Die Politik hat zuletzt die Vorgaben zum Abschuss von Wölfen gelockert: Überwindet ein Tier mehrmals Herdenschutzzäune und reißt in kurzen Abständen in einer Region mehrfach Nutztiere, darf es geschossen werden.
Wiederholt bei Rissen nachgewiesen
Genau diese Kriterien erfüllt die Wölfin „Gloria“, offiziell „GW954f“. Nachweislich hat die Wölfin aus dem Wolfsgebiet Schermbeck in den vergangenen Jahren immer wieder intakte, der Förderrichtlinie Wolf entsprechenden Herdenschutzzäune über 1,20 m überwunden und Weidetiere gerissen. Das geht aus einer Landtagsvorlage vom 8. November 2023 hervor. Besonders auffällig war die Wolfsfähe aber in den vergangenen Wochen.
Allein in der Zeit vom 27. September 2023 bis 24. Oktober 2023 konnte die Wölfin genetisch sechsmal bei Nutztierrissen nachgewiesen werden, berichtete das Landesumweltamt (LANUV) vergangene Woche. Alle Fälle ereigneten sich nördlich der Lippe im Bereich des Dämmerwalds. „Vor diesem Hintergrund sind von diesem Tier weitere erhebliche wirtschaftliche Schäden zu erwarten. Deshalb erarbeitet die Landesregierung zusammen mit dem zuständigen Kreis Wesel die Grundlagen für die Prüfung einer Entnahme des Wolfes“, teilt ein Sprecher des Umweltministeriums mit.
Kein pauschaler Abschuss
Eine pauschale Abschussmöglichkeit sei rechtlich nicht möglich. Details zum weiteren Prozedere beim Abschuss nannte der Sprecher nicht. Vermutlich sind diese noch strittig. Denn weder die privaten noch die Berufsjäger in NRW werden den Abschuss vornehmen, solange der Wolf dem Naturschutzrecht unterliegt, betont ein Sprecher der Jägerschaft und begründet: „Weil wir keine Rechtssicherheit haben.“
Geteiltes Echo auf Pläne
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) begrüßt, dass das Land NRW den Abschuss prüft. „Nur mit einer angemessenen Kontrolle der Wolfsbestände und deren Regulierung ist künftig ein Nebeneinander von Weidetierhaltung und Wolf möglich“, sagt Präsident Hubertus Beringmeier.
Der BUND NRW sieht das anders. „Die Diskussion um die Wölfin Gloria ist vor Gericht bereits ausführlich geklärt worden“, so der Vorsitzende Holger Sticht. Der Verein fordert eine transparente Darlegung der Umstände durch das zuständige Landesamt. Die rechtlichen Grundlagen für eine Tötung der Wölfin seien nicht gegeben.
Außerdem startete nach Bekanntgabe der Landespläne eine Online-Petition. Bereits mehr als 36 .700 Unterschriften sind eingegangen (Stand: 24.11.23). Auf der Startseite schrieb der Initiator Leon Welling zunächst: „In Deutschland gibt es nur etwa 600 Wölfe, was ihre Erhaltung umso wichtiger macht.“ Diese Zahl entspricht nicht dem aktuellen Stand.
Schätzungsweise 1900 Wölfe in Deutschland
Allein in Niedersachsen sind es laut Umweltministerium in 55 Territorien derzeit bis zu 500 Wölfe. Deutschlandweit gibt es nach offiziellen Angaben im Monitoringsjahr 2022/2023 47 Paare, 22 territoriale Einzeltiere und 184 bestätigte Rudel. Wobei ein Rudel aus zwei Elterntieren und dem Nachwuchs aus zwei Jahrgängen besteht; Experten gehen von acht bis zwölf Tieren pro Rudel aus. Im Schnitt mit zehn Tieren pro Rudel gerechnet, sind es in Deutschland rund 1900 Wölfe. In NRW leben in fünf bestätigten Wolfsterritorien rund 1 % des deutschlandweiten Wolfsbestands.
Welling korrigierte seine Angabe inzwischen auf 1300.
Lesen Sie mehr: