Peter Wesjohann im Interview

Wiesen­hof-Hähnchen: Sukzessive Umstellung auf höhere Haltungs­stufen

Die Marke „Wiesenhof“ ist das Aushängeschild der PHW-Gruppe in Rechterfeld. Peter Wesjohann spricht mit uns über mehr Tierwohl für Hähnchen und die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens.​

Wochenblatt: Herr Wesjohann, Schweinefleisch sinkt in der Gunst des Verbrauchers, Geflügelfleisch ist aber weiterhin beliebt. Sie müssten doch Grund zur Freude haben …?

Peter Wesjohann: Der Verbrauch an Hähnchenfleisch betrug im Jahr 2021 15,9 kg pro Kopf, der Trend ist in der Tat intakt. Außerdem ist Geflügelfleisch ein leichtes Fleisch und reich an Nährstoffen. Geflügelfleisch bietet außerdem die Möglichkeit für viele Produktinnovationen. Insofern bin ich zufrieden, dass ich in dieser Branche tätig bin. Auf der anderen Seite ist Fleisch generell keine leichte Branche und man muss sich über die Jahre durchkämpfen.

In vielen Bereichen sind deutliche Preissteigerungen zu erwarten. Bei gleichbleibenden Kraftfutterpreisen müssten die Erzeugererlöse daher wieder steigen, wenn die Hähnchenmast rentabel bleiben soll. Wie stehen die Chanchen dafür?

Peter Wesjohann: Über Jahrzehnte sind die Landwirte mit der Hähnchenmast gut gefahren und das ist heute noch so. Die Auszahlungspreise sind aber nicht so gesunken wie die Futterpreise, das heißt ein Teil ist beim Landwirt geblieben. Kostenerhöhungen sind auf allen Stufen da, leider auch bei uns. Wir haben beispielsweise noch immer bis zu viermal höhere Energiekosten wie vor der Krise. Die Mautgebühren sind gestiegen, was die Transportkosten auch noch mal um 10% erhöht. Wie sich der Auszahlungspreis entwickelt, hängt vom Angebot und der Nachfrage am Markt ab. Wenn das Angebot knapp ist, werden wir die Kostenerhöhungen vielleicht abfedern können, aber das ist natürlich schwer. Die Gespräche mit dem Lebensmittel­einzelhandel sind herausfordernd und nicht immer kann man Kostenerhöhungen weitergeben.

Der Wunsch nach mehr Tierwohl hat insgesamt weniger aufgezogene Tiere zur Folge. Beunruhigt Sie das?

Peter Wesjohann: Wir haben zurzeit noch einen Selbstversorgungsgrad von rund 95% bei Hähnchen, das ist einigermaßen akzeptabel. Wenn es aber keine Um- und vor allem Neubauten gibt, dann wird die Selbstversorgung in Deutschland sinken. In der Folge wird mehr Fleisch aus dem Ausland hereinkommen, das mit weniger Tierwohl und Umweltschutz erzeugt wurde. Außerdem würden wir unsere Versorgungssicherheit infrage stellen.

Wie viele der Wiesenhof-Hähnchen werden konventionell, nach ITW-Richtlinien und für das ­Label „Privathof“ aufgezogen?

97% unserer deutschen Produktion erfolgt unter irgendeinem Tierwohlkonzept, beginnend mit der ITW Haltungsstufe 2. Die Haltungsstufen 3 und 4 umfassen bei uns etwa 10%. Unser Label Privathof fällt unter die Haltungsstufe 3, jede Woche schlachten wir in ­dieser Haltungsstufe etwa 350.000 Tiere. Die Aufzucht unter den Kriterien mehr Platz, langsamer wachsende Rassen, Sitzstangen und Beschäftigungsmaterial wird aber auch unter Handelsmarken angeboten.

Die Aufzucht für „Privat­hof“ war lange vor allem im Süden zu finden. Wird diese Haltungsform jetzt ausgebaut?

Peter Wesjohann: Wir haben jetzt 63 Landwirte, die für Privathof aufziehen. Diese sind nun auch im Norden und Osten von Deutschland ansässig. Produkte höherer Haltungsstufen laufen dort besser, wo es mehr Kaufkraft gibt. Das trifft vor allem für Bayern und Baden-Württemberg zu. In Teilbereichen auch für Nord- und Ostdeutschland.

Sie haben angekündigt, bis 2040 nur noch frische Wiesen­hof-Hähnchen aus den Haltungs­stufen 3 oder 4 anzubieten. Nicht jeder kann einen 40% höheren Preis dafür zahlen. Wird das Wiesenhof-Hähnchen dann seltener gekauft?

Peter Wesjohann: Das ist nicht ganz richtig. Wir ­wollen das so durchziehen, sofern es dafür die Nachfrage und auskömmliche Preise gibt. Es ist die Frage, wie weit das bis dahin realisiert ist. Und in wieweit das Baurecht so geändert wurde, dass auch der Um- und Neubau von Ställen möglich ist. Das sind die Voraussetzungen dafür, dass die Umstellung gelingt. Wir haben das Konzept ausgebaut, aber es ist aktuell immer noch eine Nische, wenn auch eine größere.

Glauben Sie, dass diese Umstellung gelingt?

Peter Wesjohann: Wenn der Verbraucher das möchte, wird uns die Umstellung gelingen, sonst...