Mitgliederversammlung Niedersächsische Geflügelwirtschaft

Erzeugung wandert ab

Eine zu kurz bemessene Übergangsfrist zum Ausstieg aus dem Kükentöten beschäftigt die Branche.

Zeitgleich mit der Mitgliederversammlung der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft (NGW) in Dötlingen stellte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Gesetzentwurf zum Beenden des Kükentötens in Berlin vor. Mit 107 Mio. Stück Geflügel ist Niedersachsen das Schwergewicht der deutschen Eier- und Fleischerzeugung und damit auch am meisten davon betroffen (zum Vergleich: in Deutschland werden insgesamt 160 Mio. Stück Geflügel gehalten).

Küken werden im Ausland weiter getötet

Der Ausstieg aus dem Kükentöten werde von der Branche bereits seit langem unterstützt, betonte der Vorsitzende des NGW, Friedrich-Otto Ripke. Gemeinsam mit dem Lebensmitteleinzelhandel sei eine detaillierte Branchenvereinbarung zur Beenden des Kükentötens erarbeitet und dabei auch der Lebensmitteleinzelhandel mit einbezogen worden. „Wir brauchen einen ehrlichen und realen Weg der Umsetzung“, stellte Ripke nach Klöckners Ankündigung klar. Kritisch sieht er vor allem den nationalen Alleingang. Im Rahmen des freien Warenverkehrs in der EU könnten polnische oder niederländische Brütereien weiterhin männliche Küken am ersten Lebenstag töten und dort erzeugte Eier in Deutschland anbieten. Henner Schönecke, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsches Ei befürchtet, dass gerade der Markt für weiterverarbeitete Eier, der immerhin 50 % des Konsums ausmacht, zukünftig aus dem Ausland beliefert wird. Auch weibliche Küken aus ausländischen Brütereien mit praktiziertem Kükentöten können legal in Deutschland eingestallt werden.

Ställe für Hahnenaufzucht genehmigen

Insgesamt müssen nach einem Verbot 32 Mio. männliche Küken vor dem 6. Bruttag aussortiert oder am Leben gelassen werden. Aktuell werden in Deutschland etwa 1 Mio. Zweinutzungstiere gehalten, zudem sind 5 Mio. Stallplätze für Bruderhähne vorhanden. Zwei Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei kommen in der Praxis zum Einsatz, dadurch könnten etwa 5 Mio. Tötungen umgangen werden, erläuterte Ripke. Beide Verfahren werden jedoch nach dem 6. Bruttag durchgeführt. Derzeit gibt es kein Verfahren, das vor dem 6. Bruttag ansetzt und praxisreif ist.

Etwa 10 Mio. getötete Hahnenküken pro Jahr sind Brüder von Legehennen, die für den Export ausgebrütet werden. Diese Küken würden zukünftig vermutlich im Ausland erbrütet, wo das Töten weiterhin erlaubt ist, davon geht Ripke aus. Weil Legehennen heute aber immer länger legen, könne die Zahl der jährlich insgesamt 45 Mio. schlüpfenden männlichen Küken weiter reduziert werden. Für ein Gelingen der Umsetzung mangelt es aber nicht zuletzt auch an Genehmigungen zur Umnutzung von Ställen für die Hahnenaufzucht.

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