Kritik am Nitrat-Messstellen-Netz: Landwirte verfassen Brief an Weil

Niedersächsische Landwirte haben Ministerpräsidenten Stephan Weil in einem Brief ihre Kritik am Nitrat-Messstellen-Netz erläutert. Der SPD-Politiker hatte sie vergangene Woche um Informationen gebeten.

Am Mittwoch vergangener Woche (11. Dezember) haben Landwirte aus den Kreisen Vechta, Osnabrück und Emsland mit hunderten Traktoren in Vörden Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil empfangen. Anlass war der Besuch des Politikers beim örtlichen SPD-Ortsverband. Im Rahmes des Treffens hatte Weil die Landwirte gebeten, ihm Informationen zum Thema Nitratbelastung in Brunnen zukommen zu lassen. Dieser Bitte sind nun mehrere Landwirte in einem gemeinsamen Brief nachgekommen.

Der Brief im Wortlaut

"Die EU-Mitgliedstaaten sind alle vier Jahre aufgefordert, die Ergebnisse ihrer Messbrunnen nach Brüssel zu melden. Unsere europäischen Nachbarn melden all ihre Zahlen. D.h. man gibt die Ergebnisse aller Brunnen weiter, so meldet zum Beispiel Österreich regelmäßig ca. 1.200 Datensätze.

Deutschland hat eine andere Vorgehensweise gewählt. Man hat von den ca. 8.600 zur Verfügung stehenden Messbrunnen bis 2012 ca. 170 und 2016 dann auch nur ca. 700, also weniger als 10 % gemeldet! Diese Meldungen kommen, und da liegt der Fehler überwiegend aus sogenannten „belasteten Gebieten“. Man nennt das dann auch ein Belastungsnetz.

Dass diese Ergebnisse nicht eins zu eins mit den Ergebnissen anderer EU Staaten zu vergleichen sind, ist wissenschaftlich und statistisch nachvollziehbar, völlig klar. Genau deshalb ist Deutschland in Punkto Wasserqualität auch auf dem zweitletzten Platz vor Malta geraten, sonst wäre Deutschland wohl auf einem Spitzenplatz.

Im aktuellen Nitratbericht aus dem Jahre 2016 beträgt der Anteil der Messstellen mit Nitratgehalten von mehr als 50 mg/l ca. 28 %. Im vorletzten Bericht aus dem Jahr 2012 lag dieser Anteil der hoch belasteten Brunnen noch bei fast 50 %.

Für mich, und auch für jeden anderen, der sich sachlich mit der Thematik auseinandersetzt, belegt das eindeutig, dass die Grundwasserbelastung durch Nitrat eindeutig stark zurückgegangen ist!

Ich möchte an dieser Stelle auch noch auf den aktuellen Grundwasserkurzbericht des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) für 2018 (Seite 6 Spalte 2), und auf den jüngsten Bericht des NLWKN über den Trinkwasserschutz (S. 10) verweisen. Daraus geht ganz klar hervor, dass nur bei ganz wenigen Förderbrunnen ein Nitratproblem besteht.

Auch bei der flächenmäßigen Betrachtung ist bei nur 16 % der Messstellen insgesamt der Grenzwert überschritten!

Trotzdem sind fast 40 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche jetzt zum „roten Gebiet“ erklärt worden und rund 60 % von ihnen wurden der EU als nitratbelasteter Grundwasserkörper gemeldet.

Welcher Gedanke steckt hinter dieser Vorgehensweise? Wer und vor allem wie will man das den betroffenen Landwirten glaubhaft und wahrheitsgetreu erklären?

Je mehr man sich mit der Thematik auseinandersetzt, umso mehr drängt sich der Verdacht auf, dass diese ganze Diskussion aufgebauscht ist. Nutzt man die Probleme, die es regional durchaus gibt, nur um die Tierhaltung in Deutschland massiv unter Druck zu setzen?

Ich sehe hier nur zwei Möglichkeiten, diese Fehler zu korrigieren:

1. Sie korrigieren den von mir oben beschrieben methodischen Fehler oder

2. Sie sorgen in Brüssel dafür, dass die deutschen Ergebnisse entsprechend korrigiert bzw. europäisch einheitlich vergleichbar eingeordnet werden.

Dieser Tatsache und noch vielen weiteren Ungerechtigkeiten ist es geschuldet, dass die Landwirte zu noch nie dagewesenen Protesten auf die Straße gehen. Ich war bisher bei jeder größeren Demonstration dabei, von Oldenburg über Hamburg bis nach Berlin und auch letzte Woche in Neuenkirchen-Vörden. Eines habe ich auf jeder Demo feststellen dürfen: Die Bevölkerung hat Verständnis für die Sorgen der Bauern! Wir werden unsere Mitbürger noch mehr mit Informationen über unseren Berufsstand versorgen.

Wir wollen aufklären, wie mit uns auf politischer Ebene von einigen Politikern, hauptsächlich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dem SPD-regierten Bundesumwelt-ministerium umgegangen wird.

Wenn Politik nicht mehr nach Faktenlage, auf wissenschaftlicher Basis, sondern nach schwankenden Stimmungen gemacht wird, ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.

Auch die Deutungshoheit über unseren Beruf möchten wir nicht länger bei den Nichtregierungsorganisationen (NRO/NGO) lassen. Diesen Organisationen geht es vornehmlich um eigene Aufmerksamkeit auf dem Rücken von Bauernfamilien."

Der Brief wurde von Albert Bosche, Julius Ellmann, Eduard Klatte und Josef Strunk gezeichnet.

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