Konventionell gegen Bio? Eigentlich nicht. Die Schweinemärkte haben immer unabhängig voneinander agiert. Doch was bisher von Vorteil war, könnte der Biobranche jetzt zum Verhängnis werden.
Um 6,2 % sind die Verbraucherpreise für konventionelles Schweinefleisch im vergangenen Jahr angestiegen. Bio kam nur auf 2 %. Erklärungsansätze lieferte kürzlich die Tagung des ABD (Aktionsbündnis der Bioschweinehalter Deutschland) in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer NRW in Bad Mergentheim.
Schwächen des Biosystems
„Einkäufer im Lebensmittelhandel sind keine überzeugten Bios“, legte Thomas Dosch vom Schlachtunternehmen Tönnies den Finger in die Wunde. „Sie handeln lieber große Mengen und interessieren sich nicht für die Schwächen des Bio-Systems.“ Doch woher sollen große Mengen Bioware kommen, wenn sie niemand nachfragt? Ein Teufelskreis.
Thomas Dosch, Tönnies Bio
Neben den hohen Futter- und Energiekosten, die auch konventionelle Landwirte plagen, kommen für den Biomarkt noch andere Wachstumshemmer hinzu:
Ungewissheit: Durch die zweijährige Umstellungszeit ist nie ganz klar, wie viele Bioschweine bald auf den Markt kommen. Auch sonst verfügt die kleine Branche über weniger Forschung und Datenmaterial als die konventionelle Schweinehaltung.
Genetik: Bio kann sich nicht vom Zuchtfortschritt abkoppeln. Oftmals passen die neuen Rassen nicht zum System, wie eine junge Sauenhalterin beklagte. Intensive Bio-Züchtung lohnt sich für Zuchtunternehmen meist nicht.
Adelheit Zinner, Bio-Sauenhalterin
Glaubwürdigkeit: Die meisten Verbände haben sich aus der Direktvermarktung entwickelt. Trägt der gute Ruf auch im Discount?
Uneinigkeit: Verbände sind oft dezentral unterwegs. Für mehr Schlagkraft müssten Verbände selbst schneller wachsen oder sich zusammenschließen, so das Fazit der Tagungsteilnehmer.
Futterknappheit: Die Vorschriften des ökologischen Landbaus seien alles andere als nachhaltig, beklagt Futtermittelhersteller Carsten Pohl. „In westeuropäischem Biofutter stecken 20 % Ukraine. Wenn das knapp wird, kann doch nicht Biosoja aus China oder Afrika die richtige Lösung sein.“
Wie viel braucht der Markt?
Wäre es da nicht für die ganze Branche am besten, den Ball flach zu halten? So sieht es Fleischverarbeiter Thomas Förster. „Wir müssen den Markt beobachten und mit festen Verträgen arbeiten.“ Gleichzeitig sei es sein Ziel als Vermarkter, den Bedarf des Handels mit Bioware komplett zu decken. „70 bis 80 % sind zu wenig“, stellt er klar.
Doch wie lassen sich die Warenströme vorher abschätzen? Für mehr Markttransparenz soll das Europäische Bio-Schweineforum sorgen, das ABD-Vorsitzender Heinrich Rülfing im Rahmen der Tagung vorstellte. 25 Betriebe sollen monatlich ihre abgesetzten Bioferkel melden. Zusätzlich sollen Berater halbjährlich Daten zu Umstellung, Erweiterung und Betriebsaufgaben in der Bioferkelerzeugung liefern. „So können wir bis zum Mastende vorplanen und eine Überversorgung vermeiden“, erklärte er das Konzept. Die Daten werden anonymisiert und errechnete Tendenzen veröffentlicht.
Doch nicht nur der Lebensmittelhandel war als Abnehmer für Biofleisch im Gespräch. Die Tagungsteilnehmer waren sich einig, dass regionale Strukturen und der Naturkostfachhandel weiterhin eine wichtige Rolle spielen sollen.
Gleichzeitig war auch die Außer-Haus-Verpflegung ein Thema, zum Beispiel über Kantinen. „Die Marktparameter sprechen für Biofleisch in jedem Vermarktungskanal“, zeigte sich Irina Michler vom Bioland-Verband zuversichtlich. „Und die politischen Signale waren nie besser als aktuell.“
Roger Fechler, DBV
Auch am Futtermittelhorizont vermittelte die Tagung einen Lichtblick. „Soja wird in Deutschland eine zunehmend wettbewerbsfähige Kultur“, prognostizierte Saatguthersteller Hans-Albrecht Müller. „In fünf Jahren könnten wir hier bis zu 100 000 ha anbauen.“ Aktuell sind es noch 35 000 ha. Steht dem Ausbau der Biofleischerzeugung dann nichts mehr im Weg? „Wir wollen wachsen. Aber wenn Biomarken sich im Handel etablieren möchten, darf auf keinen Fall die Botschaft verloren gehen“, forderte Thomas Dosch Bodenhaftung.
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