Neuer Bullenstall

Bock auf Bullen

Landwirtschaftsmeister Mike Wessling hat einen neuen Strohstall für 300 Bullen gebaut. Trotz einiger Stolpersteine und hoher Kosten bereut er den Bau nicht – im Gegenteil: Die Bullen machen ihm Spaß.

Strahlend steht er auf dem Futtertisch und blickt sich im neu gebauten Stall um. Links und rechts blicken ihm die weißen Köpfe von Fleckviehbullen und weiter hinten die bunten Gesichter der Kreuzungstiere entgegen. „Die Großen wiegen aktuell rund 700 kg und fressen etwa 32 kg Frischmasse“, berichtet Mike Wessling stolz. Die Tiere sind gleichmäßig rund und zum Teil schon ganz schöne „Brummer“.

Mike Wessling ist zufrieden mit seinem neuen Stall. Er liefert Jungbullen für das Programm Bauernliebe in Haltungsform 3. (Bildquelle: Schmidtmann)

Im Stall in Dülmen stehen knapp 300 Bullen – noch ist die erste ­Partie Tiere da. Anfang Mai werden die ersten zum Schlachten abge­holt. „Dann kommt endlich Geld rein“, freut sich Wessling. Das Umlaufvermögen ist gerade in der Bullenmast nicht zu unterschätzen. Es steht viel Kapital im Stall. Diesen stellte der 29-jährige Landwirt aus dem Kreis Coesfeld im Sommer 2023 fertig.

Bau einer neuen Hofstelle

Den Strohstall samt Strohhalle, Mistlager und Siloplatten hat Wessling auf einer alten Hofstelle gebaut. „Diese haben wir quasi reaktiviert“, erklärt er. Eine Genehmigung am Stammbetrieb seines Vaters mit Ferkelaufzucht und Schweinemast (3000 Plätze) hätten sie aufgrund der Emissions­gutachten nicht bekommen. Außer­dem sieht der Landwirtschaftsmeister in der Schweinehaltung keine Zukunft für seinen elter­lichen Betrieb.

Der neue Bullenstall von außen. (Bildquelle: Schmidtmann)

Auf Rindermast kam er allerdings nicht aus heiterem Himmel. Erste Berührungspunkte hatte er bereits vor 2015. Bis dato hielten seine ­Eltern Bullen in Altgebäuden.

Fan von Weißblauen Belgiern
Mike Wessling hat Fleckvieh, Weißblaue Belgier-Kreuzungen sowie ­INRAs im Stall. Sein erster Eindruck: „Fleckvieh ist etwas aktiver als die Kreuzungstiere.“ Gerade, wenn die Fleckvieh-Fresser von Spaltenboden mit Gummiauflagen kommen, toben sie zu Beginn viel im Stroh. Außerdem spielen sie nach dem Einstallen mehr mit den Schalentränken herum, dadurch ist das Stroh nasser. „Die Kreuzungen scheinen mir im Vergleich unkomplizierter. Sie sind trockener und sauberer“, sagt der Landwirt.

Besonders edel sehen die INRAs aus, findet der Mäster. (Bildquelle: Schmidtmann)


Er gibt aber auch zu bedenken: „Abgerechnet wird am Schluss. Die Gefahr besteht, dass die Weißblauen Belgier-Kreuzungen mehr auseinander wachsen.“Besonders mag Wessling die grauen INRA-Bullen. „Sie sehen nicht nur edel aus, sondern verhalten sich auch so. Das sind die Tiere, die immer im saubern Stroh liegen“, lobt er sie.

Klagen abgewiesen

Die ersten Kalkulationen für den Neubau machte die Familie bereits 2019. Wir haben mit den dama­ligen VEZG-Notierungen von 3,70 €/kg Schlachtgewicht gerechnet. „Allerdings waren damals auch die Fresser deutlich günstiger. Insgesamt haben wir einfach ganz anders kalkuliert, als wir es heute machen würden“, berichtet Wessling. Die Baugenehmigung kam dann schnell (2020). Also ­alles „easy“, könnte man meinen. Aber so war es nicht.

Denn die eigentlichen Probleme kamen, als die Nachbarn keinen gewerblichen Bullenstall in der ­direkten Umgebung haben wollten (wir berichteten). Dabei handelt es sich um ehemalige landwirtschaftliche Betriebe. „Das hat uns hart getroffen und gerade bei meinen Eltern hat das Spuren hinterlassen“, berichtet Mike Wessling. Die Klagen ­hatten aber keinen Erfolg.

