Fresseraufzucht

Fresser: Gesund und clever füttern

Milchtränke und Fütterung sind zwei wichtige Stellschrauben für eine erfolgreiche Fresseraufzucht. Worauf zu achten ist, erklären zwei Spezialisten.

Die Kälbergruppen kommen aus vielen verschiedenen Herkünften auf den Fresseraufzuchtbetrieb. Herr Dr. Debletz, wie starten Landwirte am besten mit der Fütterung?

Dr. Eduard Debletz: Die Kälber haben oft eine lange Fahrt hinter sich, bevor sie die Höfe erreichen. ­Einige sind übersäuert. Die meisten haben direkt nach der Ankunft Hunger auf Milch. Um die Übersäuerung zu lindern, empfehlen wir, neben der Milchtränke auch Kälberstroh, Futterkalk und eine Elektrolyttränke anzubieten. Der Futterkalk wird in den ersten drei bis fünf Tagen gut angenommen.

Die zeitnahe Versorgung der Kälber mit einer Milchtränke ist wichtig, da die Tiere so Stress verarbeiten können und der Labmagen gleichzeitig etwas zu tun bekommt. Labmagenentzündungen können so verhindert werden. Ein schonendes und schmackhaftes Kälbermüsli bereitet den Verdauungs­apparat des Kalbes frühzeitig auf festes Futter vor. Denn das Kälbermüsli fördert die frühe Entwicklung der Pansenzotten.

Dr. Waldemar Debletz und Dr. Eduard Debletz. Die Brüder sind Inhaber der Tierarztpraxis BSB in Bersenbrück. (Bildquelle: Schmidtmann)

Was ist bei der Milchtränke zu beachten?

Dr. Waldemar Debletz: Wichtig sind die Tränkekonzentration und die -temperatur. Betriebe mit Milchautomaten sollten diese Parameter regelmäßig kontrollieren. Die Konzentration sollte durch­gehend etwa 12,5 % bzw. 125 g bis 140 g Milchaustauscher (MAT)/l und die Tränketemperatur 38 bis 40 C° betragen. Die Anrührtemperatur und die Anrührzeit sind vom jeweiligen MAT abhängig und werden vom Hersteller angegeben. Die Milchautomaten sollten vor jeder neuen Gruppe gründlich gereinigt, kontrolliert und neu eingestellt werden.

Weiterhin ist es wichtig, dass ausreichend Stationen vorhanden und von den Kälbern gut zu er­reichen sind. Ein stressfreies und ruhiges Antränken sind gut investierte Zeit.

Worauf kommt es bei der Wahl des Milchaustauschers an?

Dr. Eduard Debletz: Wichtig ist, den Kälbern einen hochwertigen MAT zu füttern. Wir raten dazu, insbesondere kleine und gesundheitlich anfällige Tiere mit einem MAT mit 50 % Magermilchanteil zu füttern. Es gibt auch Betriebe, die erfolgreich 30%ige Ware oder Null-Austauscher füttern. Einige Landwirte wechseln den MAT nach drei Wochen von einem hochwertigen zu einem günstigeren Produkt. Idealerweise sollte jedoch kein Wechsel des MAT während der Tränkephase durchgeführt werden.

Rund 6 l/Tag sollten Kälber trinken. Die Qualität des Milchaustauschers ist gerade zu Beginn der Aufzucht entscheidend. (Bildquelle: Lütke Hockenbeck)

Was ist beim Abtränken der Kälber wichtig?

Dr. Waldemar Debletz: Die Kälber erhalten in den Betrieben durchschnittlich 35 bis 42 Tage lang Milch. In den ersten drei Wochen wird die volle Menge Milch (6 l/Tag) getränkt. Danach tränken Landwirte die Tiere über zwei bis drei Wochen schonend ab.

Zum Zeitpunkt des Abtränkens sollten die Kälber bereits 1 kg Kraftfutter aufnehmen. Besonders die Eiweißversorgung gilt es in den ersten Wochen im Blick zu behalten, da es bei einer Überversorgung zu Durchfall kommen kann. Zum Abtränken sollten Fresseraufzüchter den Proteingehalt im Kraftfutter erhöhen. Sonst entsteht ein Defizit.

Kälbermüsli bekommen die Tiere ebenfalls ab Tag 1. Haben Sie Tipps für besonders gutes Müsli?

Dr. Eduard Debletz: Die einzelnen Komponenten sollten zunächst von bester Qualität sein. Gutes Kälbermüsli enthält zum Beispiel Maisflocken, Gerste, Soja, Raps, Leinextraktionsschrot und Mineralfutter.

Wer die Möglichkeit hat, mischt sich seine eigene Kälber-Trocken-TMR. Der Vorteil hierbei ist, dass der Landwirt die genaue Zusammensetzung kennt und die Fütterung den Kälbern individuell anpassen kann. Außerdem sparen diese Betriebe Futterkosten.

Wie viel Stroh sollten die Kälber bekommen? Warum ist es so wichtig in der Ration?

