Eine Überbelegung am Fressplatz geht immer zu Lasten der Futteraufnahme. Kühe, die bis zu 120 % am Fressplatz überbelegt sind, haben bis zu 20 % niedrigere Futteraufnahmen. Eine erhebliche Überbelegung von 142 % reduziert die Fressaktivität, das Ruheverhalten und die Aktivität des Wiederkauens – mit Auswirkungen auf den Pansen pH- Wert. Kühe am überbelegten Fressplatz haben bis zu neun Stunden am Tag pH-Werte von weniger als 5,8. Das ist eine klassische subakute Azidose (SARA).
Management am Futtertisch
Generell gilt: Bei einer Überbelegung von Stall und Fressplatz von 30 %, kommt es zu reduzierten Wiederkauzeiten. Das bedeutet, dass Kühe auf die Überbelegung reagieren, indem sie zwei Stunden weniger wiederkauen und weniger Speichel produzieren. Somit wird der Pansen nicht optimal abgepuffert. Eine Überbelegung am Fressplatz (weniger als 60 cm Fressplatzbreite/Kuh) macht ausbilanzierte Rationen zunichte. Folgen können sein:
- subakute Pansenazidosen,
- reduzierte Futteraufnahme und
- begrenzte Milchleistung sowie -inhaltsstoffe. Denn eine höhere Milchfettsynthese lässt sich zu 65 % aus dem Fressplatzangebot ableiten.
Ähnlich wichtig und in der Praxis leider immer wieder in der Bedeutung unterschätzt ist das Tränkeangebot im Stall. Empfehlungen raten zu 9 bis 10 cm lineare Wasseroberfläche pro Kuh. Gerade bei Tränken spielen Sauberkeit, Erreichbarkeit und Platzierung im Stall eine entscheidende Rolle.
Überbelegung: Folgen für die Gesundheit
Eine Überbelegung im Stall wirkt sich insgesamt negativ auf die Tiergesundheit aus:
Lahmheiten: Kühe stehen mehr. Das wirkt sich negativ auf die Klauengesundheit aus. Die Belegdichte hat zudem Einfluss auf die Sauberkeit der Laufgänge.
Eutergesundheit: Vor allem im Sommer kommt es zu einer erhöhten Mastitisinzidenz. In einem Versuch wurde der Effekt der Belegdichte auf den oxidativen Stress und die Durchlässigkeit der Euterzellen untersucht. Das Fazit: Früh laktierende Kühe mit höherer Belegungsdichte wiesen im Vergleich zu Tieren mit niedriger Belegungsdichte einen höheren oxidativen Stressstatus auf. Das führt zu einer größeren Durchlässigkeit der Euterzellen und damit zu einem größeren Risiko der Eutererkrankung.
Milchleistung: Überbelegung beeinträchtigt die Milchqualität.
Der Milchfettgehalt reduziert sich bei einer Belegdichte von 142 % im Vergleich zu 100 % um etwa 0,2 %. Die Anzahl der somatischen Zellen steigt tendenziell an. Auch die Zahl der klinischen Mastitiden steigt.
Fruchtbarkeit: Es gibt nur wenige Daten über die Auswirkungen der Besatzdichte auf die Reproduktionsleistung. Eine Fressplatzbreite von weniger als 60 cm pro Kuh senkt die Wahrscheinlichkeit einer Trächtigkeit bis zum 150 Tag. Wenn nicht jedes Tier einen Liegeplatz hat, senkt das die Konzeptionsrate um 0,1 % pro 1 % Erhöhung der Belegung. Das bedeutet, wenn statt 1:1 auf 1,5:1 belegt wird, reduziert das die Konzeptionsrate um 5 %. Das Verhältnis schwächt sich etwas ab bei 120 % Belegung auf dann immer noch 2 % niedrigere Konzeptionsraten.
Immunsystem: Eine Überbelegung führt zu signifikant höheren Cortisol-Konzentrationen in Haarproben der Kühe. Das ist ein Hinweis auf Stress beim Tier.
Transitkühe sind besonders empfindlich
Überbelegung wirkt sich insgesamt negativ auf das Liege-, Fress-, Fütterungs- und Sozialverhalten aus. Das Ausmaß dieser Verhaltensänderungen scheint davon abzuhängen, welche Ressource überbelegt bzw. im Mangel ist und wie extrem die Überbelegung ist: Besonders gravierend und schädlich sind Überbelegungen im Liege- und Fressbereich bei Transitkühen. Sowohl die Vorbereitungsgruppe als auch die Abkalber und die Frischmelker leiden besonders. Es kommt zu:
- geringeren Futteraufnahmen,
- „slug feeding“ (schnelles Schlingen von Futter in kürzester Zeit),
- vermehrten Labmagenverlagerungen,
- weniger Milchleistung
- und längeren Standzeiten mit Folgen auf die Klauengesundheit.
Bei Abkalbern führt Überbelegung zu verlängerten Austreibungsphasen, steigender Krankheitsanfälligkeit und reduzierter Milchleistung.
Jede 10 %ige Erhöhung der Besatzdichte über 80 % führt bei Transitkühen zu einem Rückgang der Milchproduktion um 0,73 kg/Tag.
Fazit: Überbelegung
Eine dauerhafte Überbelegung ist also keine Option. Denn sie ist selten nachhaltig rentabel, da sie negativ auf Tiergesundheit und die Leistungsentwicklung wirkt.
Die generelle Empfehlung lautet: Überbelegung vermeiden! Am Fressplatz verhindert sie „entzerrte“ Fresszeiten, sie mindert die Futteraufnahme und steigert aggressives Verhalten der Tiere. Eine Überbelegung, egal ob am Fressplatz oder im Liegebereich in der Transitphase ist ein echtes „no go“.
Die etablierten, vielfach dokumentierten Reaktionen von Überbelegung der melkenden Herde sind:
- Verkürzte Ruhezeiten,
- vermehrtes Stehenbleiben in den Gängen,
- verändertes Fressverhalten,
- SARA,
- Erhöhte Aggression/Vertreiben am Futtertisch
- und sinkender Kuhkomfort.
Das Futtertisch- sowie Fütterungsmanagement muss gewährleisten, dass jede Kuh fünf Stunden Fresszeit realisieren kann.
Empfehlungen für die Praxis
Milchviehhalter sind in der Regel gut beraten, wenn sie folgende Grundsätze bei der Belegung des Stalls einhalten:
- Nie mehr als 115 bis 120 % laktierende Kühe im Vierreiher.
- Höchstens 100 % Belegungsdichte bei altersgemischter Herde.
- Maximal 100 % Belegung im Sechsreiher.
- Fressplatzbreite von mindestens 60 cm pro Kuh einhalten.
- Close-Up und Fresh: Fressplatz ≤ 80 % unterbelegt (bei 76 cm je Fressplatz).
In der Praxis kommt es immer wieder zu Unterschieden zwischen Betrieben bei der Reaktion der Herden auf Überbelegung. Sie sind vermutlich auf die Gesamtheit aller Stressoren in den Betrieben zurückzuführen.
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