Arztbesuch

Muss der Hausarzt kommen?

Sind Hausärzte gesetzlich dazu verpflichtet, Hausbesuche anzubieten und durchzuführen? Wir haben nachgefragt bei der Deutschen Patientenberatung und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Vertragsärzte – also Ärzte, die die Zulassung haben, gesetzlich versicherte Patienten zu behandeln – sind grundsätzlich verpflichtet, Hausbesuche durchzuführen. So steht ist es im § 17 Absatz 6 des Bundesmantelvertrag-­Ärzte, der die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung regelt. Allerdings gilt dies nur unter bestimmten Voraussetzungen und die Praxis sieht häufig anders aus.

Gesetzlich versicherte Patienten haben nur Anspruch auf einen ärztlichen Hausbesuch, wenn ­ihnen das Aufsuchen des Arztes in dessen Praxisräumen wegen Krankheit nicht möglich oder nicht zumutbar ist. „Dies wird dann der Fall sein, wenn die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung der Erkrankung besteht“, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Laut Unab­hängiger Patientenberatung Deutschland betrifft dies in der Regel bettlägerige, gebrechliche und pflegebedürftige Patienten.

Der Arzt entscheidet

„Ist der Patient jedoch transportfähig, kann er gegebenenfalls in die Praxis bestellt werden. Die Entscheidung, ob ein Hausbesuch ausgeführt wird, verbleibt letztendlich beim Arzt“, sagt die KVWL.

Die Ärztin oder der Arzt muss nicht in jedem Fall selbst kommen. Auch entsprechend fortgebildetes Praxispersonal, sogenannte nichtärztliche Praxisassistenten (NäPA), können Haus- oder Heimbesuche übernehmen. Sie informieren den Arzt anschließend über die erhobenen Befunde und durchgeführten Maßnahmen.

Und Fachärzte?
Auch Fachärzte haben grundsätzlich die Pflicht, Hausbesuche durchzuführen, wenn bei ­einem Versicherten, der von ihnen behandelt wird, wegen einer Erkrankung aus seinem Fach­gebiet ein Besuch notwendig ist, erklärt die Deutsche Patientenberatung. Das gilt jedoch nicht für Zahnärzte.

Ablehnung ist möglich

Vertragsärzte können Hausbesuche verweigern, wenn sich die Wohnung des Patienten außerhalb ihres Praxisbereichs befindet. Eine genaue Kilometerangabe findet sich hierzu im Bundesmantel­vertrag (§ 17 Abs. 7 BMV-Ä) aber nicht. Wie weit der übliche Praxisbereich reicht, hängt von der jeweiligen Siedlungsstruktur und der Arztdichte ab.

Der Zeitpunkt
Grundsätzlich können Ärztinnen und Ärzte Hausbesuche auf Zeiten vor oder nach ihrer Sprechstunde legen. Sind sie aber nicht sicher, ob sie die Hausbesuche aufschieben können, müssen sie diese auch während der Sprechstunde durchführen. Unbenommen davon sind Notfälle. Dann ist die 112 zu wählen.


Handelt es sich allerdings um ­einen dringenden Fall und ist ein Vertragsarzt – in dessen Praxisbereich die Wohnung des Kranken liegt – nicht erreichbar, darf ein Arzt den Hausbesuch auch außerhalb des eigenen Praxisbereichs nicht verweigern, ergänzt die KVWL.


Kein Hausbesuch: Was tun?

Häufig sind Arztpraxen jedoch überfüllt und der eigene Hausarzt kann nicht zeitnah kommen und niemanden schicken. Was dann? In Akutsituationen, in denen eine Untersuchung oder Behandlung dringend erscheint, können sich Patienten an den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst wenden unter Tel. 116  117, rät die Unabhängige Patientenberatung Deutschland.

Verweigern Ärzte unberechtigt Hausbesuche, haben Betroffene die Möglichkeit, sich über dieses Verhalten zu beschweren. Bei Schwierigkeiten können sich Bürger an die gemeinsame Patientenberatung der KVWL und der Ärztekammer wenden unter Tel. (02  51) 929-9000. Dort werden Beschwerden geprüft und gegebenenfalls weitere Schritte eingeleitet.

Im Pflegeheim
Manchmal ändern sich Wohnsituationen, etwa wenn der Patient in ein Pflegeheim zieht. Dort gibt es oft „Heimärzte“, die zumindest die hausärztliche Versorgung sicherstellen. Diese Ärzte sind dann entweder in der Einrichtung angestellt oder haben einen Kooperationsvertrag mit dem Heim. Ein Recht auf freie Arztwahl besteht aber auch in ­einem Pflegeheim. Betroffene können sich von ihrem Haus- und/oder Facharzt weiter behandeln lassen. Hierbei gilt das bereits Erklärte. Die KVWL rät: „Sofern das Heim im „Bezirk“ des Hausarztes liegt, sollte der Patient frühzeitig mit ihm besprechen, ob er dort die Betreuung weiterhin leisten kann, sofern der Patient die Praxis von dort aus – beispielsweise in Begleitung – aufsuchen kann.“

Was es zu beachten gilt

Allerdings führt eine Beschwerde in aller Regel nicht dazu, dass der Hausarzt dann den Hausbesuch durchführt, so die Patientenberatung. Auch habe eine Beschwerde letztendlich Vor- und Nachteile: Zum einen könne sie – langfristig gesehen – sinnvoll sein. Denn nur, wenn viele Betroffene sich beschweren, kann dem ärztlichen Fehlverhalten nachgegangen und dies gegebenenfalls geahndet werden.

Zum anderen könne eine Beschwerde aber auch das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient stören. „Im schlimmsten Fall kann dies sogar zur Folge haben, dass der Arzt den Behandlungsvertrag kündigt“, erklärt die Deutsche Patientenberatung. Ob Patienten Beschwerde ein­legen oder einen anderen Arzt suchen, hat jeder selbst zu entscheiden.

Lesen Sie mehr:

Pflege / Pflegedienst

Welcher Pflegedienst?

Sind Körperpflege und der Alltag nicht mehr allein zu schaffen, ist oft professionelle Unterstützung nötig. Auf der Suche nach einem ambulanten Pflegedienst ist einiges zu überlegen.

Notfall

Was im Notfall zu tun ist

von Bernd Balloff, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

Mehr als 80 % aller Notfälle ereignen sich im persönlichen Umfeld. ­Wissen Sie, wie Sie sich in einer solchen Situation verhalten sollten?