Dr. Waldemar Debletz: Das Stroh ist einerseits wichtig für die frühe Pansenentwicklung und andererseits später entscheidend für die Stabilität der Pansenflora. Am besten eignet sich gemahlenes und entstaubtes Gerstenstroh von guter Qualität. Die kurzen Halme sind pieksig und fördern das Zottenwachstum im Pansen. Zu Beginn sollte der Strohanteil bei etwa 20 % der Ration liegen. Später genügt ein Anteil von 10 % des Kraftfutters (2 kg Kraftfutter, 200 g Stroh).

Die freie Aufnahme von Raufutter ab dem achten Lebenstag wird gesetzlich vorgeschrieben.

Warum füttern viele Betriebe Leinschrot und Glycerin?

Dr. Eduard Debletz: Leinschrot ist gut für die Verdauung. Außerdem schützt es die Darmschleimhaut.

Glycerin ist ein Zucker und verklebt das Futter. Kälber mögen es gerne und haben nicht die Möglichkeit, das Futter zu selektieren. Manche Aufzüchter nutzen lieber Melasse, auch das funktioniert.

Wichtig ist zudem gutes Tränk­wasser. Es ist das günstigste Futtermittel. Wir empfehlen Stadtwasser oder aber, das Brunnenwasser regelmäßig zu beproben. Häufig enthält es zu hohe Eisen- oder Keimgehalte.

Wann können Landwirte am besten mit der Fütterung von Maissilage starten?

Dr. Waldemar Debletz: In den ersten drei Wochen erhalten die Kälber nur Müsli bzw. die Kälber Trocken-TMR. Nach der dritten Woche kann man langsam mit dem Zufüttern der Maissilage beginnen. Dabei reichen zunächst 50 g/Tier/Tag. Nach dem Absetzen der Milch geht es mit etwa 3 kg Silomais weiter. Die fertigen Fresser erhalten je nach TS-Gehalt etwa 8 bis 10 kg.

Landwirte berichten immer wieder, dass mit der Maissilage auch der Durchfall kommt.

Dr. Eduard Debletz: Das stimmt und kann zum Problem werden. Deshalb gibt es auch die Verfechter, die erst nach der Tränkephase anfangen, Maissilage zu füttern. Allerdings gehört auch zur Wahrheit, dass Maissilage ein günstiges Futtermittel ist. Wer bereits im Kälbermüsli Körnermais füttert, macht den Kälbern die Umstellung auf Silomais zumindest leichter. Wichtig ist bei einem frühen Start mit Maissilage:

  • Eine Analyse des Silomais sollte vorliegen.
  • Die Qualität sollte sehr gut sein.
  • Der Anteil in der Ration sollte sehr langsam gesteigert werden.

Wer Durchfallprobleme auf seinem Betrieb hat, sollte Silomais erst nach dem Abtränken füttern.

Also macht es Sinn, den Silohaufen zu beproben?

Dr. Waldemar Debletz: Auf jeden Fall und mehrmals. Die Maissilage muss analysiert und auch auf Schimmelpilze untersucht werden. Gerade Schimmel kann zu akutem Durchfall führen. Auch sollten Landwirte das Maisfeld auf Giftpflanzen absuchen.

Es macht einen Unterschied, ob Landwirte Maissilage aus einem neuen oder alten Haufen füttern. Ein Maissilo vom vergangenen Jahr ist länger durchsiliert. Die Stärke ist schneller abbaubar. Das ist gut kombinierbar mit mehr Körnermais und weniger Getreide im Kraftfutter. Maissilage aus dem aktuellen Jahr hat in der Regel langsamer abbaubare Stärke. Deshalb kann mehr Getreide in die Ration.

Was ist mit dem Management – haben Sie Tipps?

Dr. Eduard Debletz: Wir wünschen uns Vor-Ort-Termine mit den Futtermittelberatern für MAT und Kraftfutter und dem Landwirt. Dabei sieht man sich die Tiere und das Futter an und sucht nach Verbesserungsmöglichkeiten. Das bringt das Management und damit den Betrieb meist entscheidend weiter. Und alle Beteiligten auch, denn keiner kann sich den schwarzen Peter zuschieben.

Mit etwa 200 kg gehen die Kälber dann zum Bullenmäster. Was ist bei der Umstellung wichtig?

Dr. Eduard Debletz: Mäster und Aufzüchter sollten unbedingt die Fütterung abstimmen. Es darf keinen harten Übergang geben. Sonst verlieren die Kälber nicht nur an Zunahmen, sondern fallen sogar in ein Loch und nehmen ab. Das ist kontraproduktiv. Denn der Stallwechsel und eine Futterveränderung bedeuten massiven Stress für Kälber. Das sollte auf keinen Fall gleichzeitig passieren.

Fresserbetrieben raten wir, die Kälber mit 200 kg zu verkaufen. Danach bekommen die Landwirte zu wenig Geld pro kg Mehrgewicht, weil die Fütterung verhältnismäßig zu teuer ist.

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