Das hätte Tote geben können! Noch drei Wochen nach der Tat sind Carsten Mattelmeyer, Dominik Schmedt und Julian Aping fassungslos über so viel kriminelle Energie und Menschenverachtung.
Unbekannte Täter haben Mitte März das linke Hinterrad von Mattelmeyers Schlepper so gelöst, dass der rund 700 kg schwere Reifen anschließend beim Düngerstreuen vom Zentrierring sprang und kurz davor war, komplett abzufallen: „Der Schlepper stand nachts auf dem elterlichen Betrieb in Stemwede-Arrenkamp“, beschreibt der Sauenhalter den denkwürdigen Tag: „Ich bin morgens zu einer Fläche unseres zweiten Betriebes im 12 km entfernten Drohne gefahren. Unterwegs hörte ich seltsame Geräusche, stieg ab, konnte aber nichts Auffälliges bemerken. Später verstärkten sich die Probleme, ohne dass sie zuzuordnen waren.“
Hinterrad gelöst
Auf dem Acker knallte es dann laut, sodass der mittlerweile mehr als unruhig gewordene Landwirt aus dem Kreis Minden-Lübbecke erneut abstieg und jetzt auch sah, woher die ungewöhnlichen Geräusche stammten. Das Treckerrad hing am sprichwörtlich seidenen Faden: Von den acht Radbolzen waren sechs komplett entfernt, zwei hielten mit den letzten Gewindeumdrehungen das Rad soeben noch am Schlepper. „Ich war auf dem Acker, deshalb gab es zum Glück nur leichte Materialschäden. Aber ich mag mir nicht vorstellen, wenn das Hinterrad sich bei der Straßenfahrt gelöst hätte. Das konnte ein tödliches Geschoß für Autofahrer, Biker oder Fußgänger werden!“, ist Mattelmeyer immer noch schockiert und sauer.
An Sabotage dachte er dabei anfangs gar nicht: „Ich habe zuerst einmal bei meinem Landmaschinenhändler angerufen, weil der Schlepper dort tags zuvor gewartet wurde. Die Werkstatt konnte mir aber versichern, alle Räder auf festen Sitz kontrolliert zu haben. Außerdem wurden die fehlenden sechs Radbolzen nirgends gefunden. Der oder die Täter müssen sie mitgenommen haben.
Der Verdacht auf eine aktive Lockerung des Rades bestätigte sich einige Tage später: Im Nachbarort gab es einen weiteren Fall nach gleichem Muster. Auch dort wurde am linken Hinterrad manipuliert. Wieder waren sechs Radmuttern weg und zwei gelöst. Diesmal verlor der betroffenen Nebenerwerbslandwirt das Rad bei langsamer Straßenfahrt. Es passierte zum Glück nicht viel, weil er eine Forstwinde angebaut hatte, die ein Umkippen des Treckers verhinderte. Trotzdem wurden beide Vorfälle zur Anzeige gebracht. Die Polizei ermittelt.
Falls bei solchen Unfällen Dritte zu Schaden kommen, kann das übrigens für den betroffenen Landwirt schlimme Folgen haben. „Solange sich nicht beweisen lässt, dass Fremde am Trecker manipuliert haben, stehen wir selbst in der Haftung“, zitiert Carsten Mattelmeyer die Aussage der Polizeibeamten zur Haftpflichtsituation. „Wir sind nach den Vorfällen deshalb an die Öffentlichkeit gegangen, weil wir unsere Berufskollegen für das Problem sensibilisieren möchten“, ergänzt Julian Aping.
Wo ist das Motiv?
Natürlich haben sich die Landwirte die Frage nach dem Motiv gestellt. Ist es Neid oder Missgunst? Geht es um den Betrieb Mattelmeyer oder um die Landwirtschaft im Allgemeinen? Das alles ist bislang unklar. Gegen eine „offene persönliche Rechnung“ spricht jedoch der zweite Schadensfall beim Nebenerwerbslandwirt im Nachbarort.
Aggressivität nimmt zu
Außerdem scheint sich in Teilen der Gesellschaft eine gewisse grundsätzliche „Bauernfeindlichkeit“ bzw. Aggressivität gegenüber bestimmten landwirtschaftlichen Arbeiten breitzumachen. So ist der Hof Mattelmeyer im vergangenen Jahr schon zwei Mal das Ziel von Übergriffen geworden: Einmal wurde die Anhängeverbindung zwischen Schlepper und Güllefass teilweise gelöst. Beim zweiten Mal wurden Schieber am Güllebehälter geöffnet – das Auslaufen der Gülle aber durch einen Sicherheitsmechanismus verhindert.
„Solche Angriffe auf die Landwirtschaft sind leider kein Einzelfall“, erklärt Dominik Schmedt und berichtet über Erlebnisse von Berufskollegen bei denen zum Beispiel der Schlepper vor dem Güllefass mutwillig beschädigt wurde. Das zeugt von einem gestörten Verhältnis zu Eigentum, Recht und Gesetz, meinen die Landwirte und ärgern sich auch darüber, dass die Täter nur selten bestraft werden. Dadurch sinke die Hemmschwelle immer weiter, wie der aktuelle Sabotagefall verdeutlicht. Und irgendwann kommen dann Personen zu Schaden.
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