Marsberg, Brilon, Meschede, Paderborn, Bad Wildungen und Bad Arolsen – die Liste der ehemaligen Schlachthof-Standorte im östlichen Westfalen bzw. nördlichen Hessen ist lang und die Ursachen für deren Aufgabe sind vielschichtig. Immer strengere Auflagen bzw. Produktionsvorgaben sind jedoch einer der Hauptgründe dafür, dass sich die Schlachtung zunehmend auf Großbetriebe konzentriert.
Regional hat Potenzial
Gleichzeitig gibt es eine steigende Zahl an Metzgereien und Fleisch-Direktvermarktern, die nicht oder nicht mehr selbst schlachten möchten und Unterstützung bei dieser Arbeit suchen. Dabei sollen die Wege kurz und die Größenordnungen überschaubar bleiben. Das alles kann Hans-Jörg Scharfenbaum mit seinem Team bieten. Zusammen mit Ehefrau Ruth hat der Fleischermeister mit landwirtschaftlichen Wurzeln vor mehr als 20 Jahren im Briloner Ortsteil Madfeld eine kleine Schlachterei auf die „grüne Wiese“ gebaut.
Vorher war er in verschiedenen Metzgereien sowie für mehrere Großschlachter tätig. Scharfenbaum wollte aber seine eigene Idee von Qualitätsfleisch umsetzen: Frisch aus der Region von persönlich bekannten Bauernhöfen, handwerklich, aber mit professioneller Technik verarbeitet und mit großer Wertschätzung gegenüber Tier und Mensch. „Wenn schon Fleisch – dann richtig“ lautet das Motto.
Als Neueinsteiger musste Scharfenbaum sich zunächst eine Kundschaft aufbauen. Die Lohnschlachtung für Privatkunden, Direktvermarkter und Metzger aus der Umgebung war deshalb von Anfang an ein wichtiges Standbein des Betriebes. In den vergangenen Jahren sind viele Neukundenhinzugekommen – beispielsweiseaus dem nordhessischen Bereich, nachdem dort der Schlachthofin Bad Arolsen-Mengeringhausen schließen musste.
Eigen- und Lohnschlachtung
Parallel zur Lohnschlachtung wurden aber auch immer mehr Schweine und Rinder auf eigene Rechnung verarbeitet und vermarktet.Seit dem Einstieg in die Selbstständigkeit ist der Familienbetrieb deutlich gewachsen. Das war nicht immer einfach und es gab auch Rückschläge. Aus den bescheidenen Anfängen ist heute jedoch ein moderner Regionalschlachthof auf dem neuesten Stand der Technik geworden – mit digital vernetzten Produktionsmaschinen und klimaschonender Energieversorgung über die eigene PV-Anlage.
Erst vor Kurzem hat das Unternehmen mehrere Millionen Euro in die Modernisierung und Erweiterung von Schlachthaus, Verarbeitungsräumen und Viehhalle investiert. Dadurch kann Scharfenbaum seinen Service deutlich ausbauen und weiteren Metzgern oder Direktvermarktern eine Schlachtung im Lohn anbieten – bei Bedarf übrigens auch in Bioqualität, denn das ist vor allem bei vielen Direktvermarktern Bedingung.
Derzeit schlachten und verarbeiten Hans-Jörg Scharfenbaum, sein Sohn Lars und rund zehn Mitarbeiter im Schnitt wöchentlich 160 bis 180 Schweine sowie je nach Saison zwischen 10 und 35 Stück Großvieh. „Bei entsprechender Nachfrage könnten wir aber auch mehr schaffen“, sieht der Fleischermeister sich für den wachsenden Trend zur Service-Schlachtung gut gewappnet.
Immerhin ziehen in der Familie alle am selben Strang: Vater und Sohn in der Schlachtung, Mutter Ruth in der Organisation und Verwaltung sowie Tochter Pia, die sich um die Filialbetreuung und das Marketing kümmert.
In Supermärkten vertreten
Die Scharfenbaum GmbH schlachtet nämlich nicht nur. Sie betreibt auch fünf eigene Filialen (Fleischbedientheken) in verschiedenen Supermärkten zwischen Paderborn und Marsberg-Bredelar. Hinzukommen rund zwei Dutzend Selbstbedienungs-Kühltruhen in Einkaufsmärkten zwischen Lippstadt und Winterberg. Am Stammsitz in Madfeld gibt es überdies einen kleinen Werksverkauf.
Um das alles zu schaffen, haben die Scharfenbaums mittlerweile insgesamt etwa 80 Mitarbeiter (inklusive Auszubildende).Schließlich wird Service hier großgeschrieben. Neben den Metzgern und Direktvermarktern gehören beispielsweise auch diverse Jagdausrichter zu den Kunden: Das Team Scharfenbaum übernimmt bei Gesellschaftsjagden die Versorgung der erlegten Tiere. Dazu rückt es mit einem speziellen Schlachtanhänger an, in welchem sich Rehe, Schwarzwild & Co. waidgerecht und hygienisch vorbildlich aufarbeiten lassen. Und auch bei der Vermarktung des Wildbrets ist Hans-Jörg Scharfenbaum bei Bedarf behilflich. Das Unternehmen versteht sich eben als verlässlicher Partner rund ums Fleisch.
Rund um die Uhr einkaufen: Das neueste Serviceprojekt von Familie Scharfenbaum planen Tochter Pia und Sohn Lars. Um den Verbrauchern in der Region rund um die Uhr regionale Produkte anzubieten, möchten sie spätestens im kommenden Jahr mit einem 24/7-Verkaufsraum starten. Dazu wird ein Gebäude als Roboter-Shop eingerichtet, in welchem die Kunden künftig von einem Verkaufsroboter „bedient“ werden.
Verkaufspersonal gibt es nicht. „Die Leute ordern am SB-Terminal die Ware. Der Roboter holt sie zur Übergabestelle“, beschreibt Lars Scharfenbaum das System. „Wir sorgen lediglich dafür, dass die Regale stets gefüllt sind“, ergänzt Schwester Pia. Dann können die Kunden demnächst bei Bedarf auch mitten in der Nacht oder früh morgens Fleisch, Wurst, Milch und Käse oder Marmelade und Zahnpasta einkaufen.
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