Verbraucherzentrale NRW

Bargeld bleibt wichtig

Was bedeutet die Schließung von Schaltern und Automaten für den Verbraucher? David Riechmann von der Verbraucherzentrale NRW erklärt, warum er ein Fan des Bargeldes ist.

Vor allem ältere Menschen legen Wert auf den Kontakt zu Bankmitarbeitern vor Ort. Welche Verbrauchergruppen sind noch betroffen, wenn der letzte Bankschalter im Ort schließt?

Riechmann: Es sind nicht nur ältere Menschen, für die das Onlinebanking eine hohe Hürde bedeutet. Es gibt immer noch Personen jeden Alters, die weder Smartphone noch Computer nutzen. Hinzu kommen die „verletzlichen Verbraucher“, wie wir sie nennen. Das sind Menschen, die mit Bargeld haushalten und nicht alles mit der Karte zahlen können oder wollen. Sie brauchen oft auch direkte Unterstützung von einem Bankmitarbeiter. Außerdem fehlt Kindern oft der Erstkontakt zur Bank und dem Thema Sparen, wenn es keinen Schalter mehr vor Ort gibt.

Sie sagen, wer immer mehr Dienste ins Inter­net verlagert, der muss seine Kunden auch auf mögliche Gefahren schulen. Welche ­Risiken lauern beim Onlinebanking?

Riechmann: Das ist nicht mehr der Taschendieb, der um die nächste Ecke wartet. Mit Phishing-Mails versuchen Kriminelle Bankkunden zu ködern. Diese E-Mails sind mittlerweile täuschend echt und erweisen sich erst auf dem zweiten Blick als Fälschung.

Noch perfider ist das Spoofing. Kunden erhalten eine SMS oder einen Anruf mit der vertrauten Nummer des Bankmitarbeiters. Ein gesundes Misstrauen ist dabei ganz wichtig. Wer ­einen Anruf von einem fremden Bankmitarbeiter erhält, sollte am besten um einen Rückruf bitten und selbst die Bank anrufen, ob es den Mitarbeiter überhaupt gibt.

In den Niederlanden und in Skandinavien zahlen immer mehr Kunden fast alles ohne Bargeld. Stellen Sie einen ähnlichen Trend in Deutschland fest?

Riechmann: Der Trend ist da. Corona hat ihn befördert. Doch schaut man genauer hin, teilt sich das Bild. Die bargeldlose Geldmenge steigt, aber nicht so sehr die Zahl der bargeldlosen Transaktionen. Kleine Beträge unter 10 €, wie beim ­Bäcker die Brötchen, werden immer noch meist mit Bargeld gezahlt.

Und denken Sie an die Kinder. Die haben nicht gleich alle eine Karte. Die Verbraucherschützer sind daher weiterhin Fans des Bargeldes. Es ist ein offizielles Zahlungsmittel, mit dem jeder zahlen kann. Auch dann, wenn die Karten­terminals ausfallen. Natürlich kostet das Vorhalten von Bargeld den Banken und Supermärkten Geld.

In immer mehr Supermärkten lassen sich bis zu 200 € abholen. Kann das eine flächendeckende Bargeldversorgung ermöglichen?

Riechmann: Die Märkte sind nicht dazu verpflichtet und geben nicht nur ausschließlich Geld heraus. Sie erwarten einen Mindesteinkauf von 10 € bis 20 €. Manche akzeptieren auch nicht alle Geldkarten. Außerdem kann es nicht sein, dass sie auf Dauer die Bargeldversorgung übernehmen. Stellen Sie sich vor, die Geldtransporter bringen mehr Geld in den Markt, als das sie nach Ladenschluss abholen würden.

Müssen die Banken denn ein Netz an Schaltern und Automaten vorhalten?

Riechmann: Die Filialbanken stehen in einem Spannungsfeld aus der eigenen Wirtschaftlichkeit und den Auftrag zum Beispiel durch das Sparkassengesetz eine Versorgung zu gewährleisten. Wenn es nur noch komplett online wäre, stellt sich die Frage, welcher Mehrwert bleibt eigentlich noch für den Verbraucher. Dann könnte man auch gleich zur einer Online­bank umziehen. Generell sind aber die meisten ­Menschen zu träge, die Bank zu wechseln. Es wird zwar ge­meckert, aber nicht umgezogen. Dabei ist Bankwechsel kein Hexenwerk mehr.

Vor allem die Kontoführungsgebühren sind in den vergangenen Jahren gestiegen. ­Manche Bank argumentiert, dass damit unter ­anderem das Filialnetz aufrechterhalten wird.

Riechmann: Keine Lokalbank kann von der reinen Kontoführung für Privatleute leben, dennoch gehen diese Gebühren in ihre Mischkalkulation ein. Vor der Niedrigzinsphase vor etwa zehn Jahren waren die Kontogebühren niedrig. Dann zogen sie deutlich an. Jetzt steigen die Zinsen wieder. Das beschert den Banken zum Teil Gewinne. Im Gegenzug sind die Kontoführungsgebühren aber nicht gesunken, sondern bleiben auf einem hohen Niveau bei bis zu 15 € pro Monat.

Lesen Sie mehr:

Einblick

Gesprengte Geldautomaten

von Patrick Otte

Besonders im Münsterland werden viele Geldautomaten gesprengt. Wie schützen sich die Banken?

Einblick

Banken in Bewegung

von Patrick Otte

Viele Kreditinstitute ziehen sich aus der Fläche zurück. Aus Filialen und Zweigstellen werden Selbstbedienungsschalter. Welche Wege gibt es, damit weiterhin die Bank Präsenz zeigt?