Bewegt sich jetzt auch die Europäische Kommission? Zumindest regt sie an, den Wolf von der Klasse „streng geschützt“ in die Klasse „geschützt“ zu überführen. Der strenge Schutzstatus in der EU und ihren Mitgliedstaaten beruht auf der Berner Konvention. Die Europäische Union setzt sie mit der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) in EU-Recht um. In der FFH-Richtlinie ist der Schutzstatus von Pflanzen und Tieren in der EU festgelegt.
Mehr Wölfe in der EU
Laut der EU-Kommission ist die Wolfspopulation in der EU während der vergangenen 20 Jahre aber „signifikant gewachsen“. „Aktuell leben über 20 000 Wölfe in der EU und Wolfsrudel in 23 Mitgliedstaaten“, schreibt die oberste EU-Behörde.
Über den Vorschlag der EU-Kommission müssen nun die Mitgliedstaaten entscheiden. Nach einem positiven Urteil würde der Vorschlag an den ständigen Ausschuss der Berner Konvention übermittelt. Im Kreise der Unterzeichner galt die EU bislang als Gegner.
FFH-Richtlinie ändern?
Um den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen, müsste die EU-Kommission vorschlagen, die FFH-Richtlinie zu ändern. „Die Änderung des Status im Rahmen der Berner Konvention ist auch eine Voraussetzung für eine ähnliche Änderung des Status des Wolfes auf EU-Ebene“, heißt es.
Im Anhang IV der FFH-Richtlinie listet die EU die Arten auf, die unter strengen Schutz fallen – so auch der Wolf. Danach sind „alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten“ verboten. Dieses Verbot gilt nicht für Arten, die im Anhang V der Richtlinie aufgeführt sind. Würde die EU den Wolf in den Anhang V der FFH-Richtlinie überführen, würden flexiblere Regeln zur Entnahme gelten. Diese müssen die Mitgliedstaaten jedoch dann auch anwenden. Die aktuellen Vorbereitungen in den Bundesländern könnten dazu passen.
Ein Wendepunkt?
Der Vorsitzende des Agrarausschusses im Europaparlament, Norbert Lins (CDU), wertet den Vorstoß der EU-Kommission als „gutes Zeichen für den ländlichen Raum Europas“ und fordert: „Diesem muss im weiteren Prozess die Anpassung FFH folgen, welche den Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene festlegt.“
Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, bezeichnet den Vorschlag als längst überfälligen Schritt und sieht damit den Einstieg in eine Regulierung des Wolfes für gerechtfertigt. Die Bundesregierung müsse unabhängig von der Änderung der Berner Konvention zudem die Forderung der EU-Kommission umsetzen, alle Spielräume des europäischen Naturschutzrechts zu nutzen, um den Problemen mit dem Wolf zu begegnen. Hierfür sollte sie unverzüglich das europäische Naturschutzrecht vollständig in nationales Recht umsetzen.
Konkrete Vorschläge nötig
Thomas Waitz, grüner EU-Abgeordneter aus Österreich, hält das Herabsetzen des Schutzstatus des Wolfes für unnötig. „Statt billigem Populismus nachzugeben, sollte die Kommission lieber an Lösungen arbeiten, den Bäuerinnen und Bauern dabei zu helfen, sich auf eine friedliche Koexistenz einzustellen.“
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mahnt, dass die Ankündigung nicht zu einem Angriff auf das europäische Artenschutzrecht werden dürfte: „Ich erwarte von der Kommission, nicht nur auf den Wolf zu fokussieren, sondern auch konkrete und zielführende Vorschläge gegen das Artenaussterben vorzulegen. In Zeiten von Klimakrise und Artenaussterben sollte es unser oberstes Ziel sein, unsere Lebensgrundlagen zu bewahren.“
Lesen Sie mehr: