Das Rebhuhn hat in unserer Landschaft eine wechselvolle Geschichte erlebt. Es gibt fossile Nachweise von Rebhühnern aus Mittel- und Westeuropa, als der Mensch noch gar nicht eingewandert war und Graslandschaften von großen, weidenden Pflanzenfressern geschaffen wurden. Auch aus der Steinzeit gibt es Nachweise vom Rebhuhn in Mitteleuropa. Aber erst mit der flächendeckenden Einführung der Landwirtschaft ist der Lebensraum für Rebhühner erheblich gewachsen.
Lebensraum Ackerland
Im Ackerland hatte das Rebhuhn bis vor wenigen Jahrzehnten einen optimalen Lebensraum und kam in enormen Zahlen vor. Das Rebhuhn war überall so häufig, dass es eine beliebte Jagdbeute war – ohne dass die Bestände darunter litten.
Diese Zeiten sind vorbei. Das Rebhuhn ist inzwischen ein Fall für die Rote Liste, wo es als stark gefährdet aufgeführt wird. Nimmt man die Zahlen der Rebhühner aus den 1950er- bis 1970er-Jahren als Ausgangspunkt, haben wir in Deutschland 99 % des Rebhuhnbestandes verloren.
Drei Gründe für den Rückgang
Doch was hat den enormen Einbruch verursacht? Im Wesentlichen sind drei Gründe für den Rückgang verantwortlich.
Weniger Insekten: Bis vor einigen Jahrzehnten reichten dem Rebhuhn die Felder als Lebensraum: Die höchsten Rebhuhndichten waren traditionell in den Börden anzutreffen, die schon immer relativ arm an Strukturen wie Hecken und ungenutzten Flecken waren. Die Felder boten genug, vor allem zur Brutzeit Insekten, die als Eiweißquelle für die Henne wichtig sind, um das riesige Gelege (etwa 10 bis 20 Eier) zu produzieren. Auch für das Überleben der Küken sind Insekten entscheidend, denn sie ernähren sich in ihren ersten Lebenswochen überwiegend von ihnen.
Vor allem die Herbizide hatten einen wichtigen Anteil daran, die Lebensgrundlage für die Insektenvielfalt zu reduzieren. Es gibt große Freilandversuche, die belegen, dass Rebhühner die dreifache Zahl an Küken aufzogen, wo auf den Feldern im Vorgewende keine Herbizide verwendet wurden. Heute ist das Rebhuhn auf pestizidfreie Ausschnitte der Landschaft angewiesen: Sie brüten zum Beispiel in ungenutzten Feldrainen und brauchen bei der Kükenaufzucht Zugang zu insektenreicher Vegetation wie Brachen oder Graswege.
Große Schläge: Früher gab es das kleinräumige Nebeneinander mehrerer Kulturen auf kleineren Feldern. Rebhühner lieben kleinstrukturierte Landschaften. Sie nutzen im Wechsel der Jahreszeiten die verschiedenen Kulturen. Im Winter ist Raps beliebt, im Frühjahr und Sommer Getreide, später Rüben oder der Rand eines Maisfeldes. Auch Sonderkulturen wie Kartoffeln, Erdbeeren oder Gemüse bieten zu bestimmten Jahreszeiten den Feldvögeln gute Bedingungen. Am liebsten haben Rebhühner Ausblick und Deckung gleichzeitig: Im Rücken die Deckung einer hohen Brache und nach vorne der freie Blick, beispielsweise über ein Stoppelfeld.
Beutegreifer: Die Vereinfachung der Landschaft und zunehmende Dichten von Räubern in der Landschaft haben dem Rebhuhn sein drittes Problem geschaffen: Prädation. Die Zahlen aus der Telemetrie belegen: Fast sämtliche Todesfälle werden von Beutegreifern (Prädatoren) verursacht. Der wichtigste Räuber ist dabei der Fuchs. Greifvögel verursachen bei den Hennen nur 20 % der Todesfälle, der Fuchs und andere Raubsäuger wie Hauskatze oder Marder 80 %. Gerade weil das Rebhuhn aus den Feldern in die Randstrukturen der Agrarlandschaft gedrängt wurde, verschärft sich das Problem, denn linienförmige Raine und Hecken lassen sich leicht vom Fuchs absuchen. Die höchste Sterblichkeit haben die Hennen im Sommer: brütend auf dem Gelege sind sie besonders angreifbar. Allein im Juni wird ein Viertel der Hennen gefressen.
