Die EU-Kommission will die Stilllegung bei der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ein weiteres Jahr aussetzen. Dazu schlägt sie vor, die GLÖZ 8-Regeln anzupassen.
Drei Optionen
Die Abkürzung GLÖZ steht für Standards für einen guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Agrarflächen. Diese müssen alle Landwirte einhalten, die Agrarsubventionen erhalten wollen. GLÖZ 8 schreibt vor, dass alle Betriebe mit mehr als 10 ha Ackerland einen Mindestanteil der landwirtschaftlichen Fläche für nicht produktive Flächen oder Landschaftselemente bereitstellen müssen. Dafür haben Landwirte grundsätzlich drei Optionen:
- 4 % der Ackerfläche als nicht produktive Flächen inkl. Brachen und Landschaftselementen.
- 7 % der Ackerfläche als nicht produktive Flächen inkl. Brachen und Landschaftselementen, davon 4 % über GLÖZ 8 und 3 % über die freiwilligen Ökoregelungen.
- 7 % der Ackerfläche als nicht produktive Flächen inkl. Brachen und Landschaftselemente, davon mindestens 3 % Brachen und/oder Landschaftselemente und maximal 4 % stickstoffbindende Pflanzen und/oder Zwischenfrüchte mit Gewichtungsfaktor von 0,3 und ohne Pflanzenschutzmittel.
Deutschland hat bisher die erste Option gewählt. Nun stellt die EU eine vierte Option in Aussicht: Anstatt 4 % ihres Ackerlandes stillzulegen, können Landwirte auf 7 % ihres Ackerlandes
- „nicht produktive“ Bereiche (Stilllegung/Brache) anlegen und/oder
- Leguminosen anbauen und/oder
- Zwischenfrüchte nach der Hauptfrucht etablieren.
Zwischenfrüchte sollen mit einem Anrechnungsfaktor von 0,3 gewertet werden. Landwirte müssen bei Leguminosen und Zwischenfrucht auf chemischen Pflanzenschutz verzichten.
Ein Rechenbeispiel:
Bewirtschaftet ein Landwirt 100 ha Ackerland und möchte die neue Ausnahmeregel nutzen, muss er 7 % seines Ackerlandes also 7 ha einbringen. Die kann er entweder stilllegen oder dort Leguminosen mit Pflanzenschutzverzicht anbauen. Die dritte Option wäre der Anbau von Zwischenfrüchten nach einer Hauptkultur. Aufgrund des Gewichtungsfaktors von 0,3 müsste der Landwirte auf 23,3 ha Zwischenfrüchte anbauen. Laut der vorgeschlagenen Durchführungsverordnung können Landwirte die Maßnahmen auch kombinieren. Für den Landwirt im Beispiel würde das bedeuten: Er legt 2 ha Brache an, baut auf 3 ha Leguminosen mit Pflanzenschutzverzicht an und rechnet 6,66 ha Zwischenfrüchte an. So erreicht er 7 ha GLÖZ 8-Flächen (2 ha Brache + 3 ha Leguminosen + 6,66 ha ZF * 0,3).
Rückwirkend möglich?
Über diesen Vorschlag stimmen die 27 EU-Mitgliedstaaten ab, die Verhandlungen liefen bei Redaktionsschluss am Dienstagmorgen noch. Gehen sie mit, gilt die Regel rückwirkend zum 1. Januar 2024.
Danach ist jeder Mitgliedstaat gefragt: Wollen sie Landwirten die neue Option bieten, müssen sie diese fristgerecht bei der EU beantragen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat Interesse: „Ich werbe innerhalb der Bundesregierung dafür, dass wir dem Vorschlag der EU-Kommission zu den Brachflächen zustimmen“, sagte er. Zugleich mahnte Özdemir „weiterhin einen effizienten und effektiven Schutz der Artenvielfalt, die schließlich auch ein unverzichtbarer Produktionsfaktor für unsere Landwirtschaft ist“ an.
Mehr Teilnahme an den Ökoregelungen?
Hinzu kommt, dass in Deutschland das Interesse von Bund und Ländern am Aussetzen der Stilllegungspflicht gering sein dürfte. Denn bereits 2023 pausierte die Stilllegungspflicht. Das hatte dazu geführt, dass das Interesse an den neuen Ökoregelungen hinter den Erwartungen zurückgeblieb. Gegenüber der EU-Kommission ist Deutschland deshalb gerade in der Pflicht, Rechenschaft abzulegen und eine Kompensation für die 2023 nicht durchgeführten Ökoregelungen zu schaffen. Daher hatten sich die Agrarminister der Länder auf der Sonder-Agrarministerkonferenz entschieden, keine neuen Ökoregelungen zu entwerfen. Sie argumentierten, dass 2024 mit einer höheren Teilnahme der Landwirte an den Ökoregelungen zu rechnen sei. Sollte die verpflichtende Stilllegung ausfallen, gerät das wieder ins Wanken.
Zudem dürfte auch das Interesse in der Praxis überschaubar sein. Die Anbauplanung für die Ernte 2024 haben die meisten Landwirte abgeschlossen. Kämen die Ausnahmen der GAP-Auflagen, ist nur noch ein Anbau von Sommerungen auf den eigentlichen Stilllegungsflächen möglich.
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