Auf manchen Höfen haben mehrere Kinder eine landwirtschaftliche Ausbildung und möchten auf dem Hof einsteigen.
Die Zusammenarbeit von Geschwistern hat Vorteile, aber es ist auch einiges zu beachten - abgesehen von der nordwestdeutschen Höfeordnung:
- In Zeiten des Fachkräftemangels in der Landwirtschaft setzen sich zwei oder mehr qualifizierte Personen für den Hof ein. Oft kommt es nicht auf eine Überstunde an, denn sie wird letztlich zum eigenen Profit.
- Die Familienmitglieder kennen sich genau und vertrauen sich.
- Sie haben ähnliche Werte und Vorstellungen vom Betrieb und in welchem Tempo und in welche Richtung er sich entwickeln soll.
- Geschwister sind nicht allein mit wichtigen Entscheidungen. Sie können sich beraten.
Die menschliche Seite ist wichtig
Bei einer Zusammenarbeit von Familienmitgliedern gibt es auch einige Dinge zu bedenken und zu regeln, damit es gut läuft. Neben dem betriebswirtschaftlichen Bereich darf die menschliche Seite nicht vergessen werden. Denn sie macht das Zusammenleben aus.
Jutta Lütkenhaus von der Landwirtschaftskammer NRW gibt einige Hinweise. Die Agraringeniuerin hat sich zur Mediatorin weitergebildet. Sie berät Familien in Konflikten, aber auch in Situationen, in denen Persönliches die betriebliche Situation zum Stocken bringt oder in denen der Blick eines Fachmanns von außen die Beteiligten wieder ins Handeln bringt.
Zentrale Rolle der Eltern
Bei der Entscheidung, wie es auf dem Hof weiter geht, haben die Eltern eine entscheidende Position. Sie bestimmen letztlich, welches Kind den Hof erbt. Interessieren sich mehrere Kinder, sollten sie früh signalisieren, dass der Hof nur an einen geht und an wem, oder dass sie offen sind für neue Ideen. Natürlich ist es nicht leicht, einem Kind zu vermitteln, dass es sein Leben außerhalb des Hofes gestalten muss. Aber ein Konkurrenzkampf um den Betrieb beeinträchtigt das Familienklima und lähmt.
Hilfe beim Finden des passenden Wegs
Bei Diskussionen um die Hofnachfolge kann ein Mediator unterstützen und Entscheidungen sogar beschleunigen. Mediatoren sind Profis in Gesprächsführung. Sie arbeiten mit allen Beteiligten heraus, wie sich jeder seine Zukunft vorstellt und wie Lösungen für die Hofübernahme aussehen können. Die Familie geht oft gestärkt in Gespräche mit Steuer- und Rechtsberatung.
Gefühlte Gerechtigkeit
Ganz gerecht ist eine Hofübergabe selten. Wenn der Hof nach Höfeordnung übergeben wird, hat derjenige, der im Grundbuch steht, ein großes Vermögen, mitunter auch hohe Schulden und oft mehr Verantwortung. Meistens kümmert er sich auch um die Altenteilsleistungen für die Eltern. Doch durch die getroffenen Vereinbarungen, etwa wenn Geschwister in den Hof einsteigen, sollte es sowohl beim Gestalten des Betriebskonzepts als auch bei der Abfindung der weichenden Erben eine gefühlte Gerechtigkeit geben.
Verträge machen
Auch wenn Geschwister sich vertrauen, reichen mündliche Absprachen nicht. Schriftliche Verträge sind unerlässlich – am besten wie unter Fremden. In ihnen ist alles Wichtige zu regeln, etwa Verantwortungsbereiche, Arbeitsverpflichtungen, Arbeitszeit und Entscheidungskompetenzen. So lassen sich in guten Zeiten Handlungsabläufe festlegen, falls es zu einer Krise kommt oder gar einer die Zusammenarbeit beenden möchte.
Streitkultur einüben
Viele kleine Konflikte entladen sich irgendwann in einem großen Streit. Um dies zu vermeiden, ist eine gute Gesprächskultur wichtig. Fachleute empfehlen, in einer wöchentlichen kurzen Konferenz alles Betriebliche zu besprechen und auch das, was persönlich nervt, etwa nicht richtig wegsortierte Lieferscheine. Die Kompromisse schriftlich festhalten, darauf kann sich später jeder beziehen.
Jeder braucht Privatspähre
Wenn Geschwister einen Hof zusammen bewirtschaften, ist zu bedenken, dass sich Privates und Betriebliches leicht mischt. Rückzugsorte sind notwendig, um Abstand zu bekommen. In Gesprächen in der Familien, sollte sich jeder klar machen: Welche Rolle habe ich gerade? Reden wir als gleichberechtigte Betriebsleiter oder bin ich der kleine Bruder?
Wenn Partner dazukommen
Das ausgelotete Familiensystem kann ins Wanken geraten, wenn zur Betriebsleiterin oder zum Betriebsleiter ein Partner oder eine Partnerin kommen. Diese bringen neue Wertvorstellungen mit oder hinterfragen Abläufe. Das muss nicht negativ sein, aber es macht neue Absprachen erforderlich, etwa wenn die Arbeits- und Urlaubszeiten auf dem Hof nicht gleich verteilt erscheinen.
"Bei allem hilft nur reden, reden und reden; lieber zu viel als zu wenig und dabei die Gefühle nicht ausklammern", rät Jutta Lütkenhaus. Wer im Austausch ist, dem gelingt das Zusammenleben und -wirtschaften auf einem Bauernhof mit mehreren Familien leichter.
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