Projekt in Asbeck
Ein Bauernhaus als Energie-Insel
Familie Albrecht hat in Asbeck ein altes Bauernhaus gekauft und so saniert, dass es auch bei Netzausfall warm und hell bleibt. Kamine gibt es dafür gleich zwei.
Andreas Albrecht hat Spaß daran, wenn Sachen funktionieren – und er hat gerne den Überblick. Entsprechend gut gelaunt sitzt er mit dem Smartphone in der Hand vor dem Herdfeuer im Haus der Familie in Asbeck im Kreis Borken. Ein Klick und auf dem Display ist zu sehen, was im Haus gerade los ist.
Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach produziert Strom, der Batteriespeicher auf dem Dachboden ist gut geladen und der Verbrauch hält sich an diesem warmen Septembertag in Grenzen. Zwölf Kacheln auf dem Display geben einen Überblick über alles, was mit Strom zu tun hat. Eine zusätzliche App kümmert sich ums Thema Wärme.
Neustart im Bauernhaus
Anke und Andreas Albrecht haben sich vor drei Jahren etwas getraut. Zwölf Jahre hatten der Industriemeister Fachrichtung Chemie, der aktuell mit halber Stelle auf dem Schießstand der Kreisjägerschaft Coesfeld arbeitet, und die Leiterin einer Altenhilfe-Einrichtung in einem Neubau in Dülmen-Rorup gewohnt. Aber der Traum von einem Bauernhaus blieb. Beide sind begeisterte Jäger, kommen vom Land und schätzen es, viel Platz zu haben.
Also begaben sie sich mit Mitte 40 nochmal auf die Suche und landeten auf Vermittlung der örtlichen Bank eines Tages in dem Bauernhaus in Asbeck, Baujahr 1802. Die Immobilie samt Scheune und 1,6 ha Land gefiel ihnen auf Anhieb, mit den Verkäufern wurden sie sich handelseinig und Anfang 2020 konnten sie loslegen.
Alte Technik raus, neue rein
Neben rund 300 m2 Wohnfläche bot das Haus beste Voraussetzungen für einen technischen Neustart. Einfach, weil wenig Technik verbaut war. Geheizt worden war mit dem alten Herdfeuer, einer Kochmaschine und strombetriebenen Öl-Radiatoren.
Gleich an einem der ersten Tage der Sanierung machte sich Anke Albrecht am Putz des alten Herdfeuers zu schaffen – und entdeckte darunter alte Sandsteinplatten. Diese zieren heute gereinigt und aufgearbeitet das „neue“ Herdfeuer. „Solche Funde gibt’s ganz oft“, sagt Benedikt Vieth, Steinmetz- und Ofenbaumeister aus Nottuln. Er gehört zum Team aus Handwerkern und einem befreundeten Architekten, mit dem die Albrechts am baulichen und technischen Konzept tüftelten.
Besser selbst nutzen als einspeisen
Möglichst autark zu sein, war der Familie von Anfang an wichtig. Strom und Wärme wollten sie vor allem auf dem eigenen Grundstück produzieren. „Und wenn ich 6 Cent für den Strom bekomme, kann ich ihn besser selbst nutzen“, sagt Andreas Albrecht. Auch deshalb hat die Familie in einen mit 27 kW großzügig dimensionierten Batteriespeicher investiert und ein E-Auto angeschafft. Die Albrechts rechnen damit, dass sie im Jahr etwa 20 000 kWh Strom verbrauchen werden.
Ebenso Ziel war, dass die Energieversorgung auch funktioniert, wenn rundherum wegen eines Stromausfalls die Lichter ausgehen. Mit etwas Tüftelei kann der Batteriespeicher das leisten. Den meisten Platz im Technikraum nimmt allerdings der 1000-l-Pufferspeicher ein. Auf Temperatur bringen ihn der Zufluss aus den Wassertaschen des Kamins und ein Heizstab. Dieser nutzt im Idealfall den auf dem Dach produzierten Strom.
Wärmepumpe und zwei Kamine
Für Grundwärme im Haus sorgt zum einen die Sole-Wasser-Wärmepumpe. Sie holt die Wärme aus 110 m Tiefe und bringt die Fußböden bei Bedarf auf Temperatur, ebenso wie die Heizschlangen rund um die Fenster. Diese sollen verhindern, dass dort Wasserdampf kondensiert, was zu Schimmel führen könnte. Zum anderen heizen das modernisierte Herdfeuer und ein Grundofen mit 4 kW Leistung. Etwa einen Raummeter Holz verbrauchen die Albrechts in der Heizsaison pro Woche.
Vor der Holzwerbung ist Andreas Albrecht ebenso wenig bange wie vor fast allen Bauarbeiten. Weniger Freude hat ihm der Aufwand für die Förderanträge bereitet, die er unter anderem für Wärmepumpe, Wallbox und Batteriespeicher gestellt hat. Er ist aber optimistisch, dass sich die Technik-Investitionen, im Kern waren es etwa 150 000 €, lohnen werden. „Bei den steigenden Preisen geht das wahrscheinlich schneller als gedacht.“
Seit rund einem Jahr sind die Albrechts nun in Asbeck zu Hause. Ihr Fazit: „Mit viel Arbeit kann man vieles schaffen.“
Vernetzte Technik: Kamin, PV und Wärmepumpe
Die Albrechts haben kräftig getüftelt, damit bei ihrer Haustechnik alle Komponenten möglichst optimal zusammenarbeiten. Folgende Bausteine gehören zur technischen Ausstattung des Hauses:
- Auf dem Dach ist eine PV-Anlage mit 29,9 kWp installiert.
- Eine Sole-Wasser-Wärmepumpe mit einer modulierenden Leistung von 4 bis 15 kW bestreitet die Grundlast. Dafür wurden im Garten drei jeweils 110 m tiefe Bohrlöcher gesetzt. Die Albrechts haben die Bosch Solewärmepumpe CS7800iLW 16F 4-15 kW gewählt. Der integrierte Einschraubheizkörper (Heizstab) von My-PV bekommt die nötige Energie über die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. Der Heizstab kann zwischen 3 und 9 kW Leistung bringen.
- Das Herdfeuer hat einen neuen Kamineinsatz bekommen. Das Modell: LedaVida 78FW Glastür mit Kesselgerät. 13 kW Leistung sind möglich. 7,5 kW davon heizen den Inhalt der Wassertaschen auf, 5,5 kW bleiben als Heizleistung für die Diele und die angrenzenden Räume.
- Die Einbindung der wassergeführten Feuerstätte in das Heizungssystem, sprich die Verbindung zwischen Kamin und Pufferspeicher auf dem Dachboden, übernimmt die Komplettstation des Herstellers Leda.
- Auf der einstigen Tenne steht als zweiter Kamin ein Grundofen mit einer Leistung von 4 kW.
- Bedienfehler am Herdfeuer verhindert die elektronische Verbrennungsluftregelung „Ledatronic“. Sie zeigt an, was zu tun ist, um möglichst schadstoffarm und mit hohem Wirkungsgrad zu verbrennen. Die Luftzufuhr regelt die Technik automatisch.
- Ein sogenanntes Hauskraftwerk (in diesem Fall das S10 E Pro von E3/DC) bietet 27 kWh Speicherkapazität. Dieses ist unter anderem über die Wallbox zum Laden des Elektroautos abrufbar. Außerdem kann das Hauskraftwerk im Fall der Fälle Notstrom liefern und die Wärmepumpe auch ohne Anschluss ans Stromnetz in Betrieb setzen.
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