Sauenhaltung

Deckzentrum: Der Countdown läuft

Wer nach 2026 noch Sauen halten möchte, muss dem Veterinäramt bis zum 9. Februar 2024 ein Betriebs- und Umbaukonzept für das Deckzentrum vorlegen. Wir stellen einige Varianten vor.

Seit 2021 müssen laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung alle Schweinehalter neue Anforderungen an organisches Beschäftigungsmaterial, Lärm, Schadgase, Beleuchtung oder das Tier-Fressplatzverhältnis erfüllen. Doch für die meisten Ferkelerzeuger geht es jetzt erst richtig zur Sache. Bis zum 9. Februar 2024 müssen sie eine Erklärung abgeben, ob sie weiterhin Sauen halten möchten – oder eben nicht.

Grün hinterlegt sind hier die Fristen, die Sauenhalter beim Umbau des Deckzentrums einhalten müssen. Ab 2033 geht es weiter mit dem Abferkelstall. (Bildquelle: Cirkel)

Was gehört ins Konzept?

Bleiben Sauenhalter der Produktion treu, erwartet das zuständige Veterinäramt bis zum gleichen Termin ein Betriebs- und Umbaukonzept mit der künftig geplanten Haltung im Deckzentrum. Die Verordnung schreibt keine besondere Form oder Inhalte für das Betriebs- und Umbaukonzept vor. Es sollte aber die Mindestinformationen wie den Betriebsnamen, Anschrift und VVVO-Nummer enthalten – wenn davon abweichend, dann auch den Namen und die Anschrift des Betreibers.

Hinzu kommt eine kurze Beschreibung des geplanten Haltungsverfahrens mit der Anzahl der Tierplätze und der Fläche von mehr als 5 m² je Sau im Deckzentrum. Aus einer Skizze sollten die getrennten Funktionsbereiche mit Liegefläche (1,3 m² je Sau) und Aktivitätsfläche anhand von Strukturelementen hervorgehen.

Wichtige Fristen

Bisher klingt das ganz einfach. Aber der Teufel steckt im Detail. Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nennt weitere Fristen:

  • Die Erklärung zur Aufgabe der Sauenhaltung zum 9. Februar 2026 ist verbindlich.
  • Wer im Betriebs- und Umbaukonzept zusätzliche Fläche durch einen Auslauf oder neue Stallgebäude darlegt, muss bis zum 9. Februar 2026 den dafür notwendigen Bauantrag bei der zuständigen Behörde eingereicht haben.
  • Bis zum 9. Februar 2029 müssen Landwirte ihre Sauen ab dem Absetzen in Gruppen mit mindestens 5 m² Platz pro Tier halten.
  • Im Härtefall bekommen Landwirte zwei weitere Jahre Zeit für die Umsetzung. Die Kriterien sollten sie aber frühzeitig mit den Veterinärbehörden absprechen.

Nachträglich ändern

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung macht keine klare Vorgabe, ob das 2024 eingereichte Betriebs- und Umbaukonzept auch 2029 genauso umgesetzt sein muss. Wenn sich also in den fünf Jahren von 2024 bis 2029 die Bedingungen im Betrieb geändert haben – sei es aufgrund betrieblicher Entwicklungen oder Entscheidungen der Hofnachfolge – ist ein geändertes Konzept für das Deckzentrum kein Hindernis.

Auch ein späteres Konzept, das einen Bauantrag erfordert, ist durchaus möglich und denkbar. Entscheidend ist, dass ab dem 9. Februar 2029 jede abgesetzte Sau bis zur Belegung ein Platzangebot von 5 m² bekommt.

Zwei Optionen für den Umbau

Für das Betriebs- und Umbaukonzept gibt es zwei grundsätzliche Varianten: Entweder wird der Platzanspruch im vorhandenen Gebäude realisiert oder es wird ein Neubau oder Anbau geplant, zum Beispiel als Auslauf.

Bleiben sie innerhalb des Gebäudes, müssen Sauenhalter in der Regel abstocken. Der Anbau von überdachten oder nicht überdachten Ausläufen oder neuen Stallgebäuden unterliegt aber der Baugenehmigungspflicht. Ein Bauantrag ist also unumgänglich.

Der Bundestag hat zwar schon im Juli 2021 den §245 des Baugesetzbuches geändert und damit eine Erleichterung beim Nachweis von Futterflächen eingeführt. Diese Erleichterung gilt aber nur für Betriebe, die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) vor September 2013 genehmigt wurden. Nach 2013 genehmigte BImSchG-Anlagen müssen Futterflächen nachweisen.

Baurechtsbetriebe sind von dieser Regelung nicht betroffen. Die Erleichterung vom Futterflächennachweis gilt außerdem nur für Änderungen der Anlage zur Einhaltung der Vorschriften der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) und im Rahmen der bisher genehmigten Bestandsgröße.

Die Genehmigung eines Auslaufes unterliegt außerdem den Vorgaben des Immissionsschutzrechtes. Bisher gibt es aber noch keine bundesweiten Regelungen im Umgang mit Ausläufen oder Außenklimaställen hinsichtlich ihrer umweltrechtlichen Bewertung.

Absetzrhythmus wechseln?

Bei der Erstellung des Betriebskonzeptes müssen Ferkelerzeuger auch über die Größe der Absetzgruppen neu nachdenken. Ein Betrieb im Dreiwochenrhythmus benötigt beispielsweise dreimal so viel Fläche im Deckzentrum wie ein Betrieb, der im Wochenrhythmus arbeitet.

Praktisch sähe das so aus: Bei einem Betrieb mit 210 produzierenden Sauen im Dreiwochenrhythmus braucht eine 30er Sauengruppe nach dem Absetzen mindestens 150 m² netto. Im Wochenrhythmus wäre es eine 10er Sauengruppe mit gut 50 m² Platzbedarf. Ob eine Änderung des Absetzrhythmus im Hinblick auf Vermarktung und Arbeitsablauf im Betrieb richtig ist, muss einzelbetrieblich entschieden werden.

Nur noch in Gruppen

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Tierschutz-Nutztierhaltung ist die grundsätzliche Gruppenhaltung – auch nach der Rausche und dem Belegen. Bisher durfte man tragende Sauen noch 28 Tage lang einzeln halten. In Zukunft ist grundsätzlich Gruppenhaltung mit je nach Gruppengröße 2,25 m² je Sau vorgeschrieben. Als tragend gelten die Sauen mit der ersten Belegung.

Wer also bisher zum Beispiel im Wochenrhythmus fünf Gruppen im Deckzentrum in Einzelhaltung aufstallen durfte, muss in Zukunft der Absetzgruppe eine Fläche von mindestens 5 m² pro Tier zur Verfügung stellen. Alle anderen Gruppen benötigen die 2,25 m² pro Tier. Laut Gesetz sind hier Laufgangbreiten von mindestens zwei Metern bei doppelreihiger Aufstallung und 1,6 m bei einreihiger Aufstallung vorgegeben. Das sollten Landwirte in ihrem Betriebs- und Umbaukonzept berücksichtigen.

Besonders sensibel

Das Deckzentrum ist ein besonders sensibler Haltungsbereich. Während der Säugezeit haben die Tiere durch die Geburt und die Milchversorgung ihrer Ferkel hohe Leistungen vollbracht – meist in Einzelhaltung mit ihren Ferkeln. Im Deckbereich muss die Sauengruppe erst neu zusammenfinden.

Der Stall sollte folglich auf Rangkämpfe und die verschiedenen Stadien der Rausche ausgelegt sein. Gleichzeitig muss der Landwirt sicher besamen können. Eine Fixierung der Sauen während der Rausche über mehrere Tage wird nur noch in der Übergangszeit von maximal sechs oder acht Jahren möglich sein.

Von den 5 m² je Sau und der Gruppenhaltung dürfen Landwirte ausschließlich zur Belegung oder Behandlung abweichen. Die Fläche teilt sich auf in einen 1,3 m² großen Liegebereich, einen in der Größe nicht näher definierten strukturierten Aktivitätsbereich und einen Fressbereich. Der Fressbereich kann mit Selbstfangbuchten ausgestattet sein, die auch das Belegen ermöglichen. Die Fläche der Fress-Liege-Besamungs-Buchten zählt – abgesehen von der Trogfläche – mit zur erforderlichen Gesamtfläche.

Buchten und Strukturelemente ermöglichen es rangniedrigen Sauen, vor ranghohen Sauen zu flüchten. Mit einer entsprechenden Strukturierung der Bucht und dem Einhalten der Funktionsmaße von Laufgangbreiten und Laufganglängen lassen sich baulich die Anforderungen erfüllen.

Rutschfester Boden für Rausche und Gruppenhaltung

Laufgänge im Deckzentrum sollten mehr als 3 m breit und 7 m lang sein. Ideal ist ein trockener, rutschfester Boden, der Flüssigkeiten und Kot schnell aus dem Laufbereich entfernt. Eine dünne Strohauflage kann die Verletzungsgefahr reduzieren, insbesondere an den Klauen. Sie hat allerdings auch Einfluss auf das Entmistungssystem. Bei Neubauten wird unterhalb des Spaltenbodens eine Schiebertechnik notwendig, die das Kot-Harn-Stroh-Gemisch aus dem Stall befördert.

In der Rausche verhalten sich die Tiere anders als während der Gruppenfindung. Hinzu kommt, dass nicht alle Tiere einer Gruppe synchron die verschiedenen Phasen der Rausche durchlaufen. Vor-, Haupt- und Nachbrunst beginnen und dauern bei jedem Tier unterschiedlich lange.

Das Aufspringen auf andere Sauen oder auch das Dulden des Aufspringens ist unabhängig von der Stellung der Sau innerhalb der Gruppe. Die Regeln der Rangordnung setzen quasi aus. Deshalb ist es auch für diesen Haltungsabschnitt wichtig, den Boden entsprechend zu gestalten und die Bucht passend zu strukturieren.

Die Fütterung sollte solange einzeln erfolgen, idealerweise in Fressbuchten. Sind diese als Selbstfang-Besamungs-Fressbuchten ausgeführt, ergibt sich eine dreigeteilte Bucht: Fressen und Belegen erfolgt in den Selbstfang-Buchten, Liegen im Liegebereich und dazwischen ist der Laufgang angesiedelt.

Vorteil: Die Sauen können den Liegebereich als Bewegungsbereich bei Rangkämpfen und beim Rauscheverhalten nutzen.

Nachteil: Fress- und Liegebereich werden durch den Kotbereich getrennt. Mit einem schlitzreduzierten Boden kann die Liegefläche aber trotzdem trocken bleiben.

Denkbar ist auch, den Liegebereich an einem Ende der Bucht anzuordnen. Bei dieser Variante sollten die Laufgangbreiten mit mehr als 4 m deutlich größer werden.

Wo die Selbstfang-Besamungsstände auch als Liegefläche dienen, sollten sie rund 70 cm breit sein. Dann ist gesichert, dass sich darin ablegende Sauen nicht zu eng liegen. Vorgeschrieben ist eine bestimmte Breite der Selbstfangstände aber nicht.

So können in der Gruppenhaltung von Sauen auch Selbstfang-Fressbuchten mit zum Beispiel 55 cm Breite eingebaut werden. Entscheidend ist die verfügbare Fläche nach dem Absetzen von 5 m² pro Sau.

Eber muss Platz haben

Bei Rauschkontrolle und Besamung sollte immer ein Eber unterstützen. Seine vielfältigen Reize sind für eine gute Stimulierung der Sau unverzichtbar. Am besten arbeitet sich der Eber in einem separaten Laufgang in Abschnitten von jeweils fünf Sauen vor. Dieser Platz vor den Sauen sollte auch im neuen Deckzentrum bedacht werden.

Grundsätzlich kann eine Gruppenhaltung mit und ohne Fixierung der Sau erfolgen. Für die Aufstallung und Belegung von rauschenden Sauen in Gruppen ohne Fixierungsmöglichkeit müssen noch adäquate Haltungsverfahren entwickelt werden. Bisher besteht die Gefahr, dass einzelne aggressive Sauen durch Aufspringen den Tierbetreuer verletzen. Dennoch wird die Gruppenhaltung im Deckzentrum in der Gesellschaft die größere Akzeptanz finden.

Eine Vorlage für das Betriebs- und Umbaukonzept gibt es hier.

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