Einblick: EU-Entwaldungsverordnung

Entwaldung (k)ein Thema

Die EU-Entwaldungsverordnung ist für Waldbesitzer hierzulande folgenschwer: Wer künftig Holz verkaufen möchte, dem droht ein riesiges Bürokratiemonster. Und das, obwohl es klare Regeln gibt.

Wald bewirtschaften und Holz verkaufen klingt erst mal simpel. Doch so einfach ist es längst nicht mehr. Zum Schutz vor illegaler Entwaldung oder besser Waldumwandlung legt die EU-Kommission zum Jahresende gehörig nach: Wenn Waldbesitzer künftig Holz verkaufen, müssen sie im Rahmen der EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EU Deforestation Regulation EUDR) einiges nachweisen. Die Waldbesitzerverbände schlagen Alarm.

Gesamter Handel betroffen

Die EUDR hat zum Ziel, den illegalen Holzhandel zu stoppen. Gleichzeitig sollen keine Wälder mehr für die Produktion beispielsweise von Palmöl gerodet werden. Damit sind die Waldbesitzer hierzulande einverstanden. Unabhängig von der EU-Verordnung ist der Rahmen für Kahlschläge und Waldumwandlungen bundesweit ohnehin eng gesteckt. Doch trotz dieser klaren Regeln sind die Waldbesitzer betroffen: „Ab dem 30.12.2024 ändert sich die Holzbereitstellung für deutsche Waldbesitzer grundlegend“, sagt Leon Nau von der AGDW – die Waldbesitzer. Aber was heißt das konkret?

Für Waldbesitzer, die beispielsweise Buchen geerntet haben und verkaufen möchten, reicht dann ein Anruf beim Förster, Holzhändler oder Sägewerk nicht mehr aus. Das Verkaufsverfahren wird deutlich komplizierter: Gemäß dem Artikel 9 der EUDR muss der Waldbesitzer ­bestimmte Dokumentationspflichten erfüllen. Hierzu zählen die schon übliche, exakte Holzmenge und die eingeschlagene Baumart. Künftig allerdings mit wissenschaftlicher Bezeichnung der jeweiligen Gehölze.

Hinzu kommt eine sogenannte Geolokalisierung – das sind GPS-Koordinaten, die angeben, wo genau die Bäume für den Verkauf gefällt wurden. Zuletzt ist noch eine Erklärung nötig, dass bei der Holzernte und der Vermarktung sämtliche Sorgfaltspflichten eingehalten worden sind. Alle Daten muss der Waldeigentümer an eine EU-Datenbank melden. Nur so erhält er die für den Handel erforderliche Referenznummer. Das alles, trotz anerkannten Zertifizierungen wie FSC oder PEFC, umreißt Leon Nau.

Aufwand unverhältnismäßig

Eine Pilotphase, an der 112 Unternehmen teilgenommen haben, wurde Ende Januar dieses Jahres abgeschlossen. Das Ergebnis: starke Systemmängel, fasst Nau zusammen. Die Daten mussten zum Teil händisch eingegeben werden, weil sie elektronisch nicht verarbeitet werden konnten. Ob die EU das System bis Dezember scharf stellen kann? Aus Sicht der AGDW unmöglich.

Und der Verband kritisiert noch mehr: Die Geolokalisierung muss bis zu 4 ha Waldbesitz per Punktkoordinate erfolgen. Über 4 ha Waldbesitzgröße muss jedes Grundstück per Polygonzug erfasst werden. Für die Geolokalisierung gibt es bisher aber keine konkreten Vorgaben, die unter anderem beschreiben, welche Geräte für die Erhebung der GPS-Koordinaten erlaubt sind.

Die gute Nachricht: Das Geo-Tracking per Mobiltelefon wird wohl ausreichen, schrieb uns das Bundeslandwirtschaftsministerium auf Nachfrage. Aber insgesamt fehlen wesentliche Leitlinien, wenn die Waldbesitzer ab Jahresbeginn nur noch unter Voraussetzung einer EU-Referenznummer Holz verkaufen dürfen. Deshalb fordert die AGDW eine Revision der Verordnung, um die Verhältnismäßigkeit und Praxistauglichkeit der Verordnung zu wahren.

EUDR unabwendbar

Die EU-Kommission hält an der jetzigen Form der Entwaldungsverordnung fest. Obwohl das Bundeslandwirtschaftsministerium lange Zeit davon ausging, die Regelung betrifft nur Holzimporte aus nicht EU-Staaten. Fakt ist: Der gesamte Binnenmarkt ist inbegriffen. Die Waldbesitzerverbände befürchten damit den Ausschluss des Kleinprivatwaldes vom Holzmarkt. Der Aufwand, wenige Festmeter zu verkaufen, übersteigt den Ertrag.

Wenngleich das Nutzerportal kostenlos sein soll, entsteht nicht zuletzt für die Sorgfaltserklärung ein enormer Aufwand. Unklar ist, inwieweit diese und damit die Erhebung der Referenznummern auf den Revierförster oder die Holzvermarktungsorganisation übertragbar ist.

"Besonders in Zeiten des Klimawandels ist der Rohstoff Holz ein entscheidender Schlüssel zum Klimaschutz. Mit der EUDR droht dem Kleinprivatwaldbesitz jedoch die kalte Stilllegung, obwohl dort große Holzvorräte schlummern“, kritisiert die AGDW. Daher fordert der Verband keine Sorgfaltspflicht für Betriebe aus Mitgliedstaaten, in ­denen binnen der vergangenen zehn Jahre nachweislich keine Entwaldung und Waldschädigung im Sinne der Verordnung stattgefunden hat.

Dazu ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums: „Für die Primärerzeugung von relevanten Rohstoffen in der EU und damit auch für den Kleinprivatwaldbesitzer sieht die Verordnung deutliche Erleichterungen bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten vor. Grund dafür ist, dass der Primärerzeugung in diesem Fall keine Lieferkette vorausgeht, die es zu bewerten gilt. Damit kann die Sorgfaltspflicht auf die Abgabe einer Sorgfaltserklärung im EU-­Informationssystem beschränkt werden. Die Verordnung schafft keine zusätzlichen Berichts- und – mit Ausnahme der Geolokalisierung – keine zusätzlichen Dokumentationspflichten für die Kleinprivatwaldbesitzer in Deutschland.“

Zur Unterstützung der Wald­besitzer arbeitet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) an Lösungswegen für die praktikable Anwendung der Verordnung, heißt es.
Bisher ist weiterhin unklar, wie die Verordnung konkret anzuwenden ist und wo die ­Verordnung beim Verkaufsprozess ansetzt. Das betrifft besonders die unterschiedlichen Holzvermarktungsorganisationen des Kleinprivatwaldes.


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