Ganz schön heiß in der Bucht. Zielstrebig beißt ein Schwein in das Baumwollseil, das an einer Kette baumelt. Damit zieht es einen Hebel in der Wand nach unten. Sofort strömt 2 m weiter kühles Wasser aus einer Dusche. Eine willkommene Abkühlung!
Zumindest wirkt es so, als wüssten die Mastschweine von Georg Freisfeld aus Ascheberg, was sie da tun. Der Landwirt schmunzelt. Er glaubt nicht, dass sie den Zusammenhang verstehen.
Dusche selbst gebaut
Den Mechanismus hat er mit seinem Elektriker Marco Meßmaker ausgetüftelt. In der Wand ist ein elektromagnetisches Ventil verbaut. Die Dusche läuft pro Betätigung einige Sekunden lang – höchstens achtmal in 15 Minuten. Dafür reicht der Wasserdruck, eine Pumpe ist nicht nötig.
Um eine Mikrosuhle zu erzeugen, ist der Spaltenboden darunter mit Clips-Leisten verschlossen. Statt sich auf dem nassen Boden zu wälzen, lassen die Tiere sich am liebsten beregnen.
Diese Erfahrung hat auch Dr. Christina Jais an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub gemacht. In einem aktuellen Forschungsprojekt sind zeitgesteuerte Mikrosuhlen der Firma HDT verbaut – ohne festen Untergrund.
Die Schweine nehmen das Wasser vor allem mit dem Maul auf und lassen es über Kopf und Schultern laufen. Dass sie die Dusche bei Hitze vermehrt nutzen, spricht für eine abkühlende Wirkung. Gleichzeitig dient die Suhle als Beschäftigung und kann das Wohlbefinden steigern.
Abkühlung per Gesetz
Kühleinrichtungen für Schweineställe sind gesetzlich vorgeschrieben. Details regeln die Ausführungshinweise zur Nutztierhaltungsverordnung. Für Neu- und Umbauten fordern sie Vorrichtungen wie Duschen, Erdwärmetauscher, Hochdruckvernebelungen oder Kühlpads.
In Altbauten müssen Landwirte zumindest eine ausreichende Luftrate bei möglichst niedriger Zulufttemperatur gewährleisten. Aber auch hier können sie nachrüsten. Denn zum Wohl der Tiere sind weitere Schritte sinnvoll.
Wer mit Wasser kühlt, sollte allerdings darauf achten, dass im Stall keine Schmuddelecken entstehen oder Schadgase sich vermehrt ausbreiten.
„Steigt die Luftfeuchtigkeit, fühlen sich Temperaturen für Mensch und Tier höher an“, weiß Eva-Maria Görtz vom Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg. Dort hat sie auch Erfahrungen mit Suhlen im Auslauf gesammelt. Die Tiere nehmen sie zwar gern an. „Leider werden aber auch Urin und Kot darin abgesetzt, sodass das Wasser mehrmals in der Woche gewechselt werden muss.“
„Hitzestress ist ein stark unterschätzter Tierwohlaspekt“, betont Eckhard Meyer vom sächsischen Lehr- und Versuchsgut Köllitsch. Das dürfe man nicht vergessen – auch wenn bei Tierwohl jeder erst an Jutesäcke und Raufutter denkt.
Gerade bei schweren Mastschweinen und ferkelnden Sauen können Temperaturen über 30 °C lebensbedrohlich sein, da die Tiere nicht schwitzen. Im Notfall reichen oft ein Eimer Wasser und ein Aufnehmer, um die Sauen durch „nasse Umschläge“ abzukühlen. Geburten erfordern Notfallbetreuung!
Ein paar coole Tipps
Wer seinen Tieren kurzfristig helfen möchte, muss das Rad aber nicht neu erfinden. Schweineexperte Meyer rät:
- Den Sollwert der Lüftung nachts höher stellen und schon morgens wieder reduzieren. So bleibt die kühlere Nachtluft länger im Stall.
- Stallgänge befeuchten, um Verdunstungskälte zu nutzen.
- Fenster sind Wärmebrücken: Gegen Sonneneinstrahlung abdunkeln oder kalken. Vorübergehend ist das erlaubt.
- Proteingehalt im Futter reduzieren und Vitamin E zufüttern, um den Stoffwechsel zu entlasten.
- Den Energiegehalt im Futter nicht unnötig durch Öl erhöhen. Besser dünnes, leicht verdauliches Futter einsetzen, da die Tiere ihre Futteraufnahme am Energiegehalt ausrichten.
- Ständige Versorgung mit frischem Wasser sicherstellen!
Zurück zur Schweinedusche: Eckhard Meyer kann sich vorstellen, dass die Tiere den Mechanismus verstehen. Immerhin ist mehrfach bewiesen, dass Schweine sich mit Futter und Wasser konditionieren lassen. Und die Dusche läuft eben nur, wenn man an dem Seil zieht...