Bei der Unkrautbekämpfung in Rüben gilt es, innovative Wege zu gehen. Schließlich stehen etliche bislang verfügbare Wirkstoffe bzw. Behandlungen zur Disposition und könnten mittelfristig wegfallen. Außerdem drängen Politik und Gesellschaft auf eine deutliche Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in der gesamten Landwirtschaft.
Die Rüben sauber halten
Diese Herausforderung gilt es zu meistern und die Rübenbestände trotzdem sauber und gesund zu halten. Welche Möglichkeiten es dazu gibt, erfuhren die Teilnehmer eines Feldtages in Hofgeismar und Trendelburg im Landkreis Kassel. Organisiert wurde die Praxisveranstaltung vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), dessen Mitarbeiter Jan-Max Werner und Daniel Rüde die Landwirte darauf hinwiesen, dass es in Hessen ein Förderprogramm zur Digitalisierung in der Landwirtschaft gibt.
Gefördert werden unter anderem Investitionen in die sogenannte Spotspraying-Technik. Das sind Pflanzenschutzgeräte, welche die zu behandelnden Zielpflanzen oder -flächen bzw. den Befall mit Krankheits- oder Schaderregern erkennen und selektiv behandeln. Für den Erwerb solcher Techniken gibt es in Hessen 40 % Zuschuss auf die Nettoinvestitionssumme: Eine durchaus interessante Fördermöglichkeit, die auf andere Bundesländer erweitert werden sollte, wie die Praktiker fanden.
Einige Varianten des Spotsprayings wurden daher beim Feldtag ebenso vorgeführt wie die Kombination aus Hacke und Bandspritzung. Denn auch dadurch lassen sich Pflanzenschutzmittel einsparen.
Spritze, Hacke oder beides?
Allerdings sollte die Pflanzenschutzmitteldiskussion nicht zu einseitig geführt werden, mahnte Dr. Olga Fishkis. Zusammen mit ihren Kollegen vom Institut für Zuckerrübenforschung in Göttingen hat sie die Umweltwirkungen verschiedener chemischer, mechanischer und kombinierter Unkrautbekämpfungsverfahren untersucht (dreimalige Flächenspritzung; dreimal Hacken zwischen den Reihen plus dreimal Bandspritzung in der Reihe; dreimaliges Hacken zwischen und in den Reihen).
Dabei zeigte sich, dass keine der Methoden uneingeschränkt umweltfreundlich einzustufen ist. So wird bei der rein mechanischen Unkrautkontrolle mit schleppergezogener Hacke zwar kein Pflanzenschutzmittel auf die Fläche gebracht. Das Verfahren ist damit toxikologisch unbedenklich. Die geringere Flächenleistung, der deutlich größere Zeitbedarf und der spürbar höhere Dieselverbrauch gegenüber dem herkömmlichen Pflanzenschutz sorgen aber für erhöhte CO2-Emissionen.
Die entstehen auch bei der Herstellung der Pflanzenschutzmittel. Der CO2-Fußabdruck der chemischen Unkrautkontrolle ist laut Dr. Fishkis in der Summe jedoch 1,7 bis 2,5-mal niedriger als bei der rein mechanischen Variante.
Als besonders preisgünstig erwies sich in der Untersuchung das kombinierte mechanisch-chemische Verfahren, während die Flächenspritzung bei der Einsatzflexibilität punktete: Hier gab es die größte Anzahl verfügbarer Feldarbeitstage. Für einen optimalen Einsatz der Hacke muss das Wetter eben noch besser und vor allem länger mitspielen als bei der Spritzbehandlung.
Verschiedene Verfahren vorgestellt
Um den Landwirten die Bandbreite an Lösungsansätzen zu verdeutlichen, wurden beim Feldtag mehrere Varianten des Präzisionspflanzenschutzes vorgestellt:
Ecorobotix ARA
- Beim Ecorobotix ARA handelt es sich um eine in der Schweiz entwickelte Präzisionsfeldspritze, die in Norddeutschland exklusiv über Agravis vertrieben wird. Das Gerät arbeitet mit mehreren hochauflösenden Kameras und verschiedenen Erkennungs-Algorhythmen, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Nutzpflanzen von Unkräutern unterscheiden. Die Bekämpfungsentscheidung wird „live“ während der Überfahrt des Ackers getroffen – und das sehr zielgenau nur für jene Bereiche, die auch verunkrautet sind. Auf 6 m Arbeitsbreite sind 156 spezielle Einzeldüsen im Abstand von 4 cm verbaut. Das ermöglicht ein Mosaik von Behandlungsflächen, die einzeln jeweils nur 6 x 6 cm groß sind. Um die Nutzpflanzen lässt sich eine Sicherheitszone mit frei wählbarem Abstand legen, in der kein Herbizid appliziert wird. Das „verschont“ eventuell einige Unkrautpflanzen in diesem Bereich. Den Rüben bleibt aber der Behandlungsstress erspart. Sie können ungehindert weiter wachsen. Das ist vor allem bei empfindlichen Sonderkulturen wie Zwiebeln wichtig. Der ARA hat eine geschlossene Bauart und arbeitet mit künstlichem Licht unter der Abdeckung. Das hilft, die Unkräuter und -gräser zuverlässig zu erkennen und schirmt den Düsenbalken gegen Wind ab (minimale Abdrift). Außerdem ermöglicht es den Einsatz auch im Dunkeln, sodass bei einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 8 km/h und wechselnden Fahrern Flächenleistungen von bis zu 80 ha am Tag möglich sind.
Amazone AmaSelect Spot
- Das Unternehmen Amazone ist im Bereich der punktuellen Unkrautbekämpfung mit dem System AmaSelect Spot unterwegs. Hierbei handelt es sich um ein absetziges Verfahren: Zunächst wird das zu behandelnde Feld mit einer Drohne überflogen. Auf den dabei gewonnenen hochaufgelösten Bilder lässt sich mithilfe Künstlicher Intelligenz zwischen Kulturpflanze und Unkraut differenzieren. Es werden Spot-Applikationskarten erzeugt, die der Pflanzenschutzspritze mit Einzeldüsenschaltung und Spot-Spraying-Funktion signalisieren, in welchen Bereichen bei der Überfahrt das Herbizid ausgebracht werden soll. Beim AmaSelect-Spot-Verfahren werden spezielle 40 °-SpotFan-Düsen im 25-cm-Abstand verwendet, die besonders schnell öffnen und schließen. Trotzdem ergibt sich die Schlagkraft eher aus der großen Arbeitsbreite der Spritzgestänge als aus der Fahrgeschwindigkeit beim Spot-Spray-Einsatz. Ein Schwachpunkt bleibt zudem der zeitliche Abstand zwischen Drohnenüberflug und Herbizidanwendung.
Hacke plus Bandspritze
- Zwischen den Zuckerrübenreihen hacken, in der Reihe chemisch behandeln: Auch dieses Verfahren reduziert den Aufwand an Pflanzenschutzmitteln – in Reihenkulturen mit 45 cm Abstand beispielsweise um bis zu 75 %. Präsentiert wurde die kombinierte Unkrautbekämpfung vom Unternehmen Schmotzer Hacktechnik. Die 6 m breite „Venterra“-Hacke arbeitet kamerageführt mit SectionControl“-Einzelaushub der Werk-zeug-Parallelogramme. Dadurch wird das Unkraut zwischen den Rübenreihen mechanisch bekämpft und in der Reihe gezielt mittels Bandspritzung behandelt („RowSpray“). Um den Vorteil der zwei Arbeitsschritte in einer Überfahrt nutzen zu können, müssen allerdings die Anwendungszeitpunkte für das Hacken und die Bandspritzung zusammenpassen. Das ist nicht immer der Fall. Für die rein mechanische Unkrautregulierung – beispielsweise im Ökolandbau – gibt es allerdings auch spezielle Werkzeuge wie Fingerräder, welche die Arbeit in den Kulturpflanzenreihen übernehmen.
Geo-Konzept-Nachrüstlösung
- Eine Nachrüstlösung für vorhandene Pflanzenschutzspritzen hat das Unternehmen Geo-Konzept aus Adelschlag in Oberbayern im Angebot. Es vertreibt das in Norwegen entwickelte System DAT Ecopatch für die teilflächenspezifische Unkrautbehandlung. Während der Feldüberfahrt werden von sechs bis acht am Gestänge montierten Kameras Bilder gemacht und mittels Künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet. Überschreitet der Unkrautbesatz einen festgelegten Schwellenwert, aktiviert das Ecopatch-System die betroffenen Teilbreiten der Pflanzenschutzspritze in Echtzeit und diese Bereiche werden behandelt. Das System lässt sich auf nahezu alle ISOBUS-fähigen Spritzen mit SectionControl nachrüsten und reduziert den Pflanzenschutzmitteleinsatz nach Herstellerangabe im Mittel um 50 %. Neben der Online-Variante gibt es bei Geo-Konzept auch eine Offline-Anwendung („SpotiSpray“), bei der die Flächen überflogen und aus Drohnenbildern Applikationskarten erstellt werden.
Conviso Smart-System
- Das Conviso Smart-System kombiniert eine herbizidresistente Rübensorte (Smart-Rübe) mit dem Einsatz eines speziell dafür entwickelten Komplementärherbizides (Conviso One). Das Verfahren wurde von den Unternehmen KWS und Bayer entwickelt und ist in Deutschland seit zwei Jahren verfügbar. Ziel ist eine effektivere Unkrautbekämpfung bei verringertem Wirkstoffeinsatz. Die Smart-Rüben besitzen eine Wirkortresistenz gegenüber Herbiziden aus der Gruppe der ALS-Hemmer bzw. Sulfonylharnstoff-Herbizide, wobei die Resistenz auf einer natürlichen Mutation im Rüben-Genom beruht, die durch klassische Züchtungsmethoden in die Rübensorten eingebracht wurde. Diesen Sorten kann das Herbizid Conviso One nichts anhaben, während ein breites Spektrum an ein- und zweikeimblättrigen Unkräutern effektiv bekämpft wird. Weil das Unkrautmittel die Rüben nicht angreift, wachsen diese ohne „Pause“ weiter und können sich bestens entwickeln.Bei der Anwendung muss aber die Zielfläche im Blick behalten werden: In Deutschland ist das Präparat mit einer jährlichen Aufwandmenge von 1 x 1 l/ha oder 2 x 0,5 l/ha zugelassen. Auf undrainierten Flächen kann diese Aufwandmenge mit einer Flächenapplikation ausgebracht werden. Sind die Flächen drainiert, darf die volle Aufwandmenge nur als Bandspritzung ausgebracht werden. Diese erfordert dann eine schlagkräftige Band- und Hacktechnik.
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