Die nächste Generation Landwirte zusammenbringen und auf die Zukunft in der Branche vorbereiten – das ist das Ziel der „Jungen Favoriten“, einem neuen Angebot des Erzeugerrings Westfalen und der Viehvermarktung Münsterland (VVG).
Auftakt war im September eine viertägige Exkursion nach Süddeutschland und Österreich. Dafür ging es auf Praxisbetriebe mit besonderen Tierwohlkonzepten, die wir auf den folgenden Seiten vorstellen.
Die jungen Schweinehalter besichtigten außerdem die Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg und das Institut für biologische Landwirtschaft im österreichischen Wels. Zum Abschluss stand eine Werksbesichtigung beim Stalltechnikhersteller Schauer auf dem Programm.
Immer im Fokus: Das natürliche Verhalten und die entsprechenden Funktionsbereiche für Schweine.
Ringelschwanz und Stroh
Bei 2,32 € liegt der österreichische Börsenpreis für Schlachtschweine. Mäster Mario Steininger aus Prambachkirchen erhält von seinem Schlachthof 50 Cent obendrauf. Dafür bekommen seine Schweine gentechnikfreies Futter, Einstreu im Liegebereich und doppelt so viel Platz wie vorgeschrieben – inklusive Auslauf.
Außerdem wichtig: Der Ringelschwanz und die Kastration unter Betäubung. Letztere ist in Österreich nicht vorgeschrieben.
Die Ferkel bezieht Mario Steininger aus dem Sauenbetrieb seiner Eltern. Sie paaren österreichische Hybridsauen mit Piétrainebern an.
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Einen neuen konventionellen Maststall hatte der Junglandwirt 2016 bereits geplant. In letzter Minute entschied er sich um – für mehr Tierwohl. So entstanden 2017 die ersten 350 Mastplätze nach dem „Nature Line“-Konzept der Firma Schauer. Seit zwei Jahren hält Steininger insgesamt 500 Tiere für das Programm „Hütthalers Hofkultur“ des gleichnamigen Fleisch- und Wurstherstellers. Es entspricht in etwa der deutschen Haltungsform 4 und läuft ab einem Lebendgewicht von 30 kg.
Tierwohl und Bio: 70 % der Schlachtungen
Hauptabnehmer ist ein großer österreichischer Discounter. Dessen Konzept: Kleinere Mengen zum gleichen Preis wie herkömmliche Packungen anbieten, um Käufern den Griff zu Tierwohlprodukten zu erleichtern. Außerdem ist eine große Möbelhauskette mit ihren Restaurants eingestiegen. So schlachtet Hütthaler mittlerweile rund 900 Hofkultur-Schweine pro Woche. Zusammen mit der Biosparte sind das rund 70 % aller Schlachtungen.
In Mario Steiningers Stall wählen die Tiere frei zwischen drinnen und draußen. Die Größe des Liegebereichs kann er je nach Tierzahl über schräge Buchtenwände an der Stirnseite anpassen – getreu dem Motto: Platz für jedes Schwein.
Zum Koten gehen die Tiere deshalb lieber nach draußen.
Drei Funktionsbereiche
Der überdachte Auslauf ist in einen planbefestigten Fressbereich und einen Kotbereich mit Spalten sowie Kontaktgitter zur Nachbarbucht unterteilt. Hier gibt es Heu- und Strohraufen. Baukosten: Rund 1250 € pro Platz inklusive Güllelager.
Außerdem benötigt Mario Steininger etwa 25 bis 30 Quaderballen Stroh pro Jahr. Für die längeren Laufwege und das Einstreuen morgens und abends veranschlagt er etwa 30 % mehr Arbeitszeit. „In meiner Größenordnung ist das aber schon noch händisch machbar“, findet der Landwirt. „Mein Stallsystem lässt sich auf jeden Betrieb individuell anpassen.“
Und wie viel Stroh fällt durch die Spalten in die Gülle? „Etwas Raufutter oder Einstreu rutschen schon durch. Weiter steigen darf die Trockensubstanz nicht“, sagt der Landwirt. Bisher kommt er mit seiner Schleppschuhverteilung und einem Wechselstausystem im Güllekeller aber gut zurecht.
Mit Eigenleistung Geld gespart: Rudi Gruber
Ende 2015 war die Marktlage bescheiden. Doch Rudi Gruber aus Desselbrunn wollte seinen Hof für die Kinder zukunftsfähig aufstellen. Dass der regionale Schlachthof Schweinehalter für ein neues Tierwohlprogramm suchte, kam wie gerufen. So stieg er damals als erster Betrieb in „Hütthalers Hofkultur“ ein.
Mittlerweile sind 40 Betriebe dabei. Genau wie Mario Steininger bekommt er 50 Cent Aufschlag auf die Notierung und eine Mindestpreisgarantie.
Umbau des Maststalls
Um die Kriterien zu erfüllen, baute Gruber an seinen konventionellen Maststall einen überdachten Auslauf an. Anders als bei seinem Berufskollegen dient der bei ihm als eingestreuter Liegebereich – betoniert in Eigenleistung mit praktischen Anschiebekanten zum Ausmisten.
Außerdem ergänzte Gruber ein weiteres Abteil. Insgesamt mästet er jetzt 450 Schweine.
Drinnen wurden Gruppengröße und Fütterung angepasst. So belaufen sich die Umbaukosten auf 800 bis 900 € netto je Mastplatz – inklusive Hoflader. Einmal in der Woche wird ausgemistet.
Um den Bonus des Schlachthofs zu bekommen, müssen die Betriebe sich dem Ringelschwanz annehmen. Rudi Gruber hat dafür die Ferkelaufzucht umgekrempelt und einen Nature Line-Stall mit drei Funktionsbereichen gebaut.
Wichtig war dem Österreicher hier ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von eins zu eins, um Stress vorzubeugen. Als Einstreu bei den Ferkeln empfiehlt er Kurzstroh. Es verteilt sich besser und ist saugfähiger.
Auch in diesen Bau floss viel Eigenleistung ein. So hat der neue Stall den Betriebsleiter rund 450 € netto pro Platz gekostet.
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