Klöckner setzt auf Neustart

Die Ministerin möchte den Dauerkonflikt über die Landwirtschaft entschärfen und die Gemeinsame Agrarpolitik als Säule europäischer Integrationspolitik sichern. Kritik kommt von der Opposition bei der Generaldebatte zur ­Agrarpolitik.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner will die Auseinandersetzung um die Landwirtschaft befrieden. Man müsse wegkommen von „ideologischen Grabenkämpfen“, sagte die CDU-Politikerin am vergangenen Freitag in der Generaldebatte des Bundestages über die Agrar- und Ernährungspolitik der neuen Bundesregierung.

Agrarpolitik ist existenziell

Klöckner kündigte an, sie wolle gesellschaftliche Gruppen versöhnen. Ausdrücklich betonte sie ihr Interesse an einem Neustart in der Zusammenarbeit ihres Hauses mit dem Bundesumweltministerium. Naturschutz und Landwirtschaft seien für sie keine Gegensätze, so Klöckner. Dem müsse auch die praktische Politik Rechnung tragen. Wenn Wissenschaftler ihr sagten, die Neonikotinoide führten zum Bienensterben, dann werde sie gemeinsam mit der Landwirtschaft und ihren europäischen Partnern eine Lösung finden. „Was für Bienen schädlich ist, muss weg vom Markt“, erklärte die Ministerin unmissverständlich.

Erneut stellte Klöckner ein staatliches Tierwohllabel in Aussicht, das den Verbrauchern Orientierung gebe, den Tieren diene und sich auch für die Landwirte lohne. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nannte Klöckner „eine tragende Säule der europäischen Integrationspolitik“. Auch nach der Weiterentwicklung müsse die GAP stabile Rahmenbedingungen bieten. Zugleich müsse man den Erwartungen der Bevölkerung an die Mittelvergabe mehr gerecht werden.

Einen Kommentar zum Tierwohllabel finden Sie hier:

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Neuer Geist im Kabinett

Einen Neuanfang strebt Klöckner insbesondere in der Zusammen­arbeit mit dem Bundesumweltministerium an, nachdem das Verhältnis beider Ressorts in der vergangenen Legislaturperiode zunehmend abgekühlt war.

Klöckner betonte nun gegenüber der neuen Bundesumweltministerin Svenja Schulze ausdrücklich ihren Willen zur Kooperation. Auch die SPD-Politikerin zeigte sich kooperationsbereit. Schulze sprach in der anschließenden Debatte über ihren Geschäftsbereich von einem „neuen Geist in der neuen Bundesregierung“. Schulze sieht in einer neuen Pflanzenschutzpolitik und einem Stopp des Insektensterbens wesentliche Aufgaben für ihr Ministerium, die es zu lösen gelte. Den Einsatz von Glyphosat werde man in dieser Legislaturperiode weitestgehend zu einem Ende bringen.

Klöckner verwies in ihrer Rede auf die vielfältigen Vorteile nicht zuletzt für die Umwelt, die Innovationen in der Landwirtschaft mit sich bringen könnten und nannte als Beispiel die Präzisionslandwirtschaft.

Das Lebensministerium

Erneut trat die Ministerin Stimmen entgegen, ihr Haus spiele in der Regierung eine eher unbedeutende Rolle. Das Landwirtschaftsministerium sei „das Lebensministerium“, seine Themen seien „systemrelevant“.

Die CDU/CSU zeigt sich offen gegenüber einer Weiterentwicklung der Landwirtschaft. „Wir wollen Brücken bauen und die notwendigen Veränderungen mit der Landwirtschaft erreichen“, erklärte der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Albert Stegemann, in der Generaldebatte.

Grüne sind unzufrieden

Kritisch zur Grundsatzrede der Landwirtschaftsministerin äußerten sich Vertreter der Opposition. Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Ernährung und Landwirtschaft“ der grünen Bundestagsfraktion, Renate Künast, hielt der CDU-Politikerin vor, sie sei Antworten auf drängende Fragen schuldig geblieben. Künast vermisst ein klares und rasch umsetzbares Konzept für eine Haltungskennzeichnung von Fleisch, nachdem der Lebensmitteleinzelhandel schon eigene Initiativen gestartet habe. Auch bei der nach ihrer Auffassung dringenden Minderung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes laviere die Ministerin zwischen den Interessen von Verbrauchern und bäuerlichen Betrieben auf der einen sowie „der ­Agrarchemie“ auf der anderen Seite herum.

Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, forderte Klöckner auf, dem gesellschaftlichen Ansehensverlust der Landwirtschaft Einhalt zu gebieten. An die Stelle einer „systematischen Stigmatisierung“ müsse dringend mehr Wertschätzung für die Landwirte und ihre Produkte treten.

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