Mehr Dialog: Handel und Landwirtschaft etablieren Koordinationszentrale

Die führenden Verbände der Landwirtschaft und des Handels möchten künftig enger zusammenarbeiten. Für einen besseren Dialog in der Lieferkette rufen sie eine zentrale Koordination für Handel und Landwirtschaft ins Leben.

Der Handelsverband Deutschland e.V. (HDE), der Deutsche Bauernverband e.V. (DBV), und der Deutsche Raiffeisenverband e.V. (DRV) verständigen sich in einer gemeinsamen Erklärung auf die grundlegende Verbesserung der Zusammenarbeit in der Lieferkette. Eine Koordinationszentrale soll neue Wege eröffnen, um Konflikte gemeinsam zu erörtern und auf neutraler Ebene zu lösen. Das geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung der Beiteiligten hervor.

„Diese gemeinsame Vorgehensweise kennzeichnet einen Neuanfang nach den immer wieder auftretenden Eskalationen zwischen Landwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel“, sagt Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverband Deutschland (HDE). Markt- und Preisvolatilitäten und die Diskussion über Produktionsauflagen erschwerten zuletzt zunehmend die Zusammenarbeit zwischen Erzeugern, Verarbeitern und Handel.

Ombudsstelle zur Konfliktlösung

Die neue Koordinationszentrale wird die Interessen aller Marktbeteiligten – insbesondere der Landwirte – berücksichtigen und eine höhere Wertschöpfung anstreben. Dabei gilt es, eine Verhärtung der Fronten zu vermeiden, aktiv Beiträge zur Befriedung zu leisten, sowie Lösungen zur Beilegung bestehender bzw. erkennbarer Konflikte zwischen den Marktbeteiligten in der Lieferkette anzubieten. Dafür wird eine Ombudsstelle eingerichtet.

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) erklärt dazu: „Unsere landwirtschaftlichen Betriebe benötigen dringend eine Perspektive für bessere Marktbedingungen und für eine angemessene Honorierung von hohen Standards bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen.“ Im Fokus stehen zunächst die Frischeartikel im Lebensmittelhandel, die im Wesentlichen die Produktgruppen Milch, Fleisch, Eier und Geflügel sowie Obst und Gemüse umfassen. Perspektivisch werden weitere Bereiche hinzukommen.

Lebensmittelkodex angestrebt

Die zukünftige Leitung der Koordinationszentrale übernimmt der langjährige QS-Geschäftsführer Dr. Hermann-Josef Nienhoff. Den Vorstand der Zentrale bilden die Präsidenten und Vizepräsidenten von HDE, DBV und DRV. Sie initiieren und entscheiden über die Grundlagen der Arbeit der Koordinationszentrale. Angestrebt wird auch ein Lebensmittelkodex. Dieser soll die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Lieferkette definieren. Der Kodex ist freiwillig und wird für die Marktbeteiligten verbindlich, die sich diesem Kodex anschließen. Die Mitwirkung steht allen Marktbeteiligten offen.

Ein Lenkungskreis, der sich aus zu benennenden Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels und der Landwirtschaft zusammensetzt, erarbeitet Vorschläge zu den Regeln, Maßnahmen und Aktivitäten und bildet das operative Führungsgremium. Bei der Besetzung des Lenkungskreises werden Vertreter der Ernährungswirtschaft der oben genannten Branchen Fleisch- und Milch, Eier und Geflügel sowie Obst und Gemüse (BVLH, VDF, BVDF, MIV, ZDG, BVEO und weitere) berücksichtigt. Besondere Beachtung findet die fachgerechte Einbringung der Interessen der Landwirtschaft. Themenbezogen werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die dem Lenkungskreis zuarbeiten.

QS und Initiative Tierwohl als Vorbild

Gedankliches Vorbild und konzeptionelle Grundlage stellen die QS Qualität und Sicherheit GmbH (QS) und auch die Tierwohl-Initiative (ITW) dar, deren Organisationsmuster auf der freiwilligen Selbstverpflichtung in der Lebensmittelkette basiert. Hier ist es gelungen, unternehmensübergreifend und unter Einbeziehung aller Beteiligten in der Kette, flankiert durch eine schlagkräftige Organisation, wirksame Konzepte umzusetzen und im Prozess erkennbare Konflikte zwischen den Beteiligten in der Sache konstruktiv zu lösen.

In den Gesprächen mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner wurde der Vorstoß der Wirtschaftsverbände insbesondere auch mit Blick auf die UTP-Regeln positiv aufgenommen, erklärte Josef Sanktjohanser.

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