Matthias Schulte-Althoff hält gemeinsam mit seiner Familie 120 Kühe plus Nachzucht in Haltern am See. „2012 bin ich mit in den Betrieb eingestiegen. Für mich war klar: 120 Kühe müssen reichen, um die Familie zu ernähren“, erklärt der 35-Jährige. Also überlegte er, wie er Wertschöpfung auf den Betrieb im Kreis Recklinghausen bekommt.
So baute die Familie 2015 eine Milchtankstelle auf den Hof. „Das hat sich schnell herumgesprochen und viel Anklang gefunden“, erzählt Schulte Althoff.
Milchbauer Matthias
2017 lagen die Milchpreise für konventionelle Milch gerade mal bei 22 Cent/kg. Für den Jungbauern bedeutete das: Es muss etwas passieren. „So sind wir auf das Konzept der Hofmolkerei gestoßen“, sagt Schulte Althoff. „Wir haben 250 000 € investiert und sie gebaut – ohne jede Förderung.“
Mit dieser Entscheidung war auch „Milchbauer Matthias“ geboren. „Konsumenten wollen eine Story hinter dem Produkt. Das haben wir aus unseren Erfahrungen mit der Milchtankstelle auf dem Hof gelernt“, erklärt der Familienvater. Er hat den Kontakt zu Kunden gestärkt und ist einzelnen Lebensmitteleinzelhändlern die Türen eingelaufen. „Der Handel war zu der Zeit offen für mein Konzept.“
Inzwischen hat der Milchbauer in mehr als 60 Edeka- und Rewe-Märkten seine Milchzapfanlagen aufgestellt. Überall ist sein Foto abgebildet. „Auf einmal ist man bekannt. Das muss man sich klarmachen. Ich stehe aber zu 100 % hinter meiner Milch, also ist das kein Problem“, erklärt Schulte-Althoff.
Neben Frischmilch produziert er verschiedene Eissorten, Joghurt und Müsli. Trotzdem geht auch nach wie vor ein Großteil seiner Milch konventionell zur DMK. Dass sein Konzept erfolgreich ist, zeigt auch seine jüngste Auszeichnung zum Unternehmer des Jahres 2022. Das erste Mal hat die „Halterner Zeitung“ einen Landwirt ausgezeichnet. „Das ist ein tolles Zeichen für die Landwirtschaft“, freut sich Schulte Althoff.
Jährliches Werbebudget
Das A und O für den Verkauf seiner Produkte sind gutes Marketing und Werbung. „Dabei hatten wir viel Hilfe vom ‚landservice‘ der Landwirtschaftskammer.“ Pro Jahr kalkuliert der Landwirt ein Werbebudget von rund 3000 € ein. Investiert wird in Flyer, Homepagepflege, Veranstaltungen oder Anzeigen.
Zu stemmen ist die Arbeit nur mithilfe mehrerer Angestellter. In der Landwirtschaft helfen neben den Eltern zwei 520-€-Kräfte und ein Auszubildender. Die Molkerei ist fünf Tage die Woche im Betrieb. Hier arbeiten neben der Familie fünf weitere 520-€-Kräfte. Hinzu kommt ein Lkw-Fahrer, der die einzelnen Märkte anfährt.
Wirklich anstrengend empfindet der Landwirt die Auflagen. „Der Weg bis zur EU-Zulassung der Molkerei war lang. Es kommen immer noch viele unangemeldete Kontrollen. Diese sind wichtig und herausfordernd.“ Zum Unterschied zwischen der Milch für den Verkauf ab Hof oder der im Handel ist auch: Die Milch für den Handel muss pasteurisiert sein. Das Fazit der Familie: „Jeder, der wenig Freizeit benötigt, kann Direktvermarkter werden.“
Konsumentenwünsche
Gerne macht Schulte Althoff Hofführungen mit Schulklassen. 2022 kamen rund 30 Klassen zu Besuch. „Wir müssen Schüler samt Eltern und Lehrer erreichen.“ Das größte Thema ist und bleibt dabei die Trennung von Kuh und Kalb. „Wir als Landwirte müssen den Verbrauchern zuhören und auf Wünsche eingehen. Gleichzeitig müssen wir aber auch klar benennen und erklären, was in der Praxis möglich ist und was nicht“, sagt der Milchbauer.
Sein Kompromiss: Die Kälber bleiben einen Tag im Strohstall bei den Kühen. „Damit gehe ich auf die Verbraucherwünsche ein.“ Auch über die muttergebundene Aufzucht hat der Landwirt nachgedacht. Sein Resultat: Nicht geeignet für den Betrieb. „Wenn Besucher trotzdem nicht akzeptieren können, dass ich die Kälber von den Kühen absetze, ziehe ich den Vergleich mit Hundebabys. Auch diese kommen von der Mutter weg. Das verstehen alle“, erklärt Schulte Althoff. Viele Verbraucher vermenschlichen die Tiere.
Positiv erlebt er: „Konsumenten haben Interesse und die Gespräche sind in der Regel gut.“ Schwieriger ist für ihn die politische Situation: „Die nächsten politischen Vorgaben kann keiner kalkulieren.“
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