Rindfleischmarkt

Hackfleisch beliebter als Edelteile?

Verbraucher greifen seltener zu teuren Teilstücken vom Rind. Dennoch: Die Preise für Schlachtkühe steigen, Jungbullen sind nur knapp verfügbar – sind die Marktaussichten also gut?

Die Notierungen für R3-Jungbullen lagen 2023 in NRW im Schnitt bei 4,78 €/kg Schlachtgewicht. „Allerdings sind bei den Preisen vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) Programmbullen sowie Biotiere bei der Preisberechnung mit einbezogen. Deshalb sind ­diese im Vergleich hoch“, erklärte ­Carina Lutz.

Die Referentin der Landwirtschaftskammer NRW blickt positiv auf den Markt: ­„Aktuell sind Jungbullen knapp. Schlachtunternehmen trauen sich nur noch nicht wirklich, die Preise zu erhöhen.“ Bei den Kühen bewertete sie den Start ins aktuelle Jahr als erfolgreich: Gemischtes Hackfleisch ist im Einzelhandel gefragt und Kühe sind knapp.

Höhere Konzentration in der Schlachtbranche

Insgesamt nahm der Rinder­bestand in Deutschland auch im vergangenen Jahr weiter ab, auf 10,8 Mio. Tiere. Ähnlich ist es bei den Schlachtungen: 2023 wurden in Deutschland 0,2 % weniger Jungbullen geschlachtet, dafür jedoch 0,4 % mehr Kühe. Die Rind- und Kalbfleischerzeugung machte hierzulande rund 14,5 % der gesamten Fleischerzeugung aus. „Rind blieb lange stabil, wird aber jetzt auch etwas weniger gegessen“, fasste Carina Lutz beim Düsser Bullenmastforum am Dienstag vergangener Woche zusammen.

Auffällig ist in ihren Augen die zuneh­mende Konzentration der Schlachtunternehmen: „Die größten zehn Unternehmen schlachten knapp 80 % der Rinder in Deutschland.“ Mit Abstand auf Platz 1 liegt weiterhin Vion Food, gefolgt von Westfleisch, Tönnies, Müller und Danish Crown.

Nachfrage von privaten Haushalten

Nicht nur die Schlachtbranche ist im Wandel, auch die Nachfrage der privaten Haushalte im Lebensmitteleinzelhandel veränderte sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr:

  • Schweinefleisch ist um knapp 9 % teurer geworden. Fast 7 % ­weniger Verbraucher griffen zu den Artikeln.
  • Bei Produkten vom Rind stieg der Preis um mehr als 5 %. Verbraucher kauften es weniger (–3,2 %).
  • Geflügel verteuerte sich um fast 8 %. Dennoch entschieden sich mehr Konsumenten für das Fleisch. „Geflügel ist trotzdem günstiger als Schweine- und Rindfleisch“, erklärte Lutz. Verbraucher seien zunehmend preissensibel.
  • Gemischtes Hack vom Rind und Schwein ist ebenfalls teurer geworden (+4 %), trotzdem griffen 4,5 % mehr private Haushalte zu.

Aktuell entscheiden sich weniger Verbraucher als in anderen Jahre für den Kauf von Edelteilen vom Rind.

EU-Markt

Lutz richtete den Blick vom deutschen Teller auf den europäischen Markt. Der Großteil des nach Deutschland importierten Rindfleisches stammt mit mehr als 42 000 t aus den Niederlanden. „Allerdings ist da auch sehr viel Kalbfleisch bei“, so die Referentin für den Markt.

Österreich und Polen folgen als wichtige Importeure. Aus Irland kamen 2023 rund 9300 t. Bei den Einfuhren haben Drittländer im Vergleich zu den EU-Ländern einen geringen Anteil. Bedeutet: Anders als oft angenommen, ist der Druck aus dem EU-Ausland auf den deutschen Markt größer als der von den Mercosurländern.

Drittländer produzieren mehr

Die Rinderbestände sinken auch in der EU. „Insgesamt gab es 2023 etwa 1,5 % weniger Rinder als 2022“, sagte Lutz. Die Rinderschlachtungen verloren um 4 %, die Rindfleischexporte nahmen um 3 % zu.

Der Trend bei der weltweiten Fleischerzeugung verläuft gegensätzlich: Die Produktion steigt. ­Dabei wird ein Drittel des Rind­fleisches weltweit von den USA, Brasilien, China, Indien und Argentinien produziert. In der EU sind zwar Frankreich und Deutschland entscheidend. Doch in beiden Ländern sinkt die Produktion im zweistelligen Bereich. „Das erzeugen die anderen Länder dann mehr“, ­erklärte die Expertin.

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