Eigentlich ist es ein unhaltbarer Zustand: der Wisent-Verein hat Ende September die am Rothaarsteig frei laufenden Tiere für herrenlos erklärt und den öffentlich-rechtlichen Vertrag gekündigt. Doch wer kommt für die Schäden auf, die die Wisente weiterhin anrichten? Jüngst hat die Herde den Holzzaun (Hordengatter), den ein Waldbauer im Hochsauerlandkreis (HSK) zum Schutz seiner Kulturpflanzen-Fläche errichtet hatte, laut Bericht der Siegener Zeitung komplett niedergetrampelt. Der Waldbesitzer meldete den Schaden beim Wisent-Verein. Dieser reagierte nicht, dafür aber der Rechtsbeistand des Vereins. Er teilte dem Waldbauern mit, dass sein Mandant (der Verein) seit dem 27. September 2022 nicht mehr verpflichtet sei, Ersatz für die von den frei laufenden Wisenten verursachten Schäden zu leisten. Stattdessen verwies der Jurist den geschädigten Waldbauern an die Untere Naturschutzbehörde des HSK. Der Kreis sei aber „außen vor“, zitiert die Zeitung den Pressesprecher des HSK. Es handele sich um ein Projekt des Wisent-Vereins …
Wer kümmert sich um die Fütterung?
Unterdessen stellt sich im Hinblick auf den bevorstehenden Winter die Frage, wer sich um die Zufütterung der Wisente in den kommenden Monaten kümmert. In der Vergangenheit hatte dies der Wisent-Verein getan. Eine Lenkungsfütterung soll verhindern, dass die Tiere für die Futtersuche weitere Wege als derzeit zurücklegen. Laut Bericht der Tageszeitung „Westfalenpost“ könnte es dadurch zu weiteren Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen kommen. Zudem werden zusätzliche Gefahren etwa im Straßenverkehr befürchtet. Wie die Zeitung weiter meldet, sei der Kreis Siegen-Wittgenstein dabei, eine Lösung für den Winter zu erarbeiten.
Verein bietet Dienstleistung an
Hier bringt sich nun der Wisent-Verein quasi als Dienstleister ins Gespräch. Wenn der Kreis den Verein beauftrage, sei man zusammen mit den Partnern aus der „Wisent-Allianz“, sprich dem Kölner Zoo und der Deutschen Wildtierstiftung, bereit, sich um die Ablenkungsfütterung zu kümmern. Wie die Westfalenpost meldet, werde der Kreis darauf aber nicht eingehen: Man stehe ja auf dem Standpunkt, dass die Vertragskündigung nichtig und damit der Verein ohnehin in der Pflicht sei.
Was sagt das NRW-Umweltministerium?
Jüngst hat sich nun die CDU-Kreistagsfraktion in einem offenen Brief zum Thema „Wisente“ an NRW-Umweltminister Oliver Krischer gewandt. Sie fordert den Grünen-Politiker auf, sich für das Wisentprojekt im Rothaargebirge einzusetzen, berichtet die Westfalenpost. „Wir erbitten von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Krischer, eine Auskunft, wie sich die Haltung des Landes zu dem Artenschutzprojekt tatsächlich darstellt und welche Überlegungen und Vorstellungen bei Ihnen für die zukünftige Entwicklung bestehen“, zitiert die Zeitung aus dem offenen Brief der CDU-Kreistagsfraktion.
Doch Konkretes gab es bislang seitens des NRW-Umweltministeriums nicht dazu. Die Kündigung des Vertrages durch den Wisent-Verein habe vertragsrechtliche, artenschutzrechtliche und finanzielle Fragen aufgeworfen, die es jetzt zu klären gelte, so die Antwort aus Düsseldorf gegenüber der Tageszeitung.
Bleibt zu hoffen, dass es bis zur Klärung der offenen Fragen keine größeren Zwischenfälle im Zusammenhang mit den Wisenten geben wird. Allzu lange Zeit sollte das Ministerium sich dafür nicht nehmen.
Lesen Sie mehr: