Es ist nur noch deprimierend: 1,25 € Basispreis notiert die VEZG am Mittwoch vergangener Woche. Die Ansage großer Schlachtunternehmen war eindeutig, Ausweichmöglichkeiten gibt es durch die Überhänge kaum.
Schwache Inlandsnachfrage
Die Gründe sind bekannt: schwacher Inlandsabsatz und volle Lager aufgrund der weitgehend ausgefallenen Grillsaison. Mit einer Belebung der Inlandsnachfrage ist kaum zu rechnen. Die Klimadebatte bremst den Fleischverzehr quer durch die Bevölkerung.
Laut Deutschem Städtetag hat bis 2030 die Bevölkerung der großen Städte an der Ruhr zu 70 % einen Migrationshintergrund. In Essen hat bereits jetzt jede zweite Eheschließung zumindest einen muslimischen Partner. Da fällt Schweinefleisch privat und in Kantinen vom Speisezettel – auch in ländlichen Regionen.
Wohin mit Schweinefleisch?
Die Exporte in die Drittländer fallen weitgehend aus. China verschärft sogar den selektiven Importkurs. Neben einem weiteren spanischen Schlachtbetrieb wurden auch solche aus Frankreich für den Export gesperrt.
Noch etwas wird zu einem zunehmenden Problem vom kleinen Mittelständler bis zum großen Schlachtkonzern: der Arbeitskräftemangel! Da ist zum einen die in den Medien so gefeierte und politisch so einhellig begrüßte Abschaffung der Werksverträge – und zwar nur in der Fleischindustrie. Der Arbeitnehmer ist jetzt in Deutschland sozialversichert und nicht mehr – zum Beispiel in Ungarn. Da betragen die Sozialabgaben aber nur ein Drittel des deutschen Niveaus. Kein Wunder, dass die Osteuropäer in Scharen die deutschen Zerlegebänder verlassen, wenn sie ihr Nettoeinkommen sehen. Oder morgens gar nicht mehr erscheinen und in anderen Wirtschaftsbereichen ihr Stelldichein geben. Da geht es noch mit Werksverträgen.
Zudem nimmt Corona kein Ende. Trotz erfolgter Doppelimpfung infizieren sich immer wieder Teile der Belegschaft und fallen nebst Kontaktpersonen aus. Was in anderen Branchen weniger passiert, weil da kaum getestet wird.
In vielen Schlachtbetrieben wird deshalb die Schinkenfeinzerlegung zum Problem. Also wird der Schinken mit Knochen nach Italien exportiert. Wo die Lkws sich in die schon lange Reihe der spanischen Transporteure einreihen dürfen – zu fallenden Preisen.
Bauern zahlen Zeche
Wer badet das Dilemma aus? Der deutsche Schweinehalter – ab jetzt vor allem der Ferkelerzeuger. Im Zuge der fallenden Mastschweinepreise sank der Ferkelpreis auf VEZG-Basis auf 20 €. So niedrig lag er Ende des vergangenen Jahres. Das Schlachten der Sauen geht wieder los. Viele Ferkelerzeuger können nicht mehr – finanziell und mental. Volle Flatdecks bei teurem Futter tun das ihre dazu. Bleibt zu hoffen, dass die meisten Mäster bei den Ferkelniedrigstpreisen weiter Ferkel einstallen.
Wenn die politisch Verantwortlichen jetzt nicht zügig für gleiche Sozial- und Gesundheitsvorschriften in vergleichbaren Branchen sorgen, gehen der deutschen Fleischwirtschaft die Arbeitnehmer aus.
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