Momentan bauen nicht viele Landwirte neue Ställe – zu groß sind die politischen und finanziellen Unsicherheiten. Auch mit Genehmigungen ist es oftmals nicht einfach. Anders Mike Wessling. Der 28-jährige Landwirt steht stolz auf seiner Baustelle bei Dülmen. Er will einen Tretmiststall für 300 Bullen bauen. Dabei kalkuliert er 4,5 m2 Platz pro Tier. Neben dem künftigen Stall sind die beiden Siloplatten bereits zu sehen. Außerdem kommt eine geschlossene Misthalle vor den Stall und daneben eine Strohhalle. Der neue Stall entsteht nicht am Stammbetrieb.
Zukunft planen
Aufgewachsen ist Wessling auf einem Betrieb mit Ferkelaufzucht und Mastschweinen mit rund 3000 Plätzen. Seine landwirtschaftliche Lehre hat er ebenfalls auf Höfen mit Sauenhaltung gemacht. Direkt im Anschluss machte er seinen Meister. „Das war mir wichtig. Dabei habe ich extrem viel über Zahlen gelernt. Da muss man heute fit sein als Landwirt“, erklärt er.
Mit Anfang 20 fing Wessling an, auf dem elterlichen Betrieb mitzuarbeiten. „Ich habe extremes Glück. Meine Eltern übergeben mir voraussichtlich einen super geführten Betrieb fast ohne Schulden. Für mich stehen alle Türen auf. Also haben wir überlegt, was machen wir?“, beschreibt der junge Mann. Ihm ist wichtig, zu betonen, dass er nicht im Außenbereich bauen kann, weil Land verkauft wurde oder der Betrieb Bauland hat, sondern weil seine Eltern in den vergangenen Jahren sehr gut gewirtschaftet haben.
Von Schweinen zu Bullen
Aber warum auf einem Schweinebetrieb einen Bullenstall bauen? Bis 2015 gab es Rinder auf dem Betrieb. Allerdings in alten Spaltenställen, die dann zu Schweineställen umgebaut wurden. „Wir haben auch darüber nachgedacht, ob wir einen Stall für Sauen bauen, da wir die Ferkelaufzucht auf dem Betrieb haben. Jetzt bin ich froh, dass wir uns für Bullen entschieden haben“, berichtet Wessling.
Kalkuliert hat er den Stall, als die Bullenpreise 2019 bei etwa 3,70 €/kg waren. Der Bau im Außenbereich ist das Ergebnis der Emissionsgutachten. Am Stammbetrieb seines Vaters ist nichts mehr möglich. Den zweiten Betrieb haben Wesslings vor einigen Jahren gekauft. Der große Bruder von Mike Wessling wohnt dort.
Für den Standort hat der Landwirt eine Genehmigung für einen gewerblichen Bullenstall. „Das ging fix: Im April 2020 habe ich den Antrag eingereicht und im November 2020 hatten wir die Genehmigung“, sagt er. Allerdings hatte er das meiste, wie Gutachten der Naturschutzbehörde, von Wald und Holz usw., vorher schon in Eigeninitiative abgeklärt. „Gute Berater waren mir ebenfalls behilflich. So ging das mit der Genehmigung schnell.“
Klagen von den Nachbarn
Nachdem er die Genehmigung für den Stallbau hatte, ist er zu dem angrenzenden Grundstückseigentümer gegangen und hat den Anwohnern von seinem Vorhaben berichtet. Die Reaktionen fielen allerdings anders aus als erwartet. So wollte keiner der ursprünglich landwirtschaftlichen Betriebe einen Bullenstall in der Nähe haben.
„Zuerst habe ich einige Stimmen gegen die sogenannte Massentierhaltung nicht ganz ernst genommen. Aber dann kam eine Sammelklage bei uns an. Da wurde mir anders“, erzählt Wessling und schluckt. „Mit etlichen der Anwohner bin ich zusammen im Schützenverein. Wir kennen uns gut. Das ist schon ein hartes Stück“, beschreibt der 28-Jährige.
Besonders getroffen hat ihn die Erkenntnis: „Wir Landwirte sind nicht nur Spielball der Politik, sondern auch der Nachbarn.“ Denn rechtens war alles: Die Genehmigung für sein Vorhaben war da. Besonders für seine Eltern war die Zeit hart. Wessling fing also an, sich mit Gesetzestexten auseinanderzusetzen und zog einen Anwalt hinzu. Aus den Sammelklagen wurden dann vier Einzelklagen. „Als klar war, wer einzeln klagt, habe ich nachgefragt warum. Drei Personen haben ihre Klage bereits zurückgezogen“, berichtet der Landwirt. Vielen gehe es gar nicht um den Stall an sich, sondern um den Standort.
Baukosten viel höher
„Ich dachte: Die Klagen sind mein größtes Problem – bis der Ukraine-Krieg begann“, berichtet Wessling weiter. Kalkuliert hatte er sein Bauvorhaben mit etwa 850 000 €, noch vor Corona. Mit Beginn des Krieges sind allerdings die Kosten für Baumaterial extrem gestiegen und manches ist einfach nicht verfügbar.
Nun rechnet er mit 1,2 Mio. € und macht dabei schon viel selbst. „Ich bin eigentlich sehr entspannt und kann abends gut einschlafen. Aber kurz vor Start hatte ich doch zwei schlaflose Nächte“, sagt Wessling. Sicher ist er sich: „Bauen sollte nur, wer zu 100 % von seinem Vorhaben überzeugt ist. Denn der Druck, die emotionale und wirtschaftliche Belastung sind extrem.“ Jetzt freut er sich aber erst mal auf die nächsten Baufortschritte.
- Wir begleiten Mike Wessling beim Stallbau und berichten.
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