Auch wenn es wie ein Mantra klingt: Sauenhalter brauchen jetzt Entscheidungen und Planungssicherheit. Wie verzweifelt die Lage trotz Spitzenleistungen und aktuell auch Spitzenpreisen ist, wurde auf der Mitgliederversammlung des Rheinischen Erzeugerrings für Qualitätsferkel (FER) deutlich. Allein im letzten Jahr haben zehn Mitglieder die Sauenhaltung aufgegeben, sodass der Ring jetzt noch 81 Sauenhalter zählt – von insgesamt 130 Sauenbetrieben, die es im November letzten Jahres im Rheinland noch gab. Vor zehn Jahren waren es noch fast doppelt so viele Ringmitglieder!
Bei Ferkelzahlen Spitze
Der Rückzug spielt sich in einer Region ab, die leistungsmäßig in der Championsleague spielt. Die 55 identischen Betriebe, die in beiden Wirtschaftsjahren ausgewertet wurden, haben in 2021/22 sagenhafte 33,1 Ferkel/Sau verkauft. Das Obere Viertel landete sogar bei fast 35 Ferkeln/Sau. Die Zahlen stammen nicht aus dem Sauenplaner, sondern aus der Buchführung.
Doch reichte das im Schnitt gerade mal für eine Direktkostenfreie Leistung (DkfL) von 121 €/Sau. Das Untere Viertel konnte mit einem DkfL von – 97 €/Sau nicht einmal die variablen Kosten erwirtschaften. Bitter wurde die Rechnung nach Abzug der Festkosten. Da machten die Sauenhalter des FER im Mittel einen Verlust von 550 €/Sau – nachdem schon das vorherige Wirtschaftsjahr ein Minus von 250 €/Sau gerissen hatte.
18 €/Stunde Verlust
Ganz düster sah es bei den viel beschworenen Familienbetrieben unter 200 Sauen aus. Diese fallen leistungs-, erlös- und kostenmäßig deutlich gegenüber den größeren Betrieben ab. Unterm Strich produzieren sie dadurch das Ferkel 10 bis 15 € teurer als Kollegen mit größeren Beständen. Bei einem Durchschnittsbestand von 334 Sauen summierte sich das im Schnitt des Rings auf ein Minus von über 183.000 €! Für jede Arbeitsstunde im Stall mussten die Sauenhalter 18 € „Eintritt“ zahlen. Die bereinigten Vollkosten stiegen im Wirtschaftsjahr 21/22 um 6 € auf 65 €/Ferkel netto. Erst wenn der Erlös höher ausfällt, schreiben die Sauenhalter schwarze Zahlen.
Jakob Maaßen, Vorsitzender FER
Dass die Ringmitglieder ihr Handwerk verstehen, zeigt der Leistungsfortschritt. So stiegen die Verkaufszahlen im letzten Wirtschaftsjahr um 0,7 Ferkel/Sau/Jahr. Trotz der größeren Würfe schafften die Landwirte es, die Aufzuchtverluste um 1,1 %-Punkte zu senken. Die Lebensleistung der rheinischen Sauen stieg auf fast 82 Ferkel.
Doch rechnet sich das letzte Ferkel nicht immer, wie der Vergleich von den biologischen und den ökonomischen Top-Ten-Betrieben zeigte. Zwar konnten die Betriebe mit den besten biologischen Leistungen 36,8 Ferkel/Sau/Jahr verkaufen, die ökonomisch besten „nur“ 35,5. Diese erlösten, bei einem um 111 Sauen größeren Bestand, mit 25 Cent/Ferkel nur geringfügig mehr. Doch erzielten die ökonomisch erfolgreichen Betriebe top-Leistungen mit weniger Futter. Sie gaben 28 €/Sau weniger aus für Sauenfutter und 50 €/Sau weniger für Ferkelfutter. Insgesamt sparten sie 121 €/Sau bei den Direktkosten. Unterm Strich erwirtschafteten sie damit eine um 70 €/Sau höhere Direktkostenfrei Leistung.
Ihrem Frust machten die Sauenhalter bei der anschließenden Diskussion mit Landtagsabgeordneten von CDU, SPD und FDP Luft. Beim Baurecht, bei der Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, beim Tierwohl, bei der TA Luft gibt es jede Menge Baustellen, bei denen die Politik gefordert ist.
Stefan Kochs, Sauenhalter
Wer soll das bezahlen?
„Viele Landwirte halten den Druck nicht aus und geben auf“, machte Jakob Maaßen klar, Vorsitzender des FER. Sauenhalter brauchen jetzt Entscheidungen und Planungssicherheit, um ihren Betrieb zukunftsfest zu machen. „Der Ball liegt bei der Politik“, verdeutlichte auch Moderator Thomas Genfeld. „Wir müssen nächstes Jahr den Umbauplan fürs Deckzentrum vorlegen, wissen aber nicht, ob wir überhaupt eine Baugenehmigung dafür bekommen.“
Johannes Lax, Sauenhalter
Und Sauenhalter Stefan Janßen appellierte: „Wir haben nur noch 65 % Selbstversorgung bei den Ferkeln. Unsere deutschen Standards dürfen nicht über den europäischen liegen.“ Damit sprach er seinen Kollegen aus dem Herzen, die an das Aus für die Käfighaltung bei Hühnern erinnerten: Produktion und Käfige sind einfach nach Osteuropa gezogen. Ein Junglandwirt, der testweise Bewegungsbuchten in einem Abteil eingebaut hat, stellte die entscheidende Frage: „Die Sauenzahl geht drastisch runter. Wer soll das alles bezahlen?“