Mitten auf dem Hof der Staudengärtnerei Becker konnten Besucher am vergangenen Wochenende ein Schaubeet umrunden. Es war in drei Bereiche unterteilt:
- Ein Teil zeigte Stauden aus aller Welt, die bei Insekten als Nektarquelle beliebt sind. Zu sehen waren hier beispielsweise Züchtungen von Duftnesseln, Katzenminze und Karpaten-Glockenblumen.
- Im zweiten Beetabschnitt standen insektenfreundliche Stauden, die in Deutschland heimisch sind, etwa Wiesensalbei, Weiße Waldaster und Fetthenne.
- Der dritte Bereich präsentierte eine Auswahl gebietsheimischer Wildstauden, die typisch für das westdeutsche Tiefland und das untere Weserbergland sind. Hier waren beispielsweise Odermennig, Wilde Möhre und Echter Dost zu sehen.
Mit der Produktion gebietsheimischer Wildstauden betritt der Gartenbaubetrieb in Dinslaken, Kreis Wesel, Neuland. „Wir sind hierbei Projektpartner der Nabu Naturschutzstation Niederrhein, deren Konzept uns überzeugt hat“, erklärte Betriebsleiter Martin Becker. Der Nabu beschafft beispielsweise das gebietsheimische Saatgut und sorgt für Pflanzetiketten und weitere Werbemaßnahmen. Zur jetzt anstehenden Pflanzsaison sind die erst einmal die Großabnehmer des Betriebes gefragt. Werden sie die Wildstauden ordern?
Ökologische Nische im Garten
Im zweiten Schritt kommen die privaten Gartenbesitzer dran. Sie will der Naturschutzbund mit seinem Projekt „Das kleinste Insektenschutzgebiet Deutschlands“ erreichen. Da die Artenvielfalt der Flora in freier Natur sinkt, rücken die Grünzonen rund um die Häuser in den Blick. Hier geht nicht um Kinkerlitzchen, denn: Private Gärten nehmen in Deutschland so viel Fläche ein wie alle Naturschutzgebiete zusammen. Mit einer abwechslungsreichen Bepflanzung stellen die Gärten eine wertvolle ökologische Nische dar. Wer also Platz für Schafgarbe, Natternkopf und Kuckucks-Lichtnelke schafft, deckt den Tisch für Insekten.
Naturschützer finden es wichtig, gebietsheimische Pflanzen zu verwenden – der Fachbegriff dafür ist „autochthone Pflanzen“. Auf diese Futterpflanzen seien die Wildtiere eingestellt, so die Begründung. Der Nabu unterteilt Deutschland für sein Wildstaudenprojekt in 22 Ursprungsregionen. Andere Pflanzenvielfalts-Projekte, etwa „Taudende Gärten – Tausende Arten“ arbeiten mit vier Herkunftsregionen für ganz Deutschland. Schon dieses Beispiel zeigt: Heimat ist auch im Pflanzenreich ein umstrittener Begriff.
Wildstauden sind ausbreitungsfreudig
Für aufgeschlossene Naturliebhaber sind die Wildstauden vom Gärtner auf jeden Fall einen Versuch wert. „Wichtig ist, die Standortansprüche der Pflanzen zu beachten“, mahnt Tim Becker, der Juniorchef in der Dinslakener Staudengärtnerei. Auf den jeweiligen Pflanzenetiketten sind diese Informationen nachzulesen. Außerdem rät der Gärtner dazu, die Wildstauden eher in etwas abgelegenere Gartenbereiche zu setzen. Wenn sich die Wilden wohlfühlen, bilden sie reichlich Samen und breiten sich stark aus.
Der Gartenbaubetrieb Becker kultiviert rund 2000 Staudenarten und -sorten. Dagegen bieten die etwa 30 gebietsheimischen Wildstauden des neuen Nabu-Programms ein recht eng begrenztes Spektrum an Eigenschaften wie Blühzeitpunkt, Wuchshöhe und Blütenfarbe. Entsprechend können die Wildstauden aus Sicht der Staudengärtner eine Ergänzung im Garten sein. Das große Sortiment der Gartenstauden wird aber weiter dominieren. Viele von ihnen nähren zahlreiche Insekten, hat der Bund deutscher Staudengärtner in etlichen Versuchen der vergangenen 20 Jahre ermittelt und in Empfehlungen für Staudenmischpflanzungen umgesetzt.
Lesen Sie mehr: