Wir sind nicht mehr nur Wasserentsorger, sondern auch Ökodienstleister.“ Mit diesen Worten brachte es Joachim Weike auf den Punkt, wie sich die Fließgewässerunterhaltung und -entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten verändert , „ökologisiert“ hat. „Früher hatte der ordnungsgemäße Wasserabfluss oberste Priorität bei der Unterhaltung und dem Ausbau von Gewässern“, so der Geschäftsführer des Wasserverbandes Weserniederung (WW) bei einer Veranstaltung des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände Westfalen-Lippe in Petershagen, Kreis Minden-Lübbecke. Doch über die Jahre habe sich die Ansicht geändert, was „ordnungsgemäß“ und „erforderlich“ ist.
Die Sicherstellung des Wasserabflusses sei nach wie vor bedeutsam. Gleichzeitig gelte es jedoch, Gewässerlebensräume zu schonen bzw. zu entwickeln und Gewässerdynamik nach Möglichkeit zuzulassen – und das alles vor dem Hintergrund, unterschiedlichen Nutzungsansprüchen (wie Siedlungsentwässerung oder Interessen der Landwirtschaft) gerecht zu werden, erläuterte Weike.
Er verwies darauf, dass je nach Bundesland und Gewässernetz/-typ (Wassermenge, Gefälle, Nährstoffeintrag, „Bewuchs“) die Aufgabenstellung ganz unterschiedlich sei. „Es gibt nicht den Verband und die Gewässerunterhaltung“, betonte der Experte. Zugleich bestünden durch verschiedene rechtliche Vorgaben (zum Beispiel Wasserrahmenrichtlinie, Landeswassergesetz, Landschafts-, Vogel- und Naturschutzgebiete) zahlreiche Zielkonflikte. Zudem sei Gewässerunterhaltung immer auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz, betonte Weike.
Was nicht planbar sei, sei das Wetter, die Befahrbarkeit von Flächen oder die Erreichbarkeit der Gewässer. Bislang hätten „Uferrandstreifen“ letzteres gut ermöglicht. Doch durch die neue Auflage für Landwirte, den Aufwuchs abzufahren und nicht nur zu mulchen, hätten diese Streifen in der Praxis ihre Bedeutung verloren, bedauerte der Fachmann.
Fakt sei: Maßnahmen an Gewässern seien stets auch ein Eingriff in Lebensräume, und der Einsatz von Schlegelmulchern ende für manches Kleingetier tödlich. Weikes Leitsatz für die Gewässerentwicklung lautet daher: „Machen, was erforderlich ist, aber mutig sein und belassen, was vertretbar ist, und – wo möglich – Vielfalt zulassen.“
- Die Fotos geben Einblicke in die Pflege, Renaturierung und ökologische Aufwertung von Gewässern in der Region.
Einseitige Mahd:
An der Ils, ein in den 1970er-Jahren noch technisch ausgebautes Gewässer östlich von Petershagen-Lahde, wird im Wechsel jeweils nur noch eine Böschungsseite gemäht bzw. gemulcht. Zu den Maßnahmen im Gewässerprofil gehörte der Einbau von Baumstuken als Strömungslenker. Uferabbrüche wurden bewusst initiiert; Weidenstecklinge zur Begrünung gepflanzt.
Vorprofilierung:
An der Ösper befindet sich auf 2 km Länge derzeit eine Großbaustelle. Der Flusslauf wird naturnäher vorprofiliert; den „Rest“ soll das Gewässer selbst machen. Zudem wird das Gelände abgesenkt, um Sekundärauenflächen zu schaffen. Der Einbau von Kies, Eichenpfählen und ganzen Bäumen soll für unterschiedliche Strömungsverhältnisse sorgen. Die Baukosten (rund 465 000 €) und der Grunderwerb werden zu 80 % vom Land gefördert. Jeweils 10 % sind Ersatzgelder bzw. ein Eigenanteil der Stadt Petershagen.
Kiesschüttungen:
Die Gehle springt bei Hochwasser schnell an. Hier wurde ein Anschluss zu einem benachbarten Teich geschaffen. In den Fluss selbst sind Wurzelstuken und Kiesschüttungen eingebaut worden. Sie beeinflussen die Fließgeschwindigkeit. Entstanden sind Kolke, die sich positiv auf die Fischfauna ausgewirkt haben. So erfreut sich der Fischereiverein am neuen Fischreichtum. Gemäht wird im Böschungsbereich fast gar nicht mehr.
Der Verband
Das Verbandsgebiet des Wasserverbandes Weserniederung (WW) wurde 1977 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet und hat seinen Dienstsitz in Petershagen. Er wird hauptamtlich geführt, Geschäftsführer ist Joachim Weike. Hinzu kommen zehn Mitarbeiter. Zudem sind zwei Lohnunternehmen für den Verband tätig.
Der WW trat an die Stelle von ehemals 34 ehrenamtlich geführten Wasser- und Bodenverbänden und übernimmt die Gewässerunterhaltungs- und Ausbaupflicht für die folgenden fünf Kommunen:
- Stadt Petershagen,
- Stadt Minden,
- Gemeinde Hille (Teilfläche),
- Stadt Lübbecke (Teilfläche),
- Stadt Porta Westfalica (nördlich des Wiehengebirges).
Das Tätigkeitsgebiet erstreckt sich über 45 000 ha. Die zu betreuende Gewässerlänge beträgt 880 km, wovon 560 km regelmäßig zu mähen sind. Hinzu kommen 16 km Weserdeich.
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