Brachen als Rettung?
Ist das Rebhuhn noch zu retten oder ist es in der modernen Agrarlandschaft verloren? Das Rebhuhn kann überleben, aber das erfordert einige Anstrengung. Da wir nicht zu einer Landwirtschaft der 1950er-Jahre zurückkehren wollen, müssen wir andere Wege suchen, um dem Rebhuhn eine Chance zu bieten. Die verpflichtenden Brachen, die seit 2023 eingerichtet werden müssen („GLÖZ 8“), sind diesbezüglich ein wertvoller Hoffnungsschimmer. Sind die Brachen keine schmalen Streifen (Mindestbreite: 20 m), die sich vom Fuchs gut absuchen lassen, können Rebhühner hier brüten und ihre Küken erfolgreich aufziehen. Außerdem sollten sich die Brachen in der offenen Landschaft, nicht an Waldrändern befinden.
Die Agrarumweltmaßnahmen der Bundesländer können dem Rebhuhn ebenfalls etwas bieten. Optimal ist die „Strukturreiche Blühfläche“ des Landes Niedersachsen. Diese Flächen werden alljährlich nur zur Hälfte bestellt, sodass sie nebeneinander die dichte Deckung aus dem Vorjahr und lückige Vegetation auf der neu angesäten Hälfte bieten. Sie bieten so zum Brüten dichtere Vegetation und gleichzeitig im Sommer lichte Bereiche, wo Sonne an den Boden dringt und die Küken sich wärmen können. Allerdings wird eine gewisse Menge an diesen Maßnahmen benötigt, um wieder zu steigenden Rebhuhnbeständen zu kommen. Etwa 7 % der Ackerfläche sollten in rebhuhngerechte Maßnahmen umgewandelt werden.
Und das Prädationsproblem? Eine Studie der Abteilung Naturschutzbiologie an der Universität Göttingen zeigt, dass strukturarme Landschaften das Prädationsrisiko erhöhen. Vereinfacht gesagt: Gibt es nur noch eine Hecke oder einen Grasweg, ist die Chance, dass sich Fuchs und Rebhuhn dort begegnen, höher als in einer abwechslungsreichen Landschaft. Das Problem lässt sich also schon über die Aufwertung der Landschaft entschärfen. Eine Verdoppelung der Strukturen halbiert das Prädationsrisiko. Eine Reduzierung der Prädatoren selbst und verlangt vom Jäger ein erhebliches Engagement. Doch ein intensives Prädatoren-Management hat positive Effekte auf das Rebhuhn. Das belegen Studien aus England.
Bundesweite Rebhuhn-Kartierung 2024 und 2025
Im Rahmen des Projektes „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ findet in diesem und im nächsten Jahr eine bundesweite Rebhuhn-Kartierung statt. Ziel ist es, die Bestände der Feldhuhnart großflächig und repräsentativ zu erfassen. Dieses ehrgeizige Ziel kann jedoch nur durch die Mithilfe freiwilliger Zähler gelingen.
Für die Erfassung wird entlang von knapp 3000 ausgewählten Zählrouten, ergänzend zum jährlichen Rebhuhn-Monitoring im Projekt „Rebhuhn retten – Vielfalt fördern!“ und im Monitoring seltener Brutvögel, die Rebhuhnpopulation einmalig flächendeckend erfasst. Die Ergebnisse sind unter anderem als Grundlage für flächendeckende Untersuchungen von Maßnahmeneffekten auf die Rebhuhnbestände gedacht.
Um Interessierten einen einfachen Einstieg in die bundesweite Rebhuhn-Kartierung zu bieten, wurde eine Mitmachbörse eingerichtet. In dieser ist die Lage der Zählrouten sowie deren Vergabestatus einsehbar, und es können Reservierungsanfragen für die Zählrouten gestellt werden. Weitere Informationen dazu finden Sie hier:
www.wochenblatt.com/kartierung
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