohnt sich das?

Zunächst Bedarf prüfen

„Grundsätzlich sollte man zuerst prüfen, ob eine Tiefenlockerung überhaupt notwendig ist“, ­erklärte Johannes Hold, Pflanzenbauberater bei der Landwirtschaftskammer NRW, neulich auf einem Feldtag des Beratungsteams Pflanze-Wasser Münsterland Nordost in Greven.

Um das herauszufinden, überprüft man die Bodenverhältnisse am besten mit einer Bodensonde. „Alternativ geht es auch mit einer anderen Eisenstange“, so Hold. Die Sonde sollte sich – je nach Bodenart – mit der flachen Hand in den Boden drücken lassen. Wenn man aber „massiv Kraft aufwenden“ müsse, sei das ein Anzeichen für eine ernst zu nehmende Störschicht, erklärt der Experte. Das heiße aber noch nicht unbedingt, dass der Einsatz eines Tiefenlockerers sinnvoll ist.

Vorher lohnt ein Blick in den Boden: Dazu gräbt man den Boden mit einem Spaten mindestens auf Bearbeitungstiefe, optimal wären mindestens 50 cm tief, auf. Wenn in der zuvor bemerkten verdichteten Schicht Regenwürmer zum Vorschein kommen bzw. Regenwurmgänge durch diese Schicht führen, ist eine Tiefen­lockerung vermutlich überflüssig, meint Hold. Die härtere Schicht helfe dann als Tragschicht für eine gute Befahrbarkeit, während Wurzeln und Wasser durch die Regenwurmgänge gelangen können. „Regenwürmer sind immer noch die besten Tiefenlockerer“, so der Experte. Stellt sich die verhärtete Schicht allerdings tatsächlich als größeres Problem ohne Regenwurmgänge dar, kann eine Tiefenlockerung sinnvoll sein.

Der Blick in den Boden zeigt: Die Tiefenlockerer haben – wie gewünscht – nicht gemischt. Allerdings war auf dem sandigen Boden spätestens nach einer Überfahrt auch nahezu keine Lockerung mehr zu ertasten. (Bildquelle: Osthues)

Auch Hubertus Schulze Roberg vom Geologischen Dienst NRW rät von einer routinemäßigen Tiefen­lockerung ab: „Der Einsatz ist auf sandigen Böden wie hier in der Regel nur sinnvoll, wenn sich Ortstein bildet oder schon gebildet hat.“ Aber auch dann reiche ein einmaliger Einsatz aus, weil der Effekt des Aufbrechens lange anhält. „Überspitzt könnte man es so formulieren: Man kann sich als Landwirt einen einfachen Tiefenhaken für Problemflächen kaufen und das Gerät anschließend wieder verkaufen“, so Schulze Roberg.

Auf schweren Böden ist die Situation den Experten zufolge teilweise anders zu bewerten. Auch hier solle man zunächst auf die Biologie setzen, durch die bindigere Bodenstruktur halte der Lockerungseffekt aber länger an.

Mit Gefühl für den Boden

Soll der Tiefenlockerer dann wirklich zum Einsatz kommen, gilt es einige Grundlagen zu beachten, so Hold und Schulze Roberg:

  • Nur bei trockenem Boden ar­beiten. Ist der Boden zu nass, besteht die Gefahr, dass die Schare Schmier­verdichtungen in der Tiefe erzeugen. „Dann habe ich im schlimmsten Fall mehr Schaden angerichtet als dass ich dem Boden geholfen habe“, meint Schulze ­Roberg.
  • Maximal 5 bis 6 km/h fahren. So bleibt die Schichtung des Bodens erhalten und Oberboden mischt sich nicht in tiefere Schichten.

Bei extremen Verdichtungen wie durch diesen Ortstein führt kaum ein Weg am Tiefenlockerer vorbei. (Bildquelle: Osthues)

  • Nicht mit Flügelscharen arbeiten. Tiefenlockerer sollen den ­Boden in der Tiefe durch einen hobeln­den Effekt sowie durch Scharvibrationen aufbrechen. So entstehen Feinrisse, durch die Wurzeln und Wasser in die Tiefe gelangen können.
  • Tiefenlockerer mit Sämaschine kombinieren. Damit der Effekt der Tiefenlockerung erhalten bleibt, sollte man den ­Boden anschließend nicht mehr befahren. Das gilt besonders für sandige Böden wie auf der Versuchs­fläche in Greven. Anhand eines offenen Bodenprofils innerhalb der bearbeiteten Fläche zeigt Schulze ­Roberg, dass bereits eine einfache Überfahrt ausreichte, um den ohnehin kaum feststellbaren Effekt der 60 cm tiefen Lockerung zunichtezumachen. „Wenn man den Tiefenlockerer mit einem Saattank oder einer Sämaschine kombiniert, um direkt Zwischenfrüchte zu säen, können Wurzeln das gelockerte Bodengefüge durch die Lebendverbauung langfristig erhalten“, so Hold. Eine folgende Überfahrt mit 710er-Bereifung und einer 3 m breiten Sämaschine würde den Effekt dagegen bereits auf fast 50 % der Fläche wieder zunichte machen.

Flügelschare bringen immer eine höhere Gefahr für Schmierschichten mit. (Bildquelle: Osthues)

Nicht Versauern: Mikroorganismen in der Tiefe
Auf Nachfrage eines Feldtag-Besuchers zu Tiefenlockerern, die Effektive Mikroorganismen (EMs) in den Boden einbringen können, meint Johannes Hold: „Dieses Verfahren sollte man, wenn Interesse besteht, auf jeden Fall erst einmal auf einer Teilfläche ausprobieren.“ Die Geräte sollen bewirken, dass die EMs die Lebendverbauung des gelockerten Gefüges direkt unterstützen. Hold weist aber auf den niedrigen pH-Wert der Lösungen von etwa 3,5 hin. „Wird der Boden durch den Einsatz zu sauer, kann man sich damit auch Nährstoffe festlegen – und das in einer Tiefe, die ich mit Kalk nicht erreiche“, so Hold. In jedem Fall rät er wegen des pH-Wertes vom zu häufigen Einbringen ab.

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