Beide Längsseiten vom Gebäude sind offen. Die Tiere stehen in einer Zwei-Flächenbucht: Vorne auf planbefestigtem Boden, hinten auf Stroh. Alle fünf Tage mistet Wessling aus. (Bildquelle: Schmidtmann)

Doch damit nicht genug, schnellten die Baukosten mit Beginn des Ukraine-Krieges in extreme Höhe. „Ich hatte mit 850 000 € für alles kalkuliert, aber dann sollte es auf 1,2 Mio. € hinauslaufen. Gut geschlafen habe ich ein paar Nächte nicht“, erzählt der Landwirt. Trotzdem hat er gebaut. Und nun sind einige der Kosten auch wieder gesunken. Der Neubau, inklusive Strohhalle, Mistlager und Siloplatten liegt nun bei rund 1 Mio. €.

Und: Die Familie erfährt, seitdem der Stall steht, viel Zuspruch. „Viele Anwohner oder Spazier­gänger halten an und zeigen großes Interesse“, freut sich Wessling.

4,5 m2 Platz pro Bulle

Im Stall sind auf jeder Seite 14 Buchten mit Strohraufen in der Mitte zu finden. Vorne, nah am Futtertisch, in den Buchtentrennungen hat Wessling Doppelschalentränken angebracht. Die Seiten des Stalles sind offen, an einer Längsseite sind bereits Curtains montiert, die andere Seite folgt. Der Stall ist hoch, das bietet viel Luftbewegung. Bewusst hat sich der Landwirt nach mehreren Stallbesichtigungen für ein Sheddach entschieden.

In den Buchtentrennungen hat Wessling große Schalentränken angebracht. (Bildquelle: Schmidtmann)

In jeder Bucht stehen elf Bullen. ­Jedes Tier hat 4,5 m2 Platz. Das schreibt die NRW-Förderung von Haltungsverfahren auf Stroh vor. Pro Großvieheinheit und Jahr ­bekommen Landwirte 220 € bei Mastbullen.

Vermarktung in Haltungsform 3
Der Stallbau war gerade zu erkennen, da fuhren schon die ersten Vermarkter auf den Hof, berichtet Mike Wessling. Sie zeigten Inte­resse an Jungbullen, besonders für Haltungsform 3. Da Wessling sowieso 4,5 m2 pro Tier für die NRW-Förderung von Haltungsverfahren auf Stroh braucht, kann er die geforderten 4 m2 Platz pro Tier für Haltungsform 3 leicht erfüllen. „Für mich ist das Programm ein Mitnahmeeffekt, ohne Strohförderung würde ich nicht mitmachen“, so Wessling. Seine Bullen vermarktet er nun für das Markenprogramm Bauernliebe von Westfleisch und Edeka Rasting. Hier ist neben dem Platzangebot auch Stroh und GVO-freie Fütterung Vorschrift. Er bekommt als Zuschlag 22,7 Cent/kg Schlachtgewicht plus 20 € pro Bulle. Dafür musste er sich fest an Westfleisch binden.

Mist für die Biogasanlage

Wessling füttert die Tiere morgens mit einer Ration aus Mais- und ­saisonal zusätzlich Grassilage, Kraftfutter und Stroh. Nachmittags schiebt er das Futter an. Noch bevor er füttert, streut er ein. Das macht der Landwirt ebenfalls mit dem Futtermischwagen. Im Wurfkanal wird das Stroh mit Wasser benetzt, damit es nicht so staubt. „Pro Tier und Tag brauchen wir etwa 3 kg Stroh“, rechnet der Münsterländer vor. Insgesamt verbringt er täglich rund zwei Stunden bei den Bullen.

Mit diesem Mischwagen streut Wessling. Vorne ist der gelbe Wasserbehälter zu sehen. (Bildquelle: Schmidtmann)

Zu der täglichen Arbeit kommt das Ausmisten alle fünf bis sieben Tage hinzu. „Ist vorne zu viel Mist, ist die Futterverschmutzung höher“, berichtet Wessling aus seiner Erfah­rung. Beim Misten gittert er die Bullen mit den schwenkbaren Trennwänden ab. „Das kann ich ­alleine machen, auch deshalb habe ich die Tiergruppen nicht zu groß gewählt“, erklärt der Mäster.

Über den Mist freut er sich. Denn bis zu 50 t kann er pro Woche an eine Biogasanlage verkaufen – ein schönes Nebeneinkommen in der Bullenmast. Allerdings zehrt er noch von einem Vertrag aus dem Vorjahr, aktuell sind die Preise für Rindermist nicht mehr so hoch.

Die Bullen nehmen den hinteren Strohbereich gerne zum Liegen an. (Bildquelle: Schmidtmann)

Insgesamt ist Wessling zufrieden mit dem Bau und froh, dass er das Vorhaben trotz aller Stolpersteine durchgezogen hat. „Allerdings ist so ein Bau nichts für schwache Nerven in der heutigen Zeit“, sagt Mike Wessling. Denn Bürokratie und auch der gesellschaftliche Widerstand sind groß. „Ich kann das nur Landwirten empfehlen, die zu 100 % überzeugt sind. Denn dann macht es einfach Spaß!“

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