Guanidino-Essigsäure (GAA) ist ein Futtermittelzusatzstoff, der die Leistung von Schweinen verbessern und den Futteraufwand reduzieren soll. Dieser Effekt beruht laut einschlägigen Studien zum Thema auf einer Verbesserung der Verfügbarkeit von Arginin und Kreatin. Das fördert den anabolen Stoffwechsel – sprich das Muskelwachstum.
Um die Effekte eines GAA-Einsatzes in praktischen Rationen in der Ferkelaufzucht, vor allem vor dem Hintergrund einer Stickstoff-(N)-reduzierten Fütterung, zu prüfen, wurde in den Ställen des Versuchs- und Bildungszentrums Landwirtschaft Haus Düsse ein Fütterungsversuch durchgeführt.
Drei Versuchsgruppen
Es wurden drei Fütterungsgruppen verglichen:
- I) Kontrolle: Die Kontrollgruppe I erhielt Futter entsprechend den DLG-Vorgaben in Merkblatt 418 zur sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung. Das Ferkelaufzuchtfutter I für diese Tiere war mit 17,5 % Rohprotein (XP) und 5 % Phosphor (P) konzipiert. Das FAZ II mit 17,0 % XP und 4,8 % P.
- II) Versuch: Die erste Versuchsgruppe (in der Nummerierung dieses Berichtes also die Gruppe II) erhielt das gleiche Futter wie die Kontrollgruppe, außer dass der Rohproteingehalt in der Ration um 10 g/kg Futter reduziert war (FAZ I: 16,5 % XP, FAZ II: 16,0 % XP).
- III) Versuch + Zulage: Die Futter in der Gruppe III entsprachen denen in Gruppe II – mit dem Unterschied, dass hier eine GAA-Zulage in Form von 900 g „Creamino“/t Futter erfolgte. Das Produkt stammt aus dem Hause der Alzchem Trostberg GmbH.
Die P- und Aminosäurenkonzentration (Lys, Met, Val, Thr und Trp) wurde in allen Versuchsgruppen konstant gehalten. Die Fütterung erfolgte zweiphasig ad libitum. Alle Futter waren pelletiert. Die Rationen basierten auf den gleichen Komponenten, wobei die Futtermischungen in einer kommerziellen Futtermühle (bei Wübken in Billerbeck) hergestellt wurden.
Die XP-Reduktion erfolgte durch den Austausch von Sojaextraktionsschrot gegen Getreide und Weizenkleie. In allen Rationen wurden freie Aminosäuren in Form von L-Lys-HCl, D-L-Met, L-Thr, L-Trp und L-Val ergänzt. Je Fütterungsgruppe wurden sechs Buchten (= Wiederholungen) mit jeweils 9 bis 10 Tieren je Bucht gemischtgeschlechtlichen eingestallt.
Die 178 Versuchsferkel waren durchschnittlich 28 Tage alt und wogen 8 kg. Um den Effekt des eingesetzten GAA-Produkts auf die Stickstoff (N)- und Phosphor (P)-Ausscheidungen der Tiere bewerten zu können, wurde aus den Werten „Nährstoffaufnahme über das Futter“ und „Nährstoffansatz im Zuwachs“ die „Nährstoffausscheidung“ errechnet.
Weniger Zulage als geplant
In der Laboranalyse der eingesetzten Futter zeigte sich, dass die geplante Konzentration von 900 g Creamino/t im Ferkelaufzuchtfutter II unterschritten wurde. Enthalten waren lediglich 764 g Zusatzstoff/kg Frischmasse. Im FAZ I konnten dagegen 885 mg Creamino/kg Frischmasse nachgewiesen werden. In Übersicht 1 sind die Leistungen der Ferkel in den beiden Aufzuchtphasen I (1. – 21. Versuchstag) und II (22. – 41. Tag) dargestellt.
Während zu Versuchsbeginn und zum Ende der Phase I alle Tiere eine einheitliche Lebendmasse zeigten (im Mittel 8,8 kg bzw. 14,9 kg), änderte sich das zum Versuchsende: Nach 41 Tagen Aufzucht waren die Ferkel der Gruppe III (Versuch + Zulage) mit durchschnittlich 27,38 kg rund 2 kg schwerer, als die der Gruppe II (25,33 kg). Das Lebendgewicht der Kontrollgruppe I lag mittig dazwischen (26,62 kg).
Höhere Zunahmen
Entsprechend verhielten sich die Tageszunahmen: Diese lagen in der Zulagen-Gruppe III im Schnitt bei 460 g und damit deutlich über denen der Gruppe II (siehe Übersicht 1). Der Unterschied zeigte sich in allen Aufzuchtphasen und lässt sich statistisch absichern. Das war bei den Zunahmedifferenzen zur Gruppe I nicht der Fall.
Eine weitere Verringerung der XP-Konzentration gegenüber den DLG-Vorgaben zur sehr stark N-P-reduzierten Fütterung war im Düsser Versuch demnach ohne eine Beeinträchtigung des Wachstums möglich. Beim täglichen Futterverbrauch gab es leichte Unterschiede, die jedoch statistisch nicht signifikant waren. Das meiste Futter verbrauchten die Tiere der Gruppe III, das wenigste die der Gruppe II (siehe Übersicht 1). Im Mittel wurden über die komplette Versuchsdauer 644 g/Tag und Ferkel eingesetzt.
Der Futteraufwand je kg Zuwachs (also die Futterverwertung) war in Aufzuchtphase I und über den gesamten Versuchszeitraum in Gruppe II mit dem nochmals reduzierten Rohproteingehalt schlechter, als in der Creamino-Gruppe III und der Kontrollgruppe I.
Und die Futterkosten?
Die Futterkosten je Ferkel lagen zum Versuchszeitraum (Ende 2022) aufgrund der sehr hohen Aminosäurenpreise in den proteinreduzierten Versuchsmischungen (Gruppe II und III) über denen der Kontrollgruppe. Bei aktuellen Futter- bzw. Komponentenpreisen bringt die Reduktion der Rohproteinkonzentration und die Anpassung der Aminosäurenergänzung dagegen einen Preisvorteil.
Kalkuliert mit aktuellen Komponentenkosten bzw. Bezugspreisen sowie dem Futteraufwand ergeben sich dadurch zurzeit Futterkosten zwischen 12,73 € und 14,12 €/Ferkel (Übersicht 2). Berücksichtigt man ferner die Erlösdifferenzen aufgrund der unterschiedlichen Ferkelgewichte in den Versuchsgruppen, ergibt sich ein nahezu identischer Überschuss über Futterkosten in Kontrollgruppe I und Versuchsgruppe III mit Creamino-Zulage. Die Wirtschaftlichkeit der Versuchsgruppe 2 fällt trotz des günstigeren Futters etwas ab.
N-Bilanz berechnet
Die Ergebnisse der N- und P-Bilanz sind in der Übersicht 3 dargestellt. Alle berechneten Ausscheidungswerte liegen deutlich unter den von der DLG (Merkblatt 418, 2019) publizierten Werten. Dies ist auf den geringen Futteraufwand im aktuellen Düsser Versuch zurückzuführen.
Anhand der aus dem Futterverbrauch errechneten N-Aufnahme und des aus dem Zuwachs der Tiere errechneten N- und P-Ansatzes wird deutlich, dass die Tiere der Gruppe III mehr Nährstoffe aufgenommen haben, als Tiere der Gruppe II, aber etwas weniger als die der Gruppe I.
Durch den relativ geringen N-Ansatz bei gleichzeitig geringer N-Aufnahme von Tieren der Gruppe II lagen die berechneten N-Ausscheidungen in den Gruppen II und III auf vergleichbarem Niveau. Allerdings waren die IIer-Tiere wie oben beschrieben spürbar leichter.
Gegenüber der Kontrollgruppe I verringerten sich die N-Ausscheidungen um 12,8 % bzw. 10,4 %. Da die P-Ausstattung der Futter aller Gruppen gleich war, konnte keine Minderung der P-Ausscheidung festgestellt werden. Die Werte lagen, bedingt durch die erhöhte Futteraufnahme in der Versuchsgruppe III, sogar etwas höher (Übersicht 3).
Was brachte die Zulage?
Was bleibt also an Erkenntnissen aus dem Versuch festzuhalten?
- Die Rohprotein-Reduktion im Futter um 1 Prozentpunkt gegenüber einer Fütterung nach den DLG-Vorgaben zur sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung führte in der Ferkelaufzucht zu keiner signifikanten Verschlechterung der Endgewichte, wohl aber zu einem gesteigerten Futteraufwand je kg Zuwachs.
- Durch die Zulage von GAA zum XP-reduzierten Futter wurde die Gewichtszunahme bis zum Ende der Ferkelaufzucht gegenüber der Gruppe mit einer vergleichbaren Rohproteinkonzentration (Gruppe II) signifikant erhöht.
- Der gestiegene Futteraufwand in der Gruppe mit reduzierter Rohproteinkonzentration ist vermutlich durch eine nicht ausreichende Aminosäurenversorgung um das volle Wachstumspotenzial auszuschöpfen begründet.
- Eine Reduktion der XP-Konzentration in der Ferkelaufzucht auf das Niveau dieser Studie sollte daher mit der Zulage weiterer freier Aminosäuren begleitet werden. Um dies in der Praxis umzusetzen, sind weitere Untersuchungen notwendig.
- Die berechneten N-Ausscheidungen von Tieren der Versuchsgruppen II und III konnten – bei einem immer noch vergleichbaren Leistungsniveau – gegenüber der Kontrollgruppe gesenkt werden.
- Im Versuch wurde gezeigt, dass bei einer Senkung des XP-Gehalts eine Zulage von GAA die Tageszunahmen und damit das Lebendgewicht von Ferkeln am Ende der Aufzuchtphase sowie den Futteraufwand signifikant verbessern kann.
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