Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Wald intensiver denn je Ort für Bewegung und Erholung. Darum nehmen auch immer mehr Bundesbürger den kritischen Zustand des Waldes wahr. Extreme Dürre- und Hitzeperioden, massiver Borkenkäferbefall, Stürme und Waldbrände haben den Wald in den zurückliegenden Jahren dramatisch geschädigt. Kurzum: Die Folgen des Klimawandels treffen den Wald mit voller Wucht. Die Zukunftssicherung des Waldes betrifft nicht nur die Waldbesitzer, sondern die gesamte Gesellschaft. Deshalb setzten die Deutschen Waldtage 2020, initiiert vom Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Deutschen Forstwirtschaftsrat, bewusst auf den Dialog zwischen allen „Waldakteuren“.
Wald im Dauerstress
In Bad Honnef (Rhein-Sieg-Kreis) ging es für eine Gruppe interessierter Bürger auf die Höhen des Siebengebirges, um sich oberhalb des Rheins die großflächig abgestorbenen Fichten anzusehen: Etwas mehr als zwei Drittel des 1200 ha großen Stadtwaldes sind mit Fichte bestockt. Die Hälfte davon sind vom Borkenkäfer befallen – 72 ha sind frisch befallen und müssen vorrangig abgeräumt werden, damit sich der Borkenkäfer nicht noch weiter ausbreiten kann, berichtete Forstwirt Martin Siemes, Betreuer des Stadtwaldes Bad Honnef.
Siemes hat wenig Hoffnung, dass die restlichen Fichtenbestände erhalten werden können. An einer rund 70 Jahre alten, toten Fichte schlug der Forstwirt mit einem Schäleisen die Rinde vom Stamm und zeigte den Buchdrucker „bei der Arbeit“. Eigentlich verfügen Fichten über einen natürlichen Abwehrmechanismus – den Harzfluss. Bedingt durch Hitze und Trockenheit bilden die Bäume aber kaum noch Harz, sodass sie den massiven Befall nicht mehr abwehren können. Das Käferholz wird nun mithilfe von Harverstern geborgen, um Buchdrucker und Kupferstecher die Lebensgrundlage zu entziehen.
Käferkrise: Wirtschaftswald noch sinnvoll?
Schon an der ersten Station wurde kritisch hinterfragt, ob denn auch künftig ein Wirtschaftswald sinnvoll ist. Schließlich könne man die Natur auch sich selbst überlassen, meinte ein Waldbesucher. Allerdings wird der nachwachsende Rohstoff weiterhin gebraucht. Zudem ist es besser, Holz in Deutschland unter hohen Umwelt- und Sozialstandards zu produzieren, als es aus anderen Ländern zu importieren, argumentierte Siemes.
Anschließend zeigte er typische Merkmale eines Borkenkäferbefalls: Bohrmehl am Stamm, ein grüner Nadelteppich am Boden sowie Spechtabschläge. Hier sensibilisierte Siemes für die zunehmende Gefahr von Waldbränden, die durch die enorme Masse an trockenem Totholz entsteht.
Die Feuerwehr erarbeitet aktuell Einsatzpläne, um auf diese neue Herausforderung reagieren zu können, erklärte Bad Honnefs Wehrleiter Frank Brodeßer. Dabei müssten auch Löschteiche, die oft in den 1970ern angelegt wurden und mittlerweile verlandet sind, reaktiviert werden. Das stoße aber auf Widerspruch beim Naturschutz, da diese Tümpel mittlerweile Biotope sind und vielen Arten Lebensraum bieten. Brodeßer ergänzte, dass die Feuerwehr bei der frühzeitigen Erkennung der Brände auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen sei.
Mischwald erfordert angepasste Wildbestände
An einer Anpflanzung aus Stieleichen und Hainbuchen sowie einzelnen Kirschen zeigte Siemes den Einfluss des Wildes auf den Wald. Siemes schützt seine im Trupp gepflanzten Heister mit einem Verbissschutz auf Schafsfettbasis, was augenscheinlich gut funktioniert. In den unbepflanzten Zwischenräumen lässt er Pionierpflanzen wie Birke, Vogelkirsche, Flatterulme und Ebersche wachsen.
Trotz Verbissschutz muss das Rehwild durch die Jagd reduziert werden, um auch seltenen Mischbaumarten eine Chance zu geben.
Die Veranstaltung verdeutlichte das Interesse der Bevölkerung am Wald, wenngleich wenig Fachwissen, dafür aber viele romantische Vorstellungen vorhanden sind – vor allem vom sich selbst überlassenen Wald.