Die Rewe Group bewegt jährlich rund 69 000 t Fleisch. Zum Sortiment gehören aktuell alle Haltungsformen. Doch bis 2030 soll das gesamte Frischfleisch aus Stufe 3 stammen. „Wir müssen Veränderungen frühzeitig anstoßen“, ist sich Markus vom Stein von der Rewe Group sicher.
Verbraucherwünsche wie Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz haben für den Konzern oberste Priorität. So laufen aktuell rund 40 Markenfleischprogramme, sechs weitere sind in Planung. Markus vom Stein weiß um die aktuellen Herausforderungen deutscher Schweinehalter. „Wir sind interessiert daran, die deutsche Schweinehaltung zu erhalten.“
Der Dialog sei aber oft schwierig. „Gerade zu Anfang haben wir durch ständig wechselnde Gesprächspartner von Land schafft Verbindung bis Bauernverband wertvolle Zeit verloren.“ Auch Rewe habe erst lernen müssen, auf Landwirte und Verarbeiter zuzugehen und langfristige Verträge abzuschließen, gab vom Stein zu. „Aber wir müssen das gemeinsam tun.“
Gut zugehört
„Wir können noch nicht komplett auf Haltungsform 4 umstellen. Die Tiere wachsen nicht auf dem Baum.“
„Der Verbraucher ist beim Thema Verkaufspreis sehr sensibel.“
„Jedes Produkt braucht eine Geschichte, die Verbraucher auf Anhieb verstehen: Wo kommt die Ware her? Wie entsteht sie? Dann sind Mehrpreise möglich.“
Markus vom Stein, Rewe Group
„Wir müssen das Außenklima in Haltungsform 3 definieren und alternative Kriterien für geschlossene Ställe finden.“
„Auch die vier Bio-Füße, die an einem Bio-Schwein hängen, isst kein Deutscher. Der Export ermöglicht eine ausgewogene Vermarktung.“
Dr. Gereon Schulze Althoff, Tönnies
„Wir sind in Deutschland nicht mehr in der Lage, Krisen zu meistern – egal ob Flutkatastrophe, Afghanistan oder ASP.“
„Einzelne Personen aus unserer Branche hauen auf die nachgelagerte Kette ein. Das finde ich falsch.“
„Auf der anderen Seite des Verhandlungstisches sitzt nicht mein Feind.
Matthias Frieß, Landwirt und VEZG-Vorsitzender
Strukturwandel ungebremst
Laut Dr. Gereon Schulze Althoff, Leiter des Qualitätsmanagements bei Tönnies, sind die deutsche Produktion, aber auch der weltweite Handel mit Fleisch unverzichtbar. Die Marktlage schätzt er aktuell folgendermaßen ein:
- leicht rückläufiger Fleischverzehr in Europa,
- zunehmender Wettbewerb auf dem gesättigten deutschen Markt,
- kein Ende der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Sicht,
- Deutschland sollte seine Hoffnung nicht auf China setzen,
- aber: langfristig weltweit steigende Fleischnachfrage.
Die Umsetzung der Borchert-Pläne könnte einen Strukturbruch verhindern. „Beim Umbau der Tierhaltung ist viel mehr möglich, als wir alle gerade noch denken“, so Schulze Althoff.
Die Verbraucher-Akzeptanz habe zwei Dimensionen: Was braucht das Tier? Und wann sind Ställe auch aus Laiensicht attraktiv? Aufgabe von Tönnies sei die erfolgreiche Vermarktung der Produkte.
Klare Geschäftsbeziehungen
Matthias Frieß, Schweinehalter und Vorsitzender der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG), sieht noch keine Lösung für die angespannte Marktlage: „Wir haben die Kostenführerschaft in Deutschland verloren und werden sie nicht zurückgewinnen.“
Die Borchert-Pläne könnten helfen. Dann allerdings befürchtet Frieß eine subventionierte Überproduktion. Wichtiger ist ihm der Austausch mit dem Handel. Auch Landwirte müssten ihre Ziele klar formulieren und ihren Handelspartnern auf Augenhöhe begegnen. „Wir brauchen klare Geschäftsbeziehungen über Menge, Zeit und Preis. Alles andere hilft nichts!“