Nach jahrelanger Fokussierung aufs Fleisch kommt es zum Schwenk bei der Ebergenetik. Wie spiegelt sich das in den Verkaufszahlen der GFS wider?
Friedrichs: Da ist einiges in Bewegung. Während bei der GFS Ascheberg vor fünf Jahren die verschiedenen Pietrain-Herkünfte mit 90 % der Spermatuben dominierten, hat sich deren Anteil im ersten Halbjahr 2023 auf 67,3 % verringert. Gewinner sind die wüchsigen Herkünfte. Sie haben von rund 2 % der Tuben auf 13,6 % bei den verschiedenen Duroc-Genetiken bzw. auf 15,1 % beim TN Tempo zugelegt.
Hält die Entwicklung an oder handelt es sich um einen Modetrend?
Friedrichs: Mein Eindruck ist, dass die Welle etwas zurück schwappt. Wir haben einige Betriebe, die wieder zurückwechseln. Die Sauenhalter loben beim TN Tempo die Vitalität und das einfache Handling der Ferkel. Aber teilweise reklamieren die Mäster wegen der Klassifizierung, da sie einen guten Fleischansatz gewöhnt sind. Hinzu kommt: Die wüchsigen Pietrain-Herkünfte schneiden auch bei der Bemuskelung hervorragend ab.
Welche Ergebnisse zeigen die TN Tempo-Eber in den GFS-Prüfbetrieben bei der Fruchtbarkeit?
Friedrichs: Unsere Prüfbetriebe setzen den TN Tempo-Eber auf Topigs-Sauen ein. Sie haben im Rahmen der Feldprüfung von Juli 2021 bis Juni 2023 von 23 805 Würfen Fruchtbarkeitsdaten zurückgemeldet. Die Würfe der TN Tempo-Eber erreichten mit 16,5 gesamt geborenen Ferkeln vergleichbare Ergebnisse wie die Pietrain-Herkünfte. Die Anzahl der lebend geborenen Ferkel zeigte das gleiche Bild. Bei den abgesetzten Ferkeln liegen die Tempo-Würfe mit 0,1 Ferkeln leicht über dem Wert der Pietrain-Herkünfte.
Wie schlagen sich die TN Tempo-Eber in der Feldprüfung der GFS?
Friedrichs: Von unseren Prüfbetrieben belegen drei Betriebe ihre TN 70-Sauen mit TN Tempo-Ebern, um sie in unsere Leistungsklassen einzustufen. Von den 90 geprüften Ebern konnten sich 54 für eine der vier Leistungsklassen qualifizieren. Die größten Unterschiede der Zuchtwerte zeigten die geprüften Eber bisher beim MFA Bauch.
Wie schneiden sie in der Mast- und Schlachtleistung ab?
Friedrichs: Seit Juli 2021 sind 11 805 Tempo-Nachkommen von acht Praxisbetrieben gemästet worden. Sie punkteten mit Tageszunahmen von 1004 g und einem Schlachtalter von 173 Tagen. Das Autofom (AF)-Fleischmaß fiel mit 65,2 mm eher unterdurchschnittlich aus, das AF-Speckmaß mit 14,2 mm deutlich überdurchschnittlich. Sie erreichten im Schnitt 18,9 kg Schinken und 7,5 kg Lachs bei einem Schlachtgewicht von 98,5 kg. Unterm Strich ergab das bei der Tönnies-Maske 0,967 IXP/kg.
Welche Alternative haben Schweinehalter, die mehr Wuchs wollen, aber nicht auf Fleisch verzichten?
Friedrichs: Die Genetiken, insbesondere bei Pietrain, haben sich in den letzten Jahren deutlich differenziert. Deshalb ist es möglich, bei der Eberauswahl den Selektionsschwerpunkt auf Mastleistungen und Vitalität zu legen, aber gleichzeitig den Fleischansatz zu halten.
Was raten Sie Sauenhaltern, die die Ebergenetik wechseln wollen?
Friedrichs: Als erstes sollten sie mit dem Mäster reden. Wenn der auf Autofom-Vermarktung fixiert ist, scheiden viele extreme Wuchseber aus. Sicherheit für Sauenhalter und Mäster bieten die geprüften Leistungsklasse-Eber, die sich über Nachkommenprüfung im Feld quali-fiziert haben. Sind diese nicht verfügbar, sollte jeweils die Hälfte der Sauengruppe mit der bekannten, die andere Hälfte mit der neuen Genetik belegt werden, um generelle Unterschiede zwischen den Herkünften erkennen zu können. Wenn man das bei drei aufeinanderfolgenden Gruppen praktiziert, reichen die Ergebnisse für eine erste eigene Bewertung.
Bei wüchsigen Genetiken müssen Sauenhalter unbedingt die Fütterung im Flatdeck anpassen, sodass Menge und Qualität des Futters für die höheren Zunahmen ausreichen.
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