Die Bauernproteste der vergangenen Monate sind die Folge eines schmerzhaften Spagates der heimischen Landwirte zwischen Wunsch und Wirklichkeit findet Georg Geuecke. Darüber müsse mit Politik und Bevölkerung dringend diskutiert werden, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes Rind und Schwein (BRS) in der vergangenen Woche bei einer Fachtagung in Leipzig.
Schließlich gefährdet der Zielkonfikt zwischen ständig steigenden gesellschaftspolitischen Erwartungen auf der einen Seite (Wunsch) und unternehmerischen Notwendigkeiten auf der anderen (Wirklichkeit) die Zukunft der heimischen Landwirtschaft und überdies Deutschlands Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln.
Bei der Fachtagung diskutierten daher rund 200 Branchenvertreter mit Georg Geuecke sowie Dr. Nora Hammer und Stephan Schneider vom BRS über Lösungswege aus dem oben skizzierten Dilemma. Schließlich warten vor allem die Hofnachfolgerinnen und Hofnachfolger auf ein schlüssiges Gesamtkonzept für den allseits geforderten Umbau der Tierhaltung – inklusive der Finanzierung.
Was die rechtlichen Anforderungen an die Tierhaltung angeht, fallen die Grundsatzentscheidungen in der Regel in Brüssel. Folgerichtig war die belgische Hauptstadt mit dem Sitz von EU-Parlament und Kommission kürzlich das Ziel massiver Bauerndemonstrationen.
Ob diese allerdings ein Umdenken oder gar einen Kurswechsel bewirkt haben, wurde von Dr. Hans-Peter Schons bezweifelt. Die Proteste haben die Agrarthemen zwar deutlicher in das öffentliche Interesse gerückt, so der Brüssel-Korrespondent der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter.
Und die Politik zeige sich bereit, an einigen kleineren Stellschrauben wie dem Bürokratieabbau zu drehgen. Die großen Risiken für die Tierhalter bleiben jedoch ungelöst:
- Viele Politiker fordern weiterhin eine signifikante Verringerung von Produktion und Konsum tierischer Erzeugnisse bis hin zu einer Halbierung der Tierbestände.
- Außerdem gebe es (noch) keine Bereitschaft, die Krisenreserve deutlich aufzustocken. Das aber wäre angesichts der zu erwarteten Zunahme von „Klimaschäden“ an Pflanzen und Tieren dringend geboten.
Die zunehmende Entfremdung von Landwirten und (städtischer) Bevölkerung macht die Diskussion jedoch nicht einfacher. Der Soziologe Dr. Daniel Kofahl beispielsweise berichtete aus einer Studie des Forums Moderne Landwirtschaft, dass 47 % der Befragten aus Berlin angaben, noch nie mit einem Landwirt Kontakt gehabt zu haben.
Umso wichtiger scheint es, bei der Information und Aufklärung der Bevölkerung Verbündete zu finden. Das könnten zumindest in Teilbereichen die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) sein, erklärte BVE-Öffentlichkeitsmann Oliver Numrich.
Die vielfach mittelständisch geprägten Mitgliedsunternehmen haben nämlich auch ein Interesse daran, dass die Menschen weiter selbst entscheiden dürfen, ob und wieviel tierische Lebensmittel sie verzehren. Der Verband wehrt sich daher aktuell mit Kampagnen wie „www.lieber-mündig.de“ gegen eine Bevormundung beim Essen und gegen Werbeverbote für Lebensmittel.
Bei Wahlen zum BRS-Vorstand schieden Sabine Mühlbach und Paul Hegemann aus dem Gremium aus. Neuer stellvertretender Vorsitzender ist jetzt Jürgen Langreder, neu im Vorstand sind die Landwirte Sebastian Gumtz und Jürgen Albers sowie Peter Kaindl als Vertreter der Landeskontrollverbände.
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