Medizinische Kompressionsstrümpfe sitzen stramm. Das muss so sein. Denn der äußere Druck, den diese Strümpfe ausüben, sorgt dafür, dass Muskulatur und Venen besser durchblutet und der venöse Rückfluss des Blutes erleichtert wird. Beschwerden wie Schwere- und Spannungsgefühle in den Beinen und Schwellungen bilden sich dadurch meist zurück.
Menschen mit Venenerkrankungen, wie Krampfadern, Venenentzündungen, Beinthrombose oder chronischer Venenschwäche, bekommen daher häufig medizinische Kompressionsstrümpfe vom Arzt verordnet. Aber auch Patientinnen und Patienten mit einem Lipödem, einer krankhaften Fettverteilungsstörung, oder mit einem Lymphödem werden bei Bedarf mit Kompressionsstrümpfen versorgt. Damit sind in der Regel sowohl Strümpfe als auch Socken, Kniestrümpfe oder Strumpfhosen gemeint.
Der Arzt stellt ein Rezept für die Versorgung mit medizinischen Kompressionsstrümpfen aus und bestimmt die erforderliche Kompressionsklasse.
Richtige Größe für Kompressionsstrümpfe finden
Kompressionsstrümpfe dürfen weder einschnüren noch rutschen. Auch lassen sie sich nicht nach Kleidergrößen aussuchen. „Es muss immer Maß genommen werden“, sagt Bettina Schalk vom Sanitätshaus Gäher im Münsterland. Dazu bestimmt die Orthopädietechnikerin zunächst Umfang und Länge des Beins an vorgeschriebenen Messpunkten wie etwa an Knöchel, Wade, Knie und Oberschenkel. Eine Rolle spielen auch die Längenmaße von Fuß, Schritt sowie vorderem und hinterem Hosenteil.
Das Maßband benötigt die Expertin dazu jedoch nicht bei jeder Versorgung. Gemessen wird kontaktlos mittels eines digitalen Messsystems. Der beste Zeitpunkt für eine solche Messung sind übrigens die frühen Morgenstunden oder direkt nach einer manuellen Lymphdrainage.
„Anschließend prüfen wir, ob die Seriengröße eines Kompressionsstrumpfanbieters passt“, erklärt Bettina Schalk. Dabei berücksichtigt die Expertin weitere Vorgaben auf dem ärztlichen Rezept, wie etwa Gewebestrickart und verordnete Kompressionsklasse. Kompressionskleidung gibt es in Rund- und Flachstrickausführung.
Rundgestrickte Kompressionsstrümpfe
Menschen mit einer Venenschwäche in den Beinen werden mit rundgestrickten Kompressionsstrümpfen versorgt. Diese haben an allen Stellen die gleiche Maschenanzahl und keine Naht. Lediglich die Maschengröße ändert sich. Die Rundstrickware ist relativ dünn und elastisch.
{{::tip::standard::Für venengesunde Menschen, die eine leichte Stützwirkung gegen schwere Beine benötigen oder zur Thromboseprophylaxe etwa beim Sport oder bei längeren Auto- und Flugreisen, eignen sich Stürztstrümpfe. Diese werden jedoch nicht von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.::}}
Durch den unterschiedlichen Druck, den der Kompressionsstrumpf auf krankhafte Venen und Venenklappen ausübt, wird die richtige Funktion der Venenklappen wieder hergestellt“, erklärt Bettina Schalk. Diese schließen dann besser. Das Blut fließt besser aus dem Bein ab und schmerzhafte Schwellungen bilden sich zurück.
Auch in Berufen, bei denen lange gestanden oder gesessen wird, wie etwa im OP oder im Friseursalon, können Kompressionsstrümpfe hilfreich sein.
Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe
„Für Patientinnen und Patienten mit einem Lymphödem eignen sich dagegen flachgestrickte Kompressionsstrümpfe“, erklärt Bettina Schalk. Bei einem Lymphödem kann das Gewebewasser aus den Zellzwischenräumen, Lymphe genannt, nicht ausreichend über die Lymphbahnen abtransportiert werden. Es staut sich und das Gewebe schwillt an. In der Regel geht der Behandlung mit Kompressionsstrümpfen eine manuelle Lymphdrainage voraus. Die medizinischen Kompressionsstrümpfe dienen dann der Langzeit- und Dauerbehandlung, um das Ergebnis der Entstauungstherapie zu halten.
Flachgestrickte Strümpfe geben mehr Halt und sorgen durch die Flachstricktechnik dafür, dass diese nicht in das Hautgewebe einschneidet. Diese Kompressionsstrümpfe werden in Reihe gestrickt und haben eine Naht. „Die Anzahl der Maschen ist veränderbar, sodass sich passformgenau Kompressionsstrümpfe für außergewöhnliche Beinformen anfertigen lassen“, informiert die Orthopädietechnikerin. Sie werden daher insbesondere bei Lympherkrankungen und dem Lipödem verordnet, wo es zu großen Volumenunterschieden im Verlauf des Beines kommen kann.
Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe üben einen flächigen und konstanten Druck auf das Bein aus und geben dem Ödem nicht nach. Bei Bewegung haben sie darüber hinaus einen Lymphabfluss-fördernden Massageeffekt. Genau das wird in der Ödemtherapie benötigt.
Lässt sich mit den Vorgaben aus der Verordnung des Arztes kein serienmäßiger Kompressionsstrumpf finden, besteht die Möglichkeit einer individuell angepassten Kompressionsversorgung. Nötig werde diese beispielsweise bei Menschen mit Venenleiden bei einem geringem Wadenumfang, aber einem dicken Knöchel“, erklärt die Expertin. In solchen Fällen sollte der Arzt auf dem Rezept eine solch individuelle Kompressionsversorgung angeben, damit die Kosten dafür von der Krankenkasse erstattet werden können.
Kompressionsstrümpfe und Haut richtig pflegen
Kompressionsstrümpfe sollten täglich auf links nach Waschanleitung gewaschen werden. Für gewöhnlich liegt die optimale Temperatur bei 30 oder 40 °C im Schonwaschprogramm.Für zwischendurch können die Strümpfe auch mit der Hand gewaschen werden. Allerdings, so Bettina Schalk, nicht zu oft: „Hautschuppen und -fette, die sich in den Zwischenräumen des Gewebes festsetzen und nicht selten zu Hautreaktionen führen, lassen sich in der Maschinenwäsche gründlicher entfernen.
“Weichspüler und herkömmliche Fleckenmittel sind tabu, weil diese die Poren des Gewebes verkleben bzw. die Fasern der Strümpfe schädigen. Gut geeignet sind flüssige Feinwaschmittel ohne Aufheller sowie bei Bedarf spezielle Fleckenstifte der Hersteller. Die Strümpfe sollten höchstens bei 1200 Umdrehungen geschleudert werden.Auf keinen Fall dürfen die Strümpfe in die Sonne oder auf der Heizung trocknen. Eine punktuelle Hitzebildung würde die elastischen Fasern schädigen. Die Strümpfe können aber an der Luft trocknen. Dazu die Strümpfe in Form ziehen und freihängend auf einem Kleiderbügel trocknen lassen.
Doch auch die Haut unter der Kompressionskleidung bedarf Pflege. „Beim täglichen An- und Ausziehen werden stets neu gebildete Hautschuppen entfernt“, erklärt Bettina Schalk. Trockene Haut ist deshalb auf tägliche Rückfettung angewiesen, am besten abends.
Um die Fasern der Strümpfe dabei nicht anzugreifen, halte der Fachhandel entsprechende Pflegeprodukte bereit. Wichtig ist ferner, dass die Haut trocken ist sowie Fußnägel kurz geschnitten und Füße frei von rissiger Hornhaut sind. Kompressionsstrümpfe sollen täglich getragen und am besten so früh wie möglich – noch im Bett oder direkt nach dem Aufstehen – angezogen werden.
Anziehenhilfen für Kompressionsstrümpfe
Insbesondere rundgestrickte Kompressionsstrümpfe sind oft schwierig anzulegen. Gute Dienste beim Anziehen leisten Gummihandschuhe mit griffiger Handinnenfläche. Sie haften am Gestrick und erleichtern das Anlegen der Strümpfe, ohne Gefahr Fäden zu ziehen oder Löcher hineinzureißen.
Hilfreich sind in jedem Fall Anziehhilfen. Ist eine solche medizinisch notwendig, kann der Arzt eine An- und Ausziehhilfe verordnen. Wer wenig Kraft hat, aber sich noch gut bücken kann, für den eignet sich beispielsweise die Anziehhilfe Easy-Magnide.
Für Menschen mit wenig Körperkraft und Bewegungseinschränkungen leistet etwa ein Kompressionsbutler gute Dienste, informiert Bettina Schalk. Die Anziehhilfe gibt es für Arme und Füße in unterschiedlichen Ausführungen und Größen. „Die Anziehhilfen werden im Sitzen angewendet. Am besten lassen Sie sich diese im Sanitärfachgeschäft zeigen und probieren diese mit Ihren Strümpfen vor Ort aus“, sagt Bettina Schalk. Erhältlich sind auch Kompressionsstrümpfe, die beispielsweise in der Kniekehle oder dem Knöchel sogenannte Funktionszonen besitzen und nicht einschnüren. Auch das erleichtert das An- und Ausziehen.
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