ISN-Mitgliederverammlung

Schweinehalter frustriert: Die Zeit drängt

Wenn Branchenkenner einem jungen Schweinehalter keine zufriedenstellenden Antworten geben können, ist es ernst. Das verdeutlichte das Dialogforum der ISN am Mittwoch in Münster.

Wenn ich in Zukunft 250 Sauen halten und dazu passend Mastställe in Haltungsform 3 oder 4 bauen möchte – geht das überhaupt? Mit dieser Frage konfrontierte Junglandwirt Mathis Meyer am Mittwoch auf der Mitgliederversammlung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) das Podium. Die Antworten seitens Schlachtung, Vermarktung und Verband: Verhalten.

Förderung bleibt schwieriges Thema

Dabei spricht der 29-Jährige aus dem Landkreis Diepholz an, was fast alle Berufskollegen umtreibt: Mangelnde Planungssicherheit sowie unhaltbare Forderungen von Politik und Gesellschaft ohne Aussicht auf Refinanzierung. So wurden zwar in der vergangenen Woche im Bundestag die Tierhaltungskennzeichnung und Änderungen am Baurecht beschlossen. Doch viele Fragen bleiben offen. So seien die Förderrichtlinien für investitionsbereite Schweinehalter teils kaum einzuhalten, stellte Dr. Gereon Schulze Althoff vom Schlachtunternehmen Tönnies klar. „Im Endeffekt können sie Betriebe noch tiefer in die Schulden reißen“, warnte der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes.

Zu bedenken sei neben der Finanzierung neuer Ställe und einer gesicherten Vermarktung auch die Arbeit auf dem Hof, betonte Christoph Hüsing von der Erzeugergemeinschaft Oldenburger Münsterland: „Das System muss zum Betrieb und seinen Mitarbeitern passen. Dafür sollten Landwirte sich frühzeitig informieren und austauschen.“

5xD wird knapp

Durch die vielen unterschiedlichen Systeme wird die Vermarktung von Schweinen immer diverser. Einen hohen Stellenwert hat laut Hüsing nach wie vor die deutsche Herkunft (5xD). Doch einheimische Ferkel seien bereits knapp. Voraussichtlich werde die Situation sich noch deutlich verschärfen: „Mann muss schon fast nehmen, was man bekommt“.

Das legen auch die Werte der Viehzählung aus dem Mai nahe. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der deutschen Schweinebetriebe um 10,5 % zurückgegangen. Daraus folgen ein Minus von 8 % beim Sauenbestand sowie 6,5 % weniger Mastschweine. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zählte in Deutschland zuletzt rund 705 000 Schweineschlachtungen pro Woche. Das sind 27 % weniger als noch 2016.

Mehr Veggie?

Zeit für mehr vegetarische Produkte? Nein, so die einvernehmliche Antwort aus der Schlachtbranche. „Wir liefern zwar auch veggie, aber Schweinefleisch bleibt das zentrale Produkt für die Tönnies Gruppe“, verdeutlichte Schulze Althoff. Das Unternehmen Steinemann hingegen beschäftige sich bewusst nicht mit Fleischalternativen, erklärte Prokurist Hubert Pille: „Das bleibt auch erstmal so, da wir in diesem Bereich keine nennenswerten Mengen umsetzen können.“

Dennoch erwarten alle Beteiligten weitere strukturelle Veränderungen auf dem Fleischmarkt. „Die deutsche Schweinehaltung besteht zurzeit zu 59 % aus der Initiative Tierwohl (ITW). Drei Prozent entfallen auf höhere Haltungsformen“, zeigte ISN-Geschäftsführer Torsten Staack auf.

Bis in zehn Jahren könnten sich die Begrifflichkeiten aber noch stark verändern. „Es wird dann nicht mehr absolut zwischen bio und konventionell unterschieden. Ich erwarte eher einen Kompromiss aus verschiedenen Haltungsformen“, schätzt Schulze Althoff.

Integration, aber nicht wie beim Geflügel

Dabei werde die partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Kette immer wichtiger, legte Dierkes nahe. An eine Integration wie im Geflügelsektor glaube er allerdings nicht, insbesondere aufgrund der deutlich längeren Produktionszyklen beim Schwein.

Özdemir muss handeln

So oder so sei nach eineinhalb Jahren Ampel-Koalition dringend mehr Tempo seitens der Politik nötig, um die Schweinehaltung in Deutschland zu erhalten, machte Staack seinem Ärger über die fehlenden Perspektiven für Betriebsleiter Luft. „Die Bereitschaft der Landwirte zum Umbau der Tierhaltung ist da, aber die Politik verliert sich in Ressortdenken.“ Langsam werde es ernst, da zum Beispiel Sauenhalter im kommenden Jahr einen Umbauplan für ihr Deckzentrum vorlegen müssten.

Zahlen aus der Mitgliederversammlung

Aus dem Vorstand der ISN schieden Philipp Schulze Esking und Thomas Gardewin auf eigenen Wunsch aus. Dafür wählte die Versammlung Thomas Asmussen aus Schleswig-Holstein sowie Gesa Langenberg aus Niedersachsen als neue stellvertretende Vorsitzende.

Aus dem Beirat schied Ludger Overhues aus. Neu hinzu kamen Stephanie Berlage, Mathis Meyer und Hubertus Herms-Westendorf.

Die ISN zählte Ende vergangenen Jahres 9295 Mitglieder, davon 250 Neumitglieder. Dagegen gingen 336 Kündigungen ein.

Auch die Tochtergesellschaft ISW stellte ihre Zahlen vor. Sie vermarktet aktuell rund 10 Mio. Liter Flüssiggas pro Jahr und betreut Versicherungsprämien in Höhe von 20 Mio. €.