In unseren Breiten herrschte selten Wassermangel, oft kämpften die Bauern mit vernässten Feldern und verregneten Ernten. „Sonnenjahre waren stets gute Jahre für unsere Bauern im Münsterland“, hieß es.
Heute, 40 Jahre später, sieht es anders aus. Die Landwirte freuen sich über jeden Regenschauer, der im Frühjahr niedergeht. Die drei Trockenjahre 2018, 2019 und 2020 haben dazu geführt, dass die Grundwasserstände in NRW gesunken sind. „Normalerweise fallen im Münsterland 720 bis 750 mm Regen pro Jahr,“ sagt Markus Linnemann, „obwohl es in diesem Frühjahr gut geregnet hat, fehlen immer noch 150 bis 200 mm im Untergrund für die Grundwasserneubildung.“
Der staatlich geprüfte Umweltschutztechniker ist bei der Wasserversorgung Beckum GmbH (WVB) zuständig für den Bereich „Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz“. Die WVB beliefert direkt rund 135 000 Haushalte und Gewerbebetriebe in den Kreisen Warendorf, Soest und Gütersloh mit Trinkwasser.
2020 hat der Versorger etwa 12 Mio. m³ Trinkwasser verkauft. Rund die Hälfte, 5,9 Mio. m³, liefert das Grundwasserwerk in Vohren bei Warendorf. „Das Werk ist unser Rückgrat. Den Wasserschatz müssen wir hüten und erhalten,“ sagt WVB-Geschäftsführer Andreas Becker.
Großes Wasserschutzgebiet
2011 hat die Bezirksregierung Münster der WBV ein neues Wasserrecht in Vohren über 5,92 Mio. m³ für 30 Jahre (bis 2041) bewilligt. Drei Jahre später, 2014, hat die Bezirksregierung das Wasserschutzgebiet in Vohren/Dackmar mit den vier Zonen (I, II sowie IIIa und IIIb) für 40 Jahre neu ausgewiesen. Es umfasst jetzt 2600 ha.
Die Flächen liegen rechts und links der Ems und reichen bis nach Greffen. Die Böden sind sandig bis schwach lehmig und werden überwiegend als Acker oder Grünland genutzt. „Die Zonen in einem Wasserschutzgebiet sollen das Rohwasser schützen. Die Brunnen sind dabei in der Grundwasserfließrichtung zum Hauptvorfluter, hier der Ems, angeordnet,“ erklärt Linnemann.
In Vohren wird das Grundwasser aus sieben Horizontal- und fünf Vertikalfilterbrunnen aus Tiefen von 10 bis 25 m aus den Niederterrassensanden der Ur-Ems-Rinne gepumpt. Das vom Zufluss der Ems und von Regen gespeiste Grundwasser reichert sich beim Durchsickern der Bodenpassage mit gelösten Eisen- und Manganverbindungen an. In drei Schritten wird das Rohwasser im Wasserwerk aufbereitet, bevor es in das Leitungsnetz gelangt.
Seit 1991 sind die WBV Mitglied der kreisweiten Wasserkooperation. In Vohren/Dackmar machen nahezu alle Landwirte mit. Die Wasserberater der Landwirtschaftskammer (LWK) NRW erstellen für die Landwirte Düngepläne.
Nitratwerte sind gesunken
Mit einem „Spezialpaket“ versucht die Kooperation, auf ausgewiesenen Flächen auf freiwilliger Basis und gegen Ausgleich die Stickstoffgehalte in den Böden auf kleiner 120 kg/ha zu reduzieren, um Nitratauswaschungen ins Grundwasser zu vermeiden. Zwar kostet der Wasserschutz der WVB viel Geld (2020: 300 000 €).
Doch langfristig gesehen sei das eine gute Investition, sagt Becker. Vor 30 Jahren lagen die Nitratwerte in den zwölf Brunnen im Schnitt bei 20 mg/l Wasser. Seit dieser Zeit sind die Werte laut Linnemann auf aktuell 11 bis 12 mg/l gesunken. Doch nach wie vor gebe es Ausreißer.
„Es finden Verlagerungsprozesse im Boden statt, die wir nicht beeinflussen können. Bis zu 30 Jahre kann es dauern, bis Regenwasser, das am Rand der Schutzzone III versickert, in den Brunnen ankommt.“ Weil das Rohwasser aus allen zwölf Brunnen im Wasserwerk vermischt wird, kann der Versorger zu jeder Zeit den in der Trinkwasserverordnung festgelegten Grenzwert von 50 mg/l für das Nitrat sicher einhalten.
Blick in die Zukunft
Wie beurteilen Linnemann und Becker die Zukunft der WBV mit Blick auf den Klimawandel, der längst Realität geworden ist?
Die WVB verkauft aktuell 12 Mio. m³ Trinkwasser. Davon kommen 46 % aus dem Wasserwerk Vohren, das Wasserrecht wird zu fast 100 % genutzt. 16 % des Wassers liefert die Aabach-Talsperre bei Bad Wünnenberg, an der die WVB beteiligt ist. Das restliche Wasser (38 %) bezieht die WVB aus dem Wasserwerk Echthausen an der Ruhr (Gelsenwasser AG).
Die Aabach-Talsperre liefert immer weniger Wasser, weil auch im Kreis Paderborn die Niederschläge ausbleiben. Das WBV-Kontingent von 2,3 Mio. m³ wurde zuletzt auf bis zu 1,8 Mio. m³ gekürzt.
Andererseits steigt der Wasserverbrauch – seit 2017 von 10 Mio. m³ auf 12 Mio.m³/Jahr. „Die Hausbesitzer bewässern ihren Rasen und schaffen sich Pools an, die sie mit Wasser aus der Leitung befüllen,“ hat Becker beobachtet.
Der steigende Wasserbedarf rührt auch daher, dass ländliche Haushalte ihre Eigenversorgung wegen Wassermangel aufgeben und den Anschluss ans öffentliche Netz beantragen. Der Anschluss kostet im Schnitt 8 000 bis 12 000 €, je nach Länge der Wasserleitung bis zum Hausanschluss.
Im Hochsommer wachsen die Spitzenbedarfe. Die WVB liefern an heißen Tagen bis zu 51 000 m³ täglich, entsprechend groß müssen die Leitungen sein. Die Kehrseite: Im Winter fließt oft zu wenig Wasser durch die Leitungen. Um Verkeimung zu vermeiden, müssen die Leitungen gespült werden.
Die WVB darf nur so viel Grundwasser entnehmen, wie die Natur nachliefert. Die Grundwasserflurabstände betragen in Vohren/Dackmar je nach Bodentyp 2 bis 3 m, auf höher gelegenen Flächen 4 bis 5 m.
An etwa 300 Messstellen lesen die WVB-Mitarbeiter jeden Monat die Grundwasserstände ab und meldet sie der Bezirksregierung. Zudem muss der Versorger monatlich die geförderten Wassermengen melden.
Eine Gutachterkommission berechnet anhand der aus den Grundwasserständen ermittelten Grundwassergleichenpläne und -differenzenpläne die Ertragsverluste, die Landwirte auf Flächen im Schutzgebiet infolge der förderbedingten Grundwasserabsenkung erleiden. Die Verluste muss die WVB entschädigen.
Fazit und Ausblick
Andreas Becker und Markus Linnemann beobachten den Klimawandel durchaus mit Sorge. Fraglich ist etwa, ob die künftigen Niederschläge im Herbst/Winter die Defizite der Sommermonate ausgleichen können. Die WVB-Akteure warnen freilich auch vor Panik. Es drohe kein Kampf ums Trinkwasser, derzeit sei die Versorgung gesichert. Allerdings müsse man das kostbare Gut Trinkwasser in Zukunft möglichst effizient einsetzen. Becker: „Bei uns kostet der m3 Trinkwasser im Schnitt 1,80 €. Das Wasser wird nicht billiger, wenn unsere Kunden weniger verbrauchen, weil der Anteil an Fixkosten bei über 80 % liegt und auf eine geringere Wassermenge umgelegt werden muss“.