Mastitis

Wenn Algen das Euter angreifen

Wird bei Kühen eine sogenannte Algenmastitis nachgewiesen, handelt es sich um eine spezielle Form der Euterentzündung. Es gibt keine Therapie.

In einem Betrieb aus unserer Beratungs­praxis fielen einige Kühe mit stark erhöhten Zellzahlen (mehr als 1  000  000/ml Milch) auf. Es wurden Milchproben gezogen und die Kühe dementsprechend antibiotisch behandelt, was aber nicht den erwünschten Erfolg brachte. Erst eine erweiterte Untersuchung der Milchproben brachte die Diagnose: Protothekenmastitis.

Algen mögen es feucht

Prototheken, meist Prototheca zopfii, gehören zu den Algen, die nahezu in jedem feuchten Milieu zu finden sind. In der Stallumgebung (Futtertisch, Tränkebecken, Liegeflächen) können Prototheken häufig nachgewiesen werden.

Um welchen Erreger handelt es sich?
Euterentzündungen sind jedem Milchviehhalter hinlänglich bekannt und kommen in einem Milchvieh­betrieb immer wieder vor. Bereits im Vorgemelk fallen bei einer klinischen Mastitis verändertes Sekret und Flocken in der Milch auf. Zudem können beim Anrüsten und Reinigen stark entzündete oder verhärtete Euterviertel ertastet werden. Auch die Daten der Milchleistungsprüfung liefern eine schnelle Übersicht: Mit dem Zellzahlbericht lassen sich euter­gesunde Tiere und solche mit hohen Zellzahlen, die häufig bereits eine chronische Mastitis haben, sicher identifizieren.
Eine Euterentzündung geht häufig mit Milchleistungsrückgang und auch – in schweren Fällen – mit Schmerzen für die Kuh einher. Ist eine Kuh akut an einer Euterentzündung erkrankt, sollten Viertelgemelks­proben gezogen werden, um die Zellzahl und mögliche Mastitiserreger zu bestimmen. Normalerweise wird dabei hinsichtlich des „normalen“ Erreger­spektrums untersucht, denn 95 % der Mastitiserreger sind Bakterien wie Streptokokken, Staphylokokken, Coryneforme usw. Ein Erregernachweis ist zudem für die Anwendung von Antibiotika erforderlich.

Zu Entzündungen kommt es allerdings erst dann, wenn prädisponierende Faktoren dazukommen, wie eine Abwehrschwäche (zum Beispiel bei hoher Milchleistung) oder eine Primärinfektion mit anderen Mastitiserregern. Somit gilt eine Kuh erst dann, wie im vorliegenden Fall, als infiziert, wenn eine sauber gezogene Milchprobe den eindeutigen Erregernachweis bringt.

Eintragsquellen eliminieren

Sind Prototheken als Entzündungsursache identifiziert, sind mehrere Maßnahmen vorzunehmen:

  • Die Eintragsquelle sollte weit­gehend eliminiert werden; so sind Algenanbildungen an Tränke­becken (grüner Schleim am Rand) durch gründliche Reinigung zu beseitigen. Mitunter bilden sich auch Prototheken um Wasserleitungen herum, um die sich in der heißen Jahreszeit Kondenswasser bildet. Einstreu, die feucht gelagert wird, ist zu beseitigen. Alte Futterreste sollten nicht als Einstreu verwendet werden.
  • Die Fütterung ist zu beleuchten und sollte gegebenenfalls verändert werden: Begünstigend wirken kann besonders stärkereiches Futter wie Kartoffeln und Kartoffelprodukte. Zudem sollte das Futter einen nicht zu hohen Ascheanteil enthalten.
  • Da eine Übertragung des Erregers während des Melkens nicht ausgeschlossen werden kann, sollte eine Zwischendesinfektion der Melkzeuge mit Peressigsäure erfolgen.
  • Eine mögliche Übertragung ist auch durch die Verwendung von Antibiotika aus Flaschen möglich – wenn diese nicht sauber ­gelagert werden und das Medi­kament mit Spritzen aus diesen Flaschen entnommen werden. Auf den Gummistopfen von angebrochenen Antibiotikaflaschen können sich Hefen und Prototheken leicht vermehren. Der Gummistopfen sollte also vor Gebrauch desinfiziert werden, und es sind jedes Mal neue Kanülen und Spritzen zu verwenden.
  • Es gilt, alle infizierten Tiere des Bestan­des zu identifizieren und diese Gruppe als Letzte erst nach den gesunden Tiere zu melken, um eine Übertragung während des Melkvorganges zu verhindern.

Trockene Flächen ein Muss

Mögliche Vorbeugemaßnahmen ergeben sich aus den vermuteten Übertragungswegen:

  • Trockene, saubere Liegeflächen, die generell eine große Bedeutung für eine gute Eutergesundheit haben, sind hier besonders wichtig. Feuchte Flächen im Stall sollten vermieden werden. Bei Tretmistställen ist darauf zu achten, dass die Mistmatte nicht zu dick wird. Die Flächen um die Tränkebecken herum sind trocken zu halten.
  • Eutertherapeutika sollten nicht als Flaschenware, sondern als Injektoren eingebracht werden.
  • Zudem ist es ratsam, die Melkanlage regelmäßig zu überprüfen. Vor allem sollten Milcherzeuger hierbei auf eine ausreichende Temperatur bei der Anlagenreinigung achten – bei Temperaturen über 45 °C ist kein Algenwachstum möglich. Eine Änderung des pH-Wertes der Reinigungsmittel hilft hingegen nicht, denn Algen tolerieren pH-Werte zwischen 2,1 und 10,9.

Keine wirkliche Therapie

Prototheken sind keine Bakterien und somit für Antibiotika unempfindlich. Eine Behandlung im eigent­lichen Sinne gibt es nicht. Da die Tiere die Algen weiter verbreiten, bleibt letztendlich nur die Merzung betroffener Kühe.

In seltenen Fällen sind Spontanheilungen möglich. So kann versucht werden, die Tiere so lange zu melken, bis die betroffenen Viertel keine Flocken mehr zeigen. Anschließend wird das Viertel trockengestellt und gegebenenfalls wird das Tier als Dreistrich weiter gemolken. Es gibt für das Euter zugelassene Enyzympräparate, die unterstützend eingesetzt werden können.

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