Wo der Wolf jagt, wächst der Wald“, lautet ein russisches Sprichwort. Tatsächlich gibt es weniger Wildschäden wie Verbiss-, Fege- oder Schälschäden, sobald der Wolf im „Revier“ ist. Das bringt Vorteile für den Waldbesitzer mit sich – besonders angesichts der Aufforstung klimastabiler Mischwälder. Willkommen darf sich der Wolf im Wald aber dennoch nicht fühlen, weiß Friederike Wolff, Revierförsterin im Forstamt Hochstift und Wolfsberaterin bei Wald und Holz NRW.
Mehr Mischung möglich
Nachweislich beeinflusst der Wolf das Verhalten des Wildes. Durch das Jagdverhalten ist das „wiederkäuende“ Schalenwild, dazu zählen unter anderem Reh-, Rot- und Damwild, in seinem Territorium mehr in Bewegung. Dadurch sinkt der Wilddruck auf kleiner Fläche und es kommt zu weniger Wildschäden im Einzelbestand.
Das könnte langfristig dazu führen, dass sehr „schmackhafte“ Baumarten, wie die Weißtanne oder die Esskastanie, weniger stark verbissen werden – eine abschließende Beurteilung lassen die bisherigen Erfahrungen aber noch nicht zu, urteilt die Försterin.
Durchschnittlich reißt ein Luchs ein Reh pro Woche. Diese Faustregel ist auch auf den Wolf anwendbar, meint die Försterin. Weil der Wolf jedoch Rudel von durchschnittlich zehn Tieren bildet, ist der tatsächliche Nahrungsbedarf entsprechend größer.
Weniger Wild im Wald?
Durch den „Futterbedarf“ des Wolfes sinkt der Wildbestand, weil altes und krankes sowie junges Wild gerissen wird, das sich somit nicht mehr reproduziert. Das Raubtier schafft es also, einen Wildbestand zu begrenzen. Der Wolf ersetzt die Bejagung durch den Menschen aber nicht, denn die Reproduktion von Reh und Co. ist durch das große Äsungsangebot infolge der Landnutzung viel zu groß ist, fasst die Wolfsberaterin zusammen.
Die bevorzugte Beute des Wolfes ist das Rehwild (positiver Nebeneffekt für Rehwildjäger: Durch das Wolfsvorkommen steigt nachweislich das Wildbretgewicht des Rehwildes). Selbst wenn in seinem Revier Rot- und Damwild vorkommen, sind Rehe mit 50 bis 70 % seine klassische Beute, erklärt die Wolfsexpertin. Die Gründe dafür sind verschieden: Zunächst jagt der Wolf die Wildart, die das geringste Verletzungsrisiko verspricht. Darum zählt das Schwarzwild übrigens deutlich seltener zur Beute des Wolfes, trotz des großen Vorkommens. Bereits Überläuferkeiler sind für ihn zu wehrhaft und ein Riss zu riskant. Weil sich Rot- und Damwild rudeln, ist es für den Wolf schwieriger, ein Tier aus der Gruppe zu separieren. Zudem sind die Hirscharten allesamt größer als das heimische Rehwild, ein Riss ist somit aufwendiger. Anders ist es beim Muffelwild. Ähnlich wie Hausschafe reagiert es auf einen Wolfsangriff nicht mit Flucht oder Abwehr. Stattdessen rückt es in der Gruppe immer enger zusammen und erleichtert damit dem Raubtier das „Beutemachen“. Das ist ein Grund, warum der Wolf von Weidetierhaltern kritisch gesehen wird. Außerdem: „Anders als der Luchs tötet der Wolf auf Reserve“, sagt Wolff. Damit folgt er seinem Instinkt, denn in freier Wildbahn ist ungewiss, wann er die nächste Jagdgelegenheit bekommt.
Kritische Wolfskontakte
Der Wolf ist auch im Bereich des Forstamtes Hochstift heimisch. Bei Drückjagden wurde er bereits im Treiben entdeckt. Aus Sicht der Försterin nicht unbedenklich: Denn zunehmend verknüpft der Wolf mit einer Bewegungsjagd „Beute“. Erlegtes Wild wurde schon häufiger vom Wolf gefressen – wie auch Erfahrungen aus Niedersachsen belegen. Eine Gefahr besteht bei Nachsuchen: Weil der Wolf seine Beute verteidigt, sieht er den Jagdhund auf der Schweißfährte tendenziell als Futterkonkurrent und darum als Feind an.
„Entgegen vieler Meinungen ist der Wolf jedoch scheu“, sagt die Försterin und ergänzt: „Von mehr als 120 in Deutschland nachgewiesenen Rudeln sorgen nur wenige für Schlagzeilen.“ Kritisch bewertet die Wolfsberaterin allenfalls die „Jährlinge“, weil sie sehr neugierig sind. Dennoch darf der Wolf nicht lernen, Menschen und Futter in Verbindung zu bringen.