Wahl Niederlande

BBB: Bauernprotest trifft Bürgerfrust

Die Niederlande steht vor den Parlamentswahlen. Die Boer Burger Beweging (BBB) möchte ihren Erfolg aus dem März wiederholen. Aber lässt sich mit alten Begriffen neue Politik machen?

Die ehemalige Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht will im kommenden Jahr eine neue Partei gründen. Ähnliches hat vor vier Jahren in den Niederlanden die Agrarjournalistin Caroline van der Plas gemacht. Mit ein paar Getreuen gründete sie die „Boer Burger Beweging“ (BBB) – zu Deutsch „Bauer-Bürger-Bewegung“. Auslöser waren die landwirtschaftlichen Proteste rund um die geplanten verschärften Stickstoffgesetze. Die BBB möchte mit ihrem Programm aber auch die „kleinen Leute“ in den Dörfern und Kleinstädten ansprechen. Sie gibt sich in der Außen- und Innenpolitik eher rechts, in der Sozial- und Wirtschaftspolitik eher links – Parallelen zum Programm von Wagenknecht.

Stärkste Kraft bei den Provinzwahlen

Einen Erdrutschsieg verbuchte die BBB bei den Provinzialratswahlen im März 2023. Sie sammelte in jeder Provinz die meisten Stimmen und ­regiert nun in zehn von zwölf Provinzen mit. Jetzt sind unsere Nachbarn am 22. November aufgerufen, die zweite Kammer zu wählen – vergleichbar mit unserem Bundestag. Vermutlich wird die BBB diesmal nicht ganz oben landen, aber auch deutlich mehr Sitze gewinnen als bei den vergangenen Wahlen. Damals zog nur die Parteigründerin van der Plas ins Parlament ein.

Lassen sich Vergleiche zu Deutschland ziehen? Zu beachten ist, dass es in den Niederlanden einfacher ist, eine Partei zu gründen und es keine Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament gibt. Mehr als 20 Parteien tummelten sich zuletzt im Abgeordnetenhaus. Einst große Volksparteien wie die CDA, eine Schwester der CDU, sind geschmolzen. Das Bilden von Regierungen wird zur Hängepartie. Diese Tendenzen deuten sich auch in Deutschland an.

Mehr als reine Nachbarschaft

Die BBB nutzt den Stadt-Land-Gegensatz für ihre politische Agenda. Vor allem der Osten der Niederlande beklagt, aus Den Haag vernachlässigt worden zu sein – politisch wie wirtschaftlich. Anders aber als die AfD in Ostdeutschland trommelt die BBB nicht gegen die EU, schürt keinen Hass gegen Migranten und hat keine rechtsextremen Spitzenpolitiker. Diese niederländische Protestpartei wärmt hingegen traditionelle Begriffe wie die „noaberschap“ – ein Gemeinsinn, der mehr als reine Nachbarschaft bedeutet –, auf. Das gefällt nicht nur den Landwirten, sondern auch konservativen Wählern, die sich nicht mehr von den Christdemokraten angesprochen fühlen.

Das Programm der BBB rückt „noaberschap“ und Authentizität in den Mittelpunkt, verschweigt aber die Finanzierung mancher Versprechen. Nun muss die BBB in den Provinzen und vielleicht nach der Wahl in der Regierung liefern. Dabei stehen auch die Niederlande in einem Spannungsfeld von globalen Krisen wie Migration und Klimawandel und lokalen Problemen wie Wohnungsnot. Ob da Politik mit Werten und Rezepten aus dem 20. Jahrhundert Erfolg verspricht, wird sich zeigen.

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