Bedenken gegenüber Improvac braucht wirklich niemand mehr zu haben. Da waren sich zumindest die Beteiligten des Projekts „100 000 Improvac-Tiere“ vergangene Woche bei der Abschlussrunde in Kiel einig. Ihre Feldstudien belegen, dass die Immunokastration in der Praxis funktioniert.
Dietrich Pritschau, Bauernverband Schleswig-Holstein
Dr. Sandra Erdmann, Edeka Nord
Klimakiller Kastration?
Wussten Sie, dass mit Improvac behandelte Schweine gegenüber Börgen wirtschaftliche und sogar klimatechnische Vorteile bieten? Das liegt daran, dass ihr Stoffwechsel sich erst nach der zweiten Impfdosis komplett umstellt. Bis wenige Wochen vor der Schlachtung fressen die Tiere also quasi mit der unschlagbaren Futterverwertung eines Ebers.
Für ein Betriebsmodell mit 322 Sauen, entsprechender Aufzucht und Mast berechnete Dr. Imme Dittrich von der Uni Kiel die Umweltwirkung in Form von Treibhausgasen. Demnach verursacht ein chirurgisch kastriertes Schwein von der Geburt bis zum Mastende ein CO2-Äquivalent von 2,92 kg pro kg Fleisch. Bei Immunokastraten sind es knapp 10 % weniger.
Bezieht man die Schlachtung mit ein, relativiert sich der Unterschied auf etwa 7 %, weil die Kastrate mit einer besseren Schlachtausbeute punkten.
Geruchstest bestanden
Laut chemischer Analyse der Uni Göttingen haben weniger als 2,5 % der Immunokastrate erhöhte Werte bei den Ebergeruchsstoffen. Untersucht wurden 420 Schweine aus den Projektbetrieben. Da es in der Praxis aber um die Nase des Verbrauchers geht, führten die Forscher zusätzlich einen sensorischen Test mit zehn Prüfern durch. Das bedeutet: Den Speck erhitzen und daran riechen. Zwischen den Proben der Sauen und Immunokastrate nahmen die Tester keine signifikanten Unterschiede wahr.
Katja Götz, Uni Göttingen
Im Kern zieht sich diese Erkenntnis durch alle projektbegleitenden Studien – egal ob es um Geruch, Gewichte, Schlachtbefunde oder Verarbeitungsqualität geht. Deshalb sehen die Beteiligten nun Schlachthöfe und Lebensmitteleinzelhandel in der Verantwortung, die Vermarktung von Improvac-Fleisch sicherzustellen – derzeit die größte Mästersorge.
Hendrik Bielfeldt, Schweinehalter, Metzger und Direktvermarkter
Gleichzeitig belegen die Studien: Den stärksten Einfluss auf die Leistung seiner Schweine hat der Betrieb selbst – auf das Fleischmaß zum Beispiel zu 18 %, auf das Schinkengewicht zu 7 %. Das Geschlecht machte je unter 1 % aus.
Trotzdem wünschen sich die Ferkelerzeuger Dietrich Pritschau und Carsten Spieker mehr Verständnis für den Umgang mit Improvac-Tieren. Landwirte seien noch nicht gut genug auf das Produktionsverfahren eingestellt.
Praktische Tipps für Mäster
Folgende Punkte sollen helfen:
- Schulungsangebote nutzen,
- je nach betrieblicher Situation Impfteams in Anspruch nehmen (so wie 46 % der Projektteilnehmer),
- trotz Impfung getrenntgeschlechtlich aufstallen,
- Improvac-Tiere nach der zweiten Impfung proteinreduziert füttern,
- Fleischqualität durch Vitamin E oder Futtermittel mit passendem Fettsäuremuster optimieren.
Reinhard Daldrup, Schlachthof Tummel
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