Sie haben vom Arzt einen Rollstuhl verordnet bekommen. Doch als Sie das Rezept im Sanitätshaus einlösen möchten, geht das nicht. Man habe mit Ihrer Krankenkasse keinen Vertrag abgeschlossen, heißt es. Ja, das kann passieren. Denn fast jede gesetzliche Krankenkassen schließt für die verschiedenen Hilfsmittel Verträge mit Leistungserbringern wie Apotheken, Optikern, Sanitätshäusern oder Orthopädietechnikern ab. Dabei handeln sie vergünstigte Konditionen aus und die Vertragspartner haben bestimmte Anforderungen zu erfüllen wie etwa die Beratung und Betreuung durch fachlich qualifiziertes Personal. Versicherte können dann nur unter den Vertragspartnern ihrer Krankenkasse frei wählen.
Vom Rezept für Hilfsmittel zum Antrag
Hilfsmittel sollen eine vorübergehende oder dauerhafte geistige oder körperliche Funktionseinschränkung ausgleichen. Neben Rollstühlen, Rollatoren, Hörgeräten oder Prothesen zählen auch Insulinpumpen dazu. Im Gegensatz dazu gibt es auch Pflegehilfsmittel. Diese werden von der gesetzlichen Pflegeversicherung gewährt, wenn ein Pflegegrad besteht. In dem Fall prüft die Krankenkasse oder Pflegekasse, bei der das Hilfsmittel beantragt wurde, automatisch wer zuständig ist.
{{::tip::standard::Für die Übernahme der Kosten für Hilfsmittel können neben der Krankenkasse oder Pflegekasse auch andere Kostenträger in Frage kommen, wie Renten- oder Unfallversicherung, Arbeitsagentur, Jugendamt oder das Sozialamt. Infos dazu gibt die Reha-Servicestelle der Deutschen Rentenversicherung.
http://www.reha-servicestellen.de.::}}
Damit ein Antrag auf Kostenübernahme für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel reibungslos von der Krankenkasse bearbeitet werden kann, sollten Versicherte einen bestimmten Ablauf einhalten. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) gibt dazu einige hilfreiche Tipps.
Zunächst benötigen Sie von Ihrem Arzt eine Verordnung über das Hilfsmittel und dessen medizinische Notwendigkeit. Wenn möglich sollte der Arzt auf der Hilfsmittelverordnung die Hilfsmittelnummer angeben sowie die Art der Herstellung und falls nötig die Mengenanzahl für Tage bzw. Monate. Auch Angaben zur Diagnose sind wichtig. Nach einem Krankenhausaufenthalt können im Rahmen des Entlassmanagements auch Hilfsmittel von Krankenhausärzten für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen verordnet werden, wenn diese unmittelbar nach der Krankenhausentlassung erforderlich sind.
Für einen Rollstuhl beispielsweise lassen Sie sich bei einem von Ihrer Krankenkasse empfohlenem Sanitätshaus einen Kostenvoranschlag erstellen. Diesen reichen Sie dann mit dem Rezept vom Arzt, einem Anschreiben und eventuell einer Stellungnahme bei Ihrer Krankenkasse ein. Speziell für die Landwirtschaftlich Krankenkassen (LKK) gelten Regeln, die Sie im Beitrag "So beantragen LKK-Versicherte ein Hilfsmittel“ finden können.
Krankenkasse entscheidet über Hilfsmittel-Antrag
Den Bescheid zur Kostenübernahme durch die Krankenkasse sollten Sie erst abwarten. Wer das Hilfsmittel vorher kauft, muss dieses in der Regel selbst zahlen. Die Kosten werden nachträglich nicht erstattet. Gesetzliche Krankenkassen müssen innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Antrages auf Kostenübernahme über diesen entscheiden. Muss erst ein Gutachter, wie der Medizinische Dienst der Krankenkassen, eine Stellungnahme abgeben, so haben die Krankenkassen innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden, ob sie die Leistung bewilligen. So sieht es das Patientenrechtegesetz vor.
{{::tip::standard::Versicherte bekommen auf Antrag auch die Energiekosten wie Strom für medizinisch notwendig genutzte Hilfsmittel erstattet, zum Beispiel für Pflegebetten oder Sauerstoffgeräte. Der Erstattungsanspruch besteht für die individuellen Energiekosten.::}}
Kann die Krankenkasse diese Frist nicht einhalten, so muss sie den Versicherten schriftlich darüber informieren und die Entscheidung begründen. Versäumt sie das, gilt der Antrag auf eine Leistung seit Mai 2020 nur noch vorläufig als bewilligt. „Versicherte können sich dann die erforderliche Leistung selbst besorgen und bekommen bei Bewilligung durch die Krankenkasse die Kosten erstattet“, so die Verbraucherzentrale. Allerdings kann die Kasse auch nach Ablauf der Frist den Antrag auf Leistung ablehnen. Versicherte können dagegen jedoch Widerspruch bei der Krankenkasse einlegen.
Kein Hilfsmittel ohne Zuzahlung
Nicht immer besteht auch Anspruch auf ein neues Hilfsmittel. Bestimmte Produkte wie Gehilfen, Standardrollstühle, Inhalationsgeräte oder Geräte zur Elektrostimulation können auch ausgeliehen werden. Sie sind sorgsam zu behandeln und nach Ende des Bedarfs in einem ordnungsgemäßen Zustand dem Hilfsmittellieferanten zurückzugeben.
Bei den Hilfsmitteln handelt es sich in der Regel um Standardausführungen, die den medizinisch erforderlichen Bedarf decken. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für Hilfsmittel in der Regel bis zur Höhe eines Festbetrages oder den vereinbarten Preis. Gesetzlich Krankenversicherte zahlen für diese Hilfsmittel eine gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung:
- Der Eigenanteil beträgt für jedes Hilfsmittel mindestens 5 €, höchstens jedoch 10 €. Versicherte zahlen jedoch nie mehr als die tatsächlichen Kosten, falls ein Hilfsmittel günstiger als 5 € ist.
- Für Hilfsmittel, die zum Verbrauch bestimmt sind, wie beispielsweise Insulinspritzen oder aufsaugende Inkontinenzartikel, müssen 10 % des von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages selbst gezahlt werden. Doch ist die Zuzahlung auf höchstens 10 € im Monat begrenzt.
- Für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, wie saugende Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe, Schutzschürzen oder Fingerlinge gelten besondere Bestimmungen der Erstattung.
- Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von den Zuzahlungen befreit. Alle anderen zahlen höchstens 2 % ihrer jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt, abzüglich der Freibeträge für Kinder und Ehe- oder Lebenspartner. Für chronisch kranke Menschen gilt eine Grenze von 1 % der Bruttoeinnahmen. Damit dabei niemand finanziell überfordert wird, gibt es eine Belastungsgrenze. Sobald diese erreicht ist, kann auf Antrag für den Rest des Kalenderjahres eine Befreiung von weiteren Zuzahlungen erfolgen.
Hilfsmittelkosten für Sehhilfen
Wer sich für ein Produkt oder für Leistungen entscheidet, die die medizinische Notwendigkeit oder einen definierten Standard übersteigen, muss die dadurch entstehenden Mehrkosten selbst tragen. Sollte im Einzelfall ein höherwertiges Hilfsmittel medizinisch erforderlich sein, ist die Krankenkasse jedoch verpflichtet auf Antrag entsprechend höhere Kosten zu übernehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Sehhilfe. Voraussetzung ist eine augenärztliche Verordnung. Auch die LKK übernimmt in dem Fall die Kosten bis zum Festbetrag.
Kontaktlinsen können für diese Versicherten nur in medizinisch zwingend erforderlichen Fällen zu Lasten der LKK verordnet werden. Erwachsene mit einer Kurz- oder Weitsichtigkeit von mehr als sechs Dioptrien oder einer Hornhautverkrümmung von mehr als vier Dioptrien haben ebenfalls Anspruch auf teilweise Kostenübernahme ihrer Brillengläser oder Kontaktlinsen. Auch hier erfolgt die Kostenübernahme für Brillengläser und Kontaktlinsen bis höchstens zum Festbetrag bzw. in Höhe des vereinbarten Vertragspreises. Für das Brillengestell werden in keinem Fall Kosten übernommen.
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