Knapp 10 000 ha Schadfläche und nahezu der vollständige Verlust der Fichte im Kreis Soest: So die Bilanz der Waldschäden des Forstamtes Soest-Sauerland, die dessen Leiter Edgar Rüther während der Jahrespressekonferenz zu Beginn der vergangenen Woche zog. Das Schadausmaß ist bundesweit das größte, wie Satellitendaten zeigen. „Ein trauriger erster Platz“, sagte Rüther, der den Blick dennoch nach vorne richtet.
Nur geringer Waldanteil
Das Ausmaß der geschädigten Wälder ist für Edgar Rüther besonders tragisch, denn mit nur 20 % ist der Waldanteil im Kreis Soest ohnehin sehr gering – der Bewaldungsanteil im Forstamtsbereich beträgt 29 %. Der einstige Fichtenanteil von etwa 40 % ist dort vollständig verloren gegangen. Dabei sind die Trocken- und Borkenkäferschäden über den Forstamtsbereich sehr unterschiedlich verteilt – entsprechend der Waldfläche. Denn hier gibt es ein starkes Gefälle von der Kreisstadt Soest mit 1 % Waldanteil zur gut 20 km entfernt süd-östlich gelegenen Stadt Warstein mit einem Waldanteil von mehr als 50 %. Die Waldverluste sind historisch einzigartig, ist sich Rüther sicher: Von ehemals 9,5 Mio. Vorratsfestmetern (Vfm) Fichte im gesamten Forstamtsbereich sind nur noch knapp 2,9 Mio. Vfm übrig. Diese stocken vor allem im Hochsauerland, in den Gemeinden Bestwig, Olsberg und Brilon.
Den häufigen Vorwurf, die Waldbauern haben die Fichte aus Profitgier gepflanzt und das Problem sei hausgemacht, teilt der Forstwissenschaftler nicht. Die Fichtenreinbestände sind vielfach nach den Reparationshieben nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeforstet worden. Das Ziel waren damals kostengünstige Aufforstungen nach bewährter Methode mit verfügbaren Pflanzen für eine hohe Holzproduktion. Denn der Rohstoff Holz war knapp und wurde dringend benötigt, erklärte Rüther.
Sturm erzeugt neue Schäden
Als wäre die Situation noch nicht schlecht genug, haben auch die zurückliegenden Stürme erneute Schäden verursacht. Friedrich Krächter, zuständig für die Privatwaldbetreuung im Forstamt, schätzt die Windwurfschäden auf 51 000 fm. Drei Viertel davon entfallen auf die Fichte. Dabei handelt es sich vor allem um Einzel- und Nesterwürfe, die dem Borkenkäfer neues Brutmaterial bieten und darum schnellstmöglich aufgearbeitet werden müssen. Mit 7500 fm ist auch das Laubholz vergleichsweise stark betroffen. Das betrifft vor allem Buchen entlang offener Bestandesränder. Insgesamt sorgen sich Rüther und Krächter um die Buchen im Regionalforstamt, weil diese ebenfalls durch den Wassermangel der Vorjahre geschwächt sind.
Das restliche Windwurfholz ist Douglasie, Lärche und Kiefer. Sie wurden häufig als Einzelbäume auf den Schadflächen belassen mit dem Ziel, Samen zu bilden. Weil das Stützgefüge des Bestandes aber fehlt, waren Douglasie und Co für den Sturm oftmals „leichte Beute“.
Rüther und sein Stellvertreter hoffen nun auf das vorhandene Samenpotenzial der Laub- und Nadelholzarten im Boden, damit auf den Schadflächen möglichst viel Naturverjüngung entsteht.
Im Fokus der Förster des Regionalforstamtes Soest-Sauerland ist die schnelle Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen.
Wiederbewaldung: „Natural big change“
Positiv ist dabei aus Krächters Sicht: Im Rahmen der „Direkten Förderung“ setzen 13 der 16 forstlichen Zusammenschlüsse im Forstamtsbereich bei der Betreuung weiterhin auf den Landesbetrieb. „Die bis zu 300 Waldbesitzer je Zusammenschluss trotz der Kalamität für uns gewonnen zu haben, ist ein gutes Zeugnis unserer Arbeit“, freute sich Friedrich Krächter.
Mithilfe des Forstamtes lassen sich in dieser „großen Natur-Veränderung“ aus seiner Sicht Abläufe bei der Wiederaufforstung bündeln und vereinfachen. Das zeigt ein Stück weit die bisherige Erfahrung: Im vergangenen Jahr wurden in den betreuten Revieren 160 ha wieder aufgeforstet. In diesem Jahr sind schon 220 ha geplant, sagte Krächter. Wenngleich das angesichts der Gesamtschadfläche eher kleine Schritte sind, führen sie für Rüther in die richtige Richtung.
Denn neben den Arbeitskapazitäten im Forstamt sind derzeit auch Pflanzmaterial und Pflanzer knapp. Koordiniert lassen sich diese knappen Ressourcen aber bestmöglich einsetzen und die Wiederbewaldung beschleunigen, meinte Rüther. Trotzdem wird vielfach die „Unterstützung“ der Natur in Form von Naturverjüngung nötig sein.
Schon gewusst?
- Das Forstamt Soest-Sauerland ist hoheitlich zuständig für 62.800 ha Wald im Kreis Soest und dem nördlichen Hochsauerlandkreis.
- Neben dem betreuten Privatwald zählen unter anderem auch die Kommunalforstbetriebe mit eigenem Forstpersonal der Städte Arnsberg, Brilon, Marsberg, Rüthen und Warstein dazu. Zudem größere Privatforstbetriebe.
- Das Forstamt ist Dienstleister für 13 forstliche Zusammenschlüsse mit insgesamt 16.500 ha Waldfläche.
- Die mittlere Waldbesitzgröße liegt bei 8 bis 10 ha. Aber es gibt auch viel Kleinstprivatwald im Forstamtsbereich.
- Im zurückliegenden Jahr betrug der Holzeinschlag im betreuten Wald kalamitätsbedingt mehr als 380.000 fm. Der nachhaltige Hiebsatz liegt bei rund 90.000 fm.
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