Deutsches Rindfleisch fokussieren

Corona: Rindfleischmarkt angespannt

Der Markt für Rind- und Kalbfleisch steht seit Monaten unter Druck: Es fehlt an Grundfutter, die Auflagen zur Düngung und zu den Siloanlagen steigen und der Preis für Rindfleisch ist eingebrochen.

Die Corona-Pandemie trifft viele Betriebszweige in der Landwirtschaft hart. Besonders der Markt für Rindfleisch leidet unter dem Wegfall des Außer-Haus-Verzehrs (wir berichteten). "Wir hoffen, dass wir das tiefe Tal des Preisverfalls hinter uns gelassen haben. Die Gastronomien haben wieder geöffnet und wir beobachten einen positiven Trend bei der Preisentwicklung", erklärt WLV-Präsident Hubertus Beringmeier auf einer Pressekonferenz auf Hof Lambrecht-Speller in Hopsten, Kreis Steinfurt. Den Rinderhaltern bereiten die hohen Futterkosten nach den vergangenen zwei Dürrejahren und hohe Umweltanforderungen ebenfalls Sorgen.

"Ich appelliere an den Lebensmitteleinzelhandel, auf regionale Fleischprodukte zu setzen", so Beringmeier. "Bedeutend ist für uns gerade jetzt in der Krise die Fokussierung auf den heimischen Markt. Deshalb spreche ich mich für das Zurückfahren der Rindfleischimporte aus."

Außerdem sorgt sich der WLV-Präsident um die Liquidität einiger Rinderhalter: "Manche Betriebe sind in Liquiditätsschwierigkeiten und brauchen finanzielle Unterstützung, um weiterzuwirtschaften."

200 € an Erlös pro Bulle fehlen

Bullenmäster Heiner Lambrecht-Speller aus Hopsten, Kreis Steinfurt, hält 800 Bullen. Er spürt die Auswirkungen der zurückgegangenen Nachfrage nach Rindfleisch deutlich: "Momentan können wir nicht kostendeckend wirtschaften. Durch die schlechten Preise verlieren wir etwa 200 € pro Bulle." Hinzu kommt, dass der Landwirt aufgrund der schlechten Ernten Grund- und Energiefutter zukaufen muss. Vor zwei Jahren hat er mit seiner Familie in einen neuen Strohstall mit viel Platz pro Tier, Strohraufen und Schalentränken für 400 Tiere investiert.

Eine besondere Problematik sieht Lambrecht-Speller bei der Vermarktung des "fünften Viertels" des Rindes, der Haut. Vor ein paar Jahren war das Leder etwa 60 € wert, momentan wird es nicht nachgefragt und die Verarbeitung in Norditalien ist schwierig (wir berichteten). Dabei sei die Verwendung von Leder nachhaltiger als der Ersatz durch Plastik.

Jahreseinkommen dramatisch gesunken

Rainer Schulze Isfort, Sprecher der Bullenmäster im Kreis Steinfurt, macht auf die kritische Einkommenslage der Bullenhalter aufmerksam: "Wir bräuchten 3,95 €/kg um die Vollkosten in einer Dürrezeit zu decken. Wir haben im Schnitt 200 € mehr Futterkosten." Aktuell liegt der Erzeugerpreis bei 3,50 €/kg.

Bis Herbst 2018 lagen die Schlachtpreise bei 3,80 bis 3,85 €, damit konnten die Mäster gut auskommen, so Schulze Isfort. Danach sind die Preise immer weiter gefallen.

Das durchschnittliche Jahreseinkommen bei einem westfälischen Bullenbetrieb liegt aktuell bei 37.000 €. "Um zukunftsfähige Landwirtschaft zu betreiben, benötigt ein Betrieb etwa 80.000 €", sorgt sich der Bullenhalter. "Bei dem derzeitigen Einkommen, können wir keine Rücklagen bilden, um in noch mehr Tierwohl zu investieren